Donnersbergkreis Mit Containerlösung in Hongkong überzeugt

Wie können pflegebedürftige Verwandte im vertrauten Heim wohnen, ohne dass dafür das ganze Haus umgebaut werden muss? Denn das geht oft gewaltig an den Geldbeutel. Marius Müller, Lukas Weber und Patrick Wittek – drei duale Studenten von Borg Warner – stellten sich diese Frage. Und sie fanden eine Antwort. Ihr Konzept ist eine Punktlandung: Die Jury eines internationalen Business-Wettbewerbs in Hongkong wählte die drei Pfälzer unter die besten 30 Entwicklungsteams. Am Freitag flogen sie nach China. Dort stellen sie jetzt ihren Plan vor.

Der Druck nagte am Gewissen. Immer wieder. Ein Gefühl von Unbehagen war es, das sich da im Hinterkopf ausbreitete. Marius Müller, 22-jähriger angehender Wirtschaftsingenieur aus Einselthum, plagten ernsthafte Zweifel. Um ehrlich zu sein: Das Projekt hatte er bereits begraben. „Ich hatte nicht mehr dran geglaubt“, muss er heute, erleichtert lächelnd, einräumen. „Für mich persönlich hatte ich es schon aufgegeben. Ich dachte nicht, dass wir fertig werden“, pflichtet ihm auch Kollege Lukas Weber (22) aus dem südwestpfälzischen Rumbach bei. Die Aufgabe, einen innovativen Business-Plan zu erstellen, entwickelte sich zum Kampf: drei Studenten, wenige Wochen Zeit. Das Ziel war nahe – und doch so fern, im tristen, grauen November. Heute, über ein halbes Jahr später, an einem sonnigen Juni-Morgen: Müller, Weber und Patrick Wittek (22), der Dritte im Bunde, sitzen lässig in einem kleinen Kirchheimbolander Café. Alle tragen sie eine grasgrüne Krawatte, darunter das edle weiße Hemd, das sie sich extra haben anfertigen lassen. Eines mit robustem Kragen und dem Aufnäher DHBW, Duale Hochschule Baden-Württemberg. Dort studieren sie, arbeiten gleichzeitig für Borg Warner. Jung und ehrgeizig. Die drei lachen. Kurz vor ihrem Flug nach Hongkong, um dort ihr Konzept einer Experten-Jury vorzulegen. „Wir sehen das schon als Gewinn. Wir haben nicht damit gerechnet, überhaupt unter die besten 30 weltweit zu kommen“, betont Weber. Sie haben das erreicht, was sie im Winter schon gestrichen hatten – überhaupt eine Endfassung auszuarbeiten. „Das war eine Just-in-Time-Produktion“, sagt Wittek, ein Landstuhler. Zwei Minuten vor Abgabefrist luden sie das Dokument hoch, zuvor tippten sie am PC tagelang. Im Auto, an allen undenkbaren Orten. Treffen konnten sie sich fast nie – zwei wohnten zu der Zeit in den USA. Die Idee, die sich hinter ihrem Schaffen verbirgt, ist dabei eine recht simple. Aufgabe für den Wettbewerb der University of Hong Kong war es, als Entwicklungsteam einer fiktiven Firma etwas im Bereich „Wellness und Healthcare“ (Gesundheit) zu kreieren. Der Plan der Mannheimer Studenten: Pflegebedürftige Menschen – egal, ob alters- oder gesundheitsbedingt – nicht in ein Heim zu schicken, sondern sie zuhause, im gewohnten Umfeld, behalten zu können. So weit, so gut. Der Haken aber: Es muss günstig sein. „Wir mussten nach einer Möglichkeit suchen, kein teures Verfahren anzuwenden, um die Wohnung umzubauen. Normalerweise muss man ja immer in einen Lift oder neue Zimmer investieren. Das ist nicht billig“, weiß Müller. Ihr Fokus richtete sich auf gewöhnliche Frachtcontainer. Sofern eine Grundfläche vorhanden sei, könne der einfach im Garten aufgestellt oder an das Haus angebaut werden. „Den Container kann man dann nach individuellen Wünschen einrichten. Unsere Idee ist, einen auch nur zu mieten, um ihn schließlich wieder zurückgeben zu können“, meint Wittek. „So einer passt ja auf einen normalen Lkw.“ Vor ihnen auf dem Tisch, zwischen Kaffeetassen und Kuchenteller, steht ein kleines 3D-Modell. Es zeigt: Der Container bietet Platz für ein Bett, einen Schrank, ein separates Bad. Das Konzept kam in Hongkong derart gut an, dass sie zum Halbfinale eingeladen wurden. Natürlich wissen sie: Ihre Idee ist ausbaufähig. Da gibt es einige Problempunkte. Zum Beispiel die deutsche Bauverordnung, in der Mindesthöhen und Grenzabstände festgelegt sind. „Entweder müsste man da Ausnahmen schaffen“, sagt Weber, „oder wir konzentrieren uns auf den Bedarf in anderen Ländern, wo die Gesetze etwas lockerer sind.“ Noch ist das Zukunftsmusik. Zunächst muss die Gruppe in einer 20-minütigen Präsentation die Jury überzeugen. Besteht sie danach im Fragen-Kreuzfeuer, winkt das Finale. 5000 US-Dollar Siegprämie sind ausgeschrieben. „Uns geht es vor allem darum, Aufmerksamkeit zu bekommen, etwas zu lernen und selbstkritisch über unser Projekt nachzudenken“, gibt Müller aus, schiebt aber zwinkernd nach: „Wir sind jung, dynamisch, pleite. Uns fehlt einfach das Kapital.“ Es müsse ja nicht gleich der Sieg sein. Vielleicht auch einfach nur der Kontakt mit Unternehmen, denen das Konzept gefällt. Hauptsache, die drei können ihren Plan weiter verfolgen. „Man müsste noch in der Marktforschung und auf die rechtliche Schiene schauen. Es gibt ja bereits Firmen, die Containerbauten für andere Zwecke anbieten“, weiß Wittek. Die jungen Pfälzer stehen noch am Anfang ihres Denkens. Potenzial hat der Einfall jedoch – weiß man nun auch in Hongkong. (ppp)

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