Donnersbergkreis Existenzsicherung hat Priorität

„Die Größenordnung erschreckt mich“, äußerte sich Ulrich Dittrich (SPD) betroffen über die Auskunft, dass im Donnersbergkreis zehn bis elf Prozent aller Privathaushalte überschuldet seien. Diese Zahl hatte Ingrid Leber im Kreisausschuss in ihrem Bericht über die Arbeit der Schuldnerberatung des Diakonischen Werkes genannt.

Mit diesem Wert liege der Landkreis aber nur leicht über dem Bundesdurchschnitt, ergänzte Leber. Die Schuldnerberaterin war zu einem Situationsbericht eingeladen worden, nachdem der Kreisausschuss einem stärkeren finanziellen Engagement des Kreises für das Beratungsangebot der Diakonie im November letzten Jahres zugestimmt hatte. Da das Diakonische Werk der Pfalz sich mit den Kosten für Schuldner- und Erziehungsberatung überfordert sah, hatte der Landkreis sich bereiterklärt, die ungedeckten Personalkosten der Schuldnerberatung zu übernehmen, wenn das Diakonische Werk im Gegenzug sein Beratungsangebot im Kreis in bestehendem Umfang aufrecht erhält. Leber kümmert sich mit ihrer Halbtagsstelle um Hilfesuchende aus den Verbandsgemeinden Kirchheimbolanden und Alsenz-Obermoschel, ihr Kollege Joachim Meinert hat eine Ganztagsstelle und betreut die restlichen Gebiete des Landkreises. Die Nachfrage nach Schuldnerberatung bewege sich über die Jahre hinweg auf einem gleichbleibenden Niveau, so Leber auf die Frage Wolfgang Blankenburgs (Linke) nach einer eventuell steigenden oder fallenden Tendenz in der Beratungsnachfrage. 2012 habe die Beratungsstelle 204 Fälle betreut bei 363 Anfragen oder Kurzberatungen. 2013 seien es 198 Fälle und 283 Anfragen gewesen. Das laufende Jahr schlage bereits mit 108 Anfragen und 117 Fällen zu Buche, die allerdings zum Teil noch aus dem Vorjahr überlappten. Es gebe keine lange Warteliste, in der Regel sei ein Termin innerhalb von 14 Tagen möglich, so Leber. Als Hauptursachen für Überschuldung im Landkreis nannte Leber die „Querschläge des Lebens“, allen voran Trennung und Scheidung, Arbeitslosigkeit, Krankheit oder gescheiterte Selbstständigkeit. Anders als in größeren Städten habe es die Stelle wenig mit jungen Menschen zu tun, auf dem Land finde sich eher noch jemand in der Verwandtschaft, der etwa die ausgeuferte Handyrechnung übernehme. Die Mehrzahl der Fälle betreffe Leute zwischen 30 und 50 Jahren. „Die Menschen, die zu uns kommen, haben den Überblick über ihre Situation verloren. Sie haben lange den Kopf in den Sand gesteckt und kommen dann, wenn die Lohnpfändung ansteht oder der Gerichtsvollzieher kommt.“ Im Beratungsgespräch gehe es darum, die Einkommensverhältnisse und die Verbindlichkeiten genau zu sondieren. Das geschehe natürlich vertraulich. „Wir sind keine Kreditvermittlung, und wir denken auch nicht wie Banker“, trat Leber möglichen Missverständnissen entgegen. Viele Leute kämen mit der Erwartung, ihnen werde nun maximale Einschränkung abverlangt, damit sie ihre Schulden bedienen könnten. Das sei nicht so. Für die Schuldnerberatung habe die Existenzsicherung erste Priorität, das heißt das Existenzminimum und der Unterhalt für Kinder und Ehepartner müssten unangetastet bleiben. Nur das, was danach übrig bleibe, könne für den Schuldendienst eingesetzt werden. Die Stelle lasse sich dann eine Vollmacht ausstellen für eine Schuldenregulierung und bemühe sich um Vergleiche mit Gläubigern – „das gelingt aber selten“, so Leber. Der letzte Schritt ist dann die seit gut 15 Jahren mögliche Privatinsolvenz, die Leber als eine Rettung aus finanziell ausweglosen Umständen bewertet. Sie bereite momentan den 500. Antrag auf Eröffnung eines solchen Insolvenzverfahrens in ihrer Zeit als Schuldnerberaterin vor, beantwortete Leber eine Nachfrage Gunther Rheins (CDU). Ehrenamtliche Hilfe, nach der sich Rhein weiterhin erkundigte, hätte man gern in der Beratungsstelle, sie werde aber von den Hilfesuchenden in der Regel nicht akzeptiert, weil man um die Anonymität und die Vertraulichkeit fürchte. Der Schuldnerberatung gehe es im Übrigen nicht darum, Menschen unselbstständig zu machen, sondern sie zu motivieren, selbst die richtigen Schritte zu gehen. Landrat Winfried Werner zollte Leber und ihrem Kollegen Dank und Anerkennung für ihre wertvolle Arbeit zum Wohl der Menschen. (bke)

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