Donnersbergkreis „Es geht um die beste Lösung“

KAISERSLAUTERN. Der Ingenieurberuf ist einer der kreativsten überhaupt, sagt Professor Karl-Heinz Helmstädter. Im Fachbereich Angewandte Ingenieurwissenschaften der Hochschule Kaiserslautern soll dem Rechnung getragen und der Erfindungsreichtum bei der Ausbildung gefördert werden. Wie das funktioniert und wie man seine Kreativität steigern kann, darüber hat unsere Redakteurin Sabrina Zeiter mit dem Professor ein Interview geführt.

Kreativität ist nicht unbedingt eine Eigenschaft, die man gleich mit einem Ingenieur verbindet, wohl eher mit einem Künstler. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Oft wird nicht wahrgenommen, dass die ganze Technik, die man so benutzt, auch von jemandem erfunden worden ist. Ein Grund liegt zudem darin, dass die Kreativität im Ingenieurberuf relativ wenig thematisiert wird in der Öffentlichkeit. Wie wichtig ist Kreativität für einen Ingenieur? Das hängt davon ab, in welchem der vielfältigen Bereiche die Ingenieure tätig sind. Rund 50 Prozent arbeiten in der Entwicklung und Konstruktion. Für die ist Kreativität eine wichtige Eigenschaft, eine wichtige Kompetenz, die sie haben sollten. Aber auch die anderen 50 Prozent haben häufig indirekt mit der Produktentwicklung zu tun. Neben der Kreativität spielen zudem Geduld und Ausdauer eine große Rolle: Viele Ideen scheitern daran, dass Leute nicht lange genug durchhalten. Zudem dauert es rund drei bis vier Jahre von der Idee für eine neue Maschine bis zu deren Markteinführung. Warum wird dann den potenziellen Ingenieuren nicht in Sachen Kreativität auf den Zahn gefühlt, bevor ihr Studium beginnt? Das ist schwierig zu testen. An der Hochschule werden aber die Studierenden im Bachelorstudiengang Maschinenbau früh damit konfrontiert, eine neue Maschine entwickeln zu müssen. Dann können sie für sich herausfinden, ob sie eine kreative Begabung haben und später einmal in die Produktentwicklung gehen wollen oder sich lieber einen Bereich aussuchen, in dem Erfindungsreichtum nicht ganz so wichtig ist. Kann man lernen, kreativ zu sein? Dass man das lernen kann, würde ich vielleicht nicht sagen. Aber es gibt bestimmte Methoden, mit denen man seine Kreativität massiv steigern kann. Ein erster Schritt besteht darin, viel Wissen zu haben. Je mehr man im Vorfeld weiß, desto eher fällt einem etwas ein. Also sammelt man zuerst einmal Infos, recherchiert, was es schon gibt, ob man darauf aufbauen kann. Das ist die konventionelle Methode. Dann gibt es die heuristische Methode, die spontan, intuitiv ist. Dazu zählt, dass man in Gruppen diskutiert und versucht, einen Ansatz zu finden. Außerdem kann man noch analytisch, systematisch mit der sogenannten diskursiven Methode vorgehen. Wenn zum Beispiel ein Antrieb für etwas gefunden werden muss, kann erst einmal geschaut werden, welche physikalischen Prinzipien es überhaupt gibt, um Kraft zu erzeugen. Dafür existieren Konstruktionskataloge, und man kann prüfen, wie man das für den bestimmten Fall umsetzen kann. Ingenieure müssen bei all dem beachten: Bei der Konstruktion von Maschinen geht es nicht nur um eine Lösung, sondern immer um die beste. Denn ansonsten wird man schnell von der Konkurrenz überholt. Wie spielt das bei der Ausbildung der Ingenieure an der Hochschule eine Rolle? Im Bachelorstudiengang Maschinenbau steht in dem Fach Konstruktionsmethodik zunächst eine Vorlesung an, bei der grundsätzliches Wissen rund um die Produktentwicklung vermittelt wird. Dabei geht es vor allem auch um Kreativitätstechniken. Im Folgesemester muss in kleinen Gruppen in einer Hausarbeit die Grundidee für eine Maschine erarbeitet werden, wobei nach den Richtlinien des Vereins Deutscher Ingenieure, VDI, vorgegangen wird: Viele Einzellösungen sollen zum komplexen Ganzen führen. Eine der letzten Aufgabenstellungen war beispielsweise eine Positioniereinrichtung für einen 3-D-Drucker. Im Masterstudiengang Maschinenbau/Mechatronik wird das Thema noch ausführlicher behandelt. Auch hier ist eine neue Maschine zu entwickeln, doch erstreckt sich hier die Aufgabe von der Idee bis zum Entwurf als Computermodell und zu Vorschlägen zur Markteinführung. Zur Person Karl-Heinz Helmstädter arbeitet seit dem Jahr 2006 an der Kaiserslauterer Hochschule, als Professor für Konstruktion und Maschinenelemente. Davor war der 57-Jährige, der in Sinsheim geboren wurde, fast 20 Jahre lang als Entwicklungsingenieur und als Konstrukteur in der Industrie tätig.

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