Donnersbergkreis In der Hitze der Nacht

Die Scheibenwischer des alten minzgrünen VW-Käfers surrten einschläfernd von links nach rechts. In seinem eigenen Auto fühlte er sich dann doch wohler als im Fiat 500 seiner Frau. Außerdem war das deutlich besser ausgestattet – zumindest, was sein „Spezialwerkzeug“ im Kofferraum betraf. Für einen Moment vergaß Weichmeier die kriminellen Machenschaften des internationalen englisch-russischen Verbrechersyndikats, das – soviel stand nun eindeutig fest – die Mozartorgel stehlen und mit einem Hubschrauber vom Donnersberg aus außer Landes bringen wollte. Nur wegen des Nieselregens hatte der Ermittler das Verdeck seines Käfers geschlossen. Die frühlingshaften Temperaturen in diesem Winter ließen ansonsten durchaus Frischluft-Fahrten zu. Abgesehen davon machte es bei seinem schnittigen VW Baujahr ’84 sowieso kaum einen Unterschied, ob das Dach offen oder zu war – so oder so zog es wie Hechtsuppe. Weichmeier widmete sich der Frage, ob er seine Dörthe wegen der Temperaturen davon überzeugen sollte, die Weihnachtsgans in diesem Jahr auf dem Grill im Garten zuzubereiten – mit einem gut gekühlten Kardinals-Bier... Dann trat er mit voller Kraft in die Bremse. Er war gerade im Begriff gewesen auf den Schotterplatz gegenüber der Bürgerbank einzubiegen. Aus dem Augenwinkel hatte er das im Dunkel liegende Parkdeck gesehen, das schon wieder gesperrt war. Angeblich waren die erst kürzlich eingezogenen Stützstreben, denen rund ein Drittel aller Parkplätze zum Opfer gefallen war, schon wieder so stark in Mitleidenschaft gezogen worden, dass man beschlossen hatte, ihre Anzahl nun zu verdoppeln. Die Begründung der beauftragten Fach- und Planungsbüros, die Eisenträger seien durch das Wintersalzwasser einfach zu sehr beansprucht worden, leuchtete Weichmeier zwar nicht so recht ein (schließlich waren die Streben erst kurz nach dem Residenzfest eingebaut worden), aber seis drum. Eben in diesem gesperrten Parkdeck hatten nun gerade zwei Scheinwerferpaare geleuchtet: erst ganz oben und wenige Augenblicke schon ganz unten, dann wieder oben. Zwei Wagen mussten dort mit großem Tempo unterwegs sein. Weichmeier sprang aus seinem VW, den er einfach in der Einfahrt stehen ließ und eilte im Schutz der Dunkelheit zu den Bauzäunen, die rund um das Parkdeck aufgebaut worden waren. Schon von Weitem war das Aufheulen eines, nein zweier Motoren zu hören. Reifen quietschten ununterbrochen. Weichmeier hechtete die Stufen der Metalltreppe hoch und musste aufpassen, dass er ob der vollkommen schwachsinnigen Konstruktion dieses Treppenbauwerkes nicht das Gleichgewicht verlor. Wer diese Stufenabstände verbrochen hatte, musste entweder Liliputaner gewesen sein oder vollkommen unfähig. Durch einen Spalt in den Bauzäunen blinzelte Weichmeier auf Ebene Zwei des Parkdecks – und traute seinen Augen nicht. In hohem Tempo schoss plötzlich ein Aston Martin DB 10 um die Ecke, driftete um zwei geparkte Wagen und rutschte um die Ecke in die nächste Etage. Kurz hinter dem klavierlackschwarzen Sportwagen folgte ein Jaguar CX75 mit offenbar zersplitterter Seitenscheibe. Auch dieser fuhr mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit auf die Rampe der nächsten Etage. Die Wagen waren kaum aus dem Blickfeld des Ex-Polizisten verschwunden, da hallten Schüsse durch das Parkdeck. Mit eingezogenem Kopf robbte Weichmeier hinter den Bauzaun und konnte nur noch hören, wie das Geräusch der Wagen langsam leiser wurde. Offenbar hatten sie illegaler Weise die obere Ausfahrt, die eigentlich nur eine Einfahrt war, genommen. Sofort begann es in Weichmeiers Kopf zu rotieren. Erst vor kurzem hatte er im Donnersberger Rundblick von einer Verbrecherbande gelesen, die mit einem technischen Trick Nobelkarossen stahlen. Sie überlisteten mit Hilfe moderner Übertragungsgeräte das „Key-Less“-System, das ein Einsteigen und Losfahren ohne Schlüssel erlaubte. Mehrere teuere Autos hatten die Ganoven auch in der Kleinen Residenz auf diese Weise entwendet. Weichmeier wollte gerade aufspringen, um die Verfolgung aufzunehmen, da spürte er, wie sich von hinten ein harter metallener Gegenstand zwischen seine Schulterblätter drückte. (Illustration: Herrmann) Fortsetzung folgt —Ist Walter Weichmeier auch noch einer zweiten Verbrecherbande auf der Spur? Und gelingt es ihm, auch diese brenzlige Situation schadlos zu überstehen? Mehr lesen Sie am Montag in unserem Advents-Krimi. Alle Teile nachlesen können Sie auf www.rheinpfalz.de/adventskrimi.

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