Donnersbergkreis Engagement, Freude – und Wut

Unter dem provokativ-missverständlichen Slogan „Erzieherinnen verdienen mehr... für ein besseres EGO“ hatte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) am Mittwoch zu einer Revue des Theaters „Gruene Sosse“ aus Frankfurt ins Foyer der Neumayerschule eingeladen. In Liedern und Szenen wurde der Erzieherberuf dargestellt, daneben gab es aktuelle Informationen zur laufenden Tarifrunde.

Erzieherinnen und Erzieher – Egoisten, denen es ziemlich gut geht? Jeder halbwegs Informierte sollte verstehen, wie „mehr verdienen“ hier tatsächlich gemeint ist. Und beim „besseren EGO“ geht es um eine gerechtere Entgelt-Ordnung, die dieses Mal auch mit harten Bandagen durchgesetzt werden soll: Streik und verwaiste Kitas nicht ausgeschlossen. Einem kurzen „Image-Spot“, übers Internet schon weit verbreitet, folgte die Begrüßung durch den vom Donnersberg stammenden Gewerkschaftssekretär Ingo Klein. Dann ging es los mit einer zehnminütigen Doku, in der schlaglichtartig drei Kitas vorgestellt wurden mit ihren Erzieherinnen und ihrem Spaß und Frust im Arbeitsalltag samt den steigenden Anforderungen und der fehlenden Anerkennung. Entsprechend durchzog die ganze Veranstaltung das Unverständnis, dass diejenigen, denen das „Kapital“ Kinder anvertraut werde, im Vergleich zu denjenigen, denen man sein Geld anvertraue, so wenig verdienten. Konkretisiert wurde die Situation durch den Redebeitrag des GEW-Landesgeschäftsführers Peter Blase-Geiger: Die Entlohnung und damit auch gesellschaftliche Anerkennung der erzieherischen Arbeit sei völlig unangemessen, so Blase-Geiger. Im Vergleich zu den allgemeinen Lohnsteigerungen von im Durchschnitt 21 Prozent seien die Löhne der Erzieher in den vergangenen zehn Jahren nur um 14 Prozent gestiegen. Der Durchschnittslohn liege bei Vollzeit bei 2871 Euro, der allgemeine Durchschnittslohn dagegen bei 3500 Euro. Daher fordere die GEW unter anderem eine insgesamt höhere Eingruppierung sowie höhere Anerkennung für Tätigkeiten wie Kleinstkindbetreuung, Inklusion und Sprachförderung und eine Verbesserung des Personalschlüssels. Lockerer ging es im zweiten Teil des Abends zu: Schwungvoll, nachdenklich und mit viel Musik brachte ein dreiköpfiges Ensemble des Theaters „Gruene Sosse“ Beruf, Leben, Engagement, Freude und auch Wut der Kita-Beschäftigten auf die Bühne. Das Stück ist seit Oktober 2014 bundesweit auf Tournee mit Elvira Plenar (Klavier), Verena Specht-Ronique (weibliche Rollen) und Sigi Herold, der auch die meisten Texte schrieb. Ein Kaleidoskop an Kita-Realität wirbelte da über die kleine Bühne: Die Erzieherin Frau Scholz hat nach 26 Kita-Jahren tatsächlich die höchste Tarifstufe erreicht, arm ist sie trotzdem geblieben, macht aber nichts: „Arbeit mit Kindern macht mich reich“ und, wie gut: „Komm ich nach Haus, kann ich sofort schlafen!“ – Eine jüngere Kita-Leiterin, Frau Sievers, hat dagegen Sorgen: Der Theaterbesuch mit den Kindern musste abgesagt werden, weil die Dachrinne kaputt ist und das Klopapier fehlt. Im Elterngespräch wird sie von einem Vater angeherrscht: „Wofür bezahle ich eigentlich den Höchstsatz für Ihre Institution, wenn Sie Ihre Lernziele nicht durchsetzen?“ Herr Kruse, der Supervisor, erscheint und schwadroniert von „Reflexion, Kontrollen, Motivation“ bis die Erzieherin zusammenbricht. Ein Kollege fällt durch Bandscheibenschaden nach jahrelangem Kinderstühlchen-Sitzen für Monate aus, eine Vertretung gibt es nicht. Da kann man nur noch singen („Heile, heile Gänschen…“) oder Wut kriegen – und das bei knapp über Mindestlohn. Dem Höhepunkt entgegen: Ein Reha-Tanz unter gleichzeitiger Streik-Diskussion. Und zum Schluss ein Reggae: „Ich bin Erzieher und sorge für dein Kind. Es wird schnell größer und lernt geschwind. Es macht Freude, doch es fordert ganze Kraft: Und am Ende ist es Dienst an der Bürgerschaft.“

x