Donnersbergkreis „Mit uns wird es keine AKWs mehr geben“

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Etwa 50 Kernkraftgegner versammelten sich am Freitagabend zu einer Mahnwache gegen Atomkraft auf dem Kirchheimbolander Römerplatz. Anlass war der fünfte Jahrestag der Reaktorkatastrophe von Fukushima, 30 Jahre nach Tschernobyl. Aufgerufen hatte ein überparteiliches Bündnis von BUND, SPD, Grüne, Piraten und Die Linke. Treibende Kraft war einmal mehr Thomas Bock.

Moderator Tristan Werner rief zu einer Schweigeminute auf: Über 16.000 Menschen kamen am 11. März 2011 durch den Tsunami in Japan um, bis heute litten weit über hunderttausend an den Spätfolgen des GAUs im dortigen Kernkraftwerk. Mit den Montags-Mahnwachen – kontinuierlich über drei Monate auf dem Römerplatz – sei von Kirchheimbolanden ein kraftvolles Signal zu regenerativer Energieversorgung ausgegangen. Noch seien in Deutschland nicht alle Atomkraftwerke abgeschaltet, und Windräder wünsche man sich möglichst weit weg vom eigenen Wohnort. Aber: „Mit uns wird es keine AKWs mehr geben!“ In einem Kurzreferat warnte Stephan Sauer vor „der Rolle rückwärts“ in den Wiedereinstieg und riss zunächst den Status quo an: stufenweise Abschaltung sämtlicher AKWs in Deutschland bis 2022, derzeit betreibe man noch acht, alle zwischen 1984 und 1989 gebaut. 28 Prozent Atomstromversorgung im Jahr 2010 stünden heute 16 Prozent gegenüber. Doch bei weitem sei nicht alles in Ordnung, Stichwort: Hauptwindrichtung aus dem Westen. „Auch wenn wir wissen, dass der Wind drehen kann – 33 Prozent aus dem Osten – so wie er es 1986 gemacht hat.“ Frankreich habe 2011 zu 78 Prozent Atomstrom produziert, betreibe 58 Reaktoren. In Cattenom. Oder in Fessenheim (Elsass) – erst kürzlich sei dort ein gravierender Störfall aus dem Jahr 2014 bekannt geworden: Nach einer Überflutung waren Steuerstäbe zum Abschalten des Reaktors nicht mehr manövrierfähig. Tihange (in Belgien, 70 Kilometer von Aachen entfernt) sei eines der steuerungsanfälligsten AKWs in Europa. Aktuell seien dort 16.000 feine Risse im Reaktordruckbehälter festgestellt worden. „Bisher Glück gehabt, EU-Politik.“ Rheinland-Pfalz werde inzwischen zu 39 Prozent (Deutschland: 22 Prozent) mit erneuerbarer Energie versorgt. Der Rückbau der umstrittenen Windräder sei dank der Bürgschaft von 200.000 Euro problemlos, zudem komme deren Wertschöpfung den Kommunen zu. 3600 Menschen seien in der alternativen Energieversorgung beschäftigt. Die Betreiber der AKWs hielten für den Ausstieg Rückstellungen in Höhe von 38 Milliarden Euro vor. Bei einer Schätzung von 30 Milliarden für Abriss, Verpackung und Transport sowie 50 bis 70 Milliarden für Endlagerung rechnete Sauer eine Finanzlücke von rund 50 Milliarden vor. „Wer bezahlt das, obwohl die Atomindustrie mit mehr als 200 Milliarden subventioniert wurde? Wer hat sehr gut verdient am vermeintlich billigen Atomstrom?“ Sein Fazit: „Atomkraft ist lebensgefährlich und Atomkraft ist sehr teuer – aber man kann gut mit ihr verdienen.“ Musikalisch vertieft wurde die Mahnwache in Kibo von Uwe Holzmann, der die Lennon-Vision „Imagine“ und den Protestsong „Blowing in the wind“ zur Gitarre sang. Ein kurzer Demonstrations-Rundgang durch die Innenstadt (Motto: „Atomkraft – nein danke“) endete am Ausgangspunkt Römerplatz mit der gemeinsam angestimmten Ermutigungs-Hymne „We shall overcome“. (fun)

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