Donnersbergkreis Erinnerung und was sie mit einem macht

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RAMSEN. „Pfalzvoll“ nennt Peter Roos, Literat, Bühnenautor, vielseitig aktiver Publizist, sein Programm, zu dem er für 22. März ins Seehaus Forelle einlädt. Eine „Heimatkunde-Erzählstunde“ hat er sich vorgenommen. Es wird bestimmt etwas experimenteller und schillernder, als das zunächst klingen mag. Roos, der seine ersten zehn Lebensjahre in Göllheim verbracht hat, will sein Publikum teilhaben und mitwirken lassen an seiner Selbstbegegnung mit diesem biografischen Wurzelgrund.

Die Vergangenheit und was sie mit einem macht, wenn sie noch nicht abgelebt ist, noch keine Form gefunden hat, das ist das eigentliche Thema. Peter Roos hat als Schriftsteller, Zeitungskorrespondent, Stückeschreiber Karriere gemacht. Seine zehn Göllheimer Kindheitsjahre, durch einen Umzug von der folgenden Zeit schmerzlich abgetrennt, hat er dabei wie eine offene Frage, einen aufwühlenden Nachhall mit sich und auch durch seine Bücher hindurch getragen. Das fällige Wieder-Begegnen habe er sich immer wieder mal vorgenommen und sich doch noch nicht bereit gefühlt, wie er im Gespräch erzählt. „Ich wusste, was da auf dich zukommt, kann heavy werden.“ Es ist der Respekt vor der besonderen Intensität, der Wucht und Tiefe des frühen Erlebens, der sich da ausspricht. Der biografische Riss durch den plötzlichen Umzug der Familie nach Bayern hat das nur verstärken können. Nun hat er sich, 55 Jahre später, den „pfälzischen Realitäten“ gestellt. Was war der Anlass – vielleicht ein literarisches Projekt? „Der Punkt, wo es geknallt hat, war völlig unliterarisch. Das war die reine Existenz. Das war das Wissen, dass da ein weißer Fleck ist in der Biografie, dem du dich stellen musst, bevor du stirbst“, beschreibt Roos, was ihn nun dazu angetrieben hat. Und die Eindrücke vor Ort, incognito in Göllheim unterwegs, seien so intensiv gewesen, dass er „nach einer halben Stunden seelisch erschöpft“ gewesen sei und sich das Erinnern in homöopathischen Dosen verordnet habe. In der Ankündigung seiner Heimatkunde-Erzählstunde liest sich das im Telegrammstil so: „Alles ist sofort wieder da: pfalzvoll! Der Geschmack, der Geruch, die Geister der Heimat; Töne, Tränen, Trotz, das Paradies einer 50er Jahre Kindheit zwischen Ludwigshafen und Donnersberg, zwischen Vespa und Ami-Jeep, Tret-Roller und Leiterwagen, Vaterzucht und Schulangst, Räuber und Gendarm.“ Rückblicke auch in eine Zeit, in der der Krieg noch nah, seine Nachwirkungen alltäglich waren – Kleidung, die aus alten Wehrmachtsmänteln geschneidert wurde, oder der Riss zwischen denen, die nach vorne sahen, und denen, die noch am Dritten Reich hingen, zwischen Verdrängung und Aufarbeitung. Auch Privates, wie etwa die Erinnerung an die Türschwelle, die im Haus des Tierarztes Roos – die Praxis hat damals Gerhard Schreiber übernommen – das Pfälzische draußen vom Hochdeutschen drinnen trennte. Vieles von den Eindrücken aus dieser Zeit sei eingeflossen in seine Romane wie „Hitler Lieben“ oder „Vespa stracciatella“, auch wenn darin nicht explizit von Göllheim die Rede sei. Im Seehaus Forelle wolle er für sich am kommenden Dienstag eine Erinnerungssituation schaffen, für die er zugleich auf ein erinnerungswilliges Publikum hoffe, streicht Peter Roos heraus. Zuerst werde er eine Stunde erzählen, nach einem Menü werde er dann in einen Dialog treten mit Hotelier Jörg Maier, der ihn zu einem solchen Abend ermuntert habe, und hoffentlich auch mit dem Publikum. Mit einer Lesung – eine Veranstaltungsform, die er ohnehin nicht schätzt – habe das nichts zu tun, die Göllheimer Zeit sei für ihn noch weit davon entfernt, in ihm eine abschließende Form zu finden. Da werde der Abend auch Raum lassen für Spontaneität, für Improvisation. Kurz-Info „Pfalzvoll. Eine Heimatkunde-Erzählstunde mit dem Schriftsteller Peter Roos“; Dienstag, 22. März, 18.30 Uhr, im Seehaus Forelle am Eiswoog bei Ramsen, verbunden mit einem Drei-Gänge-Menü. Anmeldung unter Telefon 06356 60880 oder unter per E-Mail unter: info@seehaus-forelle.de.

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