Donnersbergkreis Einst das Klostereck, später unter Denkmalschutz

In unserer Serie „Schnappschüsse von früher“ veröffentlichen wir in loser Folge alte Fotos und ihre Geschichten. Die heutigen Aufnahmen hat uns unser Mitarbeiter Torsten Schlemmer zur Verfügung gestellt. Von ihm stammt auch der Text.

Das undatierte Bild aus der Sammlung des Landesamtes für Denkmalpflege liefert einen der letzten Nachweise über den Standort der einstigen „Judenschule“ in Waldgrehweiler (Foto oben). Die Aufnahme zeigt auf der rechten Seite die zur Scheune umgebaute ehemalige Synagoge. Es handelte sich um einen eingeschossigen Bruchsteinbau mit Fachwerkgiebel und ziegelgedecktem Satteldach, der etwas zurückgesetzt zur Hauptstraße (im Volksmund „Ronseweg“) in einem Hof am Ortsausgang Richtung Ransweiler stand. Der Türsturz der früheren Synagoge befindet sich heute eingemauert in der Triftstraße 4 in Obermoschel. Die Portal-Inschrift aus Psalm 118,20 lautet: „Dies ist das Tor zum HERRN, Gerechte ziehen durch es hinein.“ Nach Erzählungen soll die „Judenschule“ – wie sie heute noch im Ort genannt wird – zwischen 1806 und 1810 erbaut und eingerichtet worden sein. Diese Angabe erscheint jedoch aufgrund der damals noch sehr geringen Anzahl von jüdischen Einwohnern eher fragwürdig. Leider ist über die Geschichte der Synagoge fast nichts bekannt. Nach mündlicher Überlieferung befanden sich bei der Synagoge ein rituelles Bad (Mikwe) und ein Schulraum. Das Gebäude selbst wurde zu späterer Zeit als Scheune verwendet, wie das Bild zeigt. In den 1950/60er-Jahren ist diese abgebrochen worden. Sie bildete den Mittelpunkt der im Volksmund als „Judeneck“ oder auch „Klostereck“ bezeichneten Hofansiedlung. Hier befinden sich die ältesten Wohnhäuser der Gemeinde, die Fachwerkbauten stehen teilweise unter Denkmalschutz. Neben den Wohnhäusern prägen landwirtschaftliche Nutzbauten wie Scheunen und Holzschuppen die Anlage. Der Keller der Scheune des gegenüber liegenden Wohnhauses Hauptstraße 32 war auf 1577 datiert, wurde aber zusammen mit anderen Schuppen Mitte 2014 vom Eigentümer eingerissen und liegt seitdem in Trümmern. Er strebt ebenso an, das dazugehörige marode Wohnhaus abzureißen. Dadurch wird das einstige Gesamtbild massiv gestört. Wenig bekannt ist über den Ursprung der Juden in Waldgrehweiler. Jedoch wird bereits 1718 ein Jude Gerdon genannt, der sechs Gulden Schutzgeld zahlen musste. Im Hauptbuch der Gemeinde wird am 23.01.1790 lediglich ein Judenhaushalt „mit namen Jud Manes Abraham“ aufgeführt. Im 19. Jahrhundert nahm die Anzahl der jüdischen Einwohner zu: 1801 waren es acht Personen, die jedoch im Jahr darauf verschwunden waren. 1809 werden die Gebrauchtwarenhändler Abraham und Salomon Schmidt, die Viehhändler Abraham und Isaac Strauß sowie Händler Salomon Strauß als jüdische Haushaltsvorsteher gelistet. 1825 waren 44, 1837 37, 1843 42 und 1848 47 Juden in elf Familien gemeldet. 1853 erreichte die jüdische Kultusgemeinde mit 49 Mitgliedern ihren Höchststand. 1854 listete das Landkommissariat Kirchheimbolanden eine eigenständige jüdische Gemeinde in Waldgrehweiler. Doch in der zweiten Jahrhunderthälfte nahm die Zahl der jüdischen Mitglieder rasant ab: 1875 war die Anzahl auf 28 Gläubige gesunken, 1893 wurde die jüdische Gemeinde Waldgrehweiler aufgelöst und die wenigen Gläubigen der Gemeinde Teschenmoschel zugeschlagen. Sie fanden in der dortigen Synagoge ihren religiösen Mittelpunkt. Die zwei Thorarollen der Waldgrehweilerer Synagoge wurden nach Teschenmoschel überführt. Die Synagoge selbst wurde von zwei jüdischen Privatmännern zum Preis von 1425 Mark ersteigert und später weiterverkauft. Das zuständige Finkenbacher Pfarrbuch nennt 1900 nur noch fünf und 1905 acht Juden in Waldgrehweiler. Genaue Zahlen bis zum Zweiten Weltkrieg liegen nicht vor. Von den im Ort geborenen und längere Zeit lebenden Juden wurden Frieda Hamburger, geborene Schlachter (geb. 1885), Rosa Kling, geborene Strauß (geb. 1861), Max Pfahler (geb. 1924), Ludwig Schlachter (geb. 1879) und Martha Wald, geb. Kling (geb. 1890) Opfer des Nationalsozialismus. Das gleiche Schicksal ereilte die letzte jüdische Mitbürgerin „Hannchen“ (Johanna) Weil, geb. Frank (geb. 1875). Die Toten wurden zunächst auf dem jüdischen Friedhof in Teschenmoschel beigesetzt. Seit 1830 (andere Zahlen sagen 1890) bestand ein eigener Friedhof in Waldgrehweiler, am Waldrand in der Nähe des Feldweges (Verlängerung der Hohlstraße) in Richtung Bisterschied gelegen. Hier befinden sich auf einer Fläche von 3,5 Ar 13 Grabstelen aus Sandstein. Die hebräische Inschrift ist größtenteils verwittert. Einige Steine sind schief, teilweise zerbrochen, umgekippt oder notdürftig wieder aufgestellt. Das jüngste komplett lesbare Grabmal gehört zu Abraham Strauß, geboren September 1828, gestorben Januar 1889. Erkennbar ist auch der Stein für Simon Strauß (1811 bis 1867) und der Familienname Weil mit den Lebensdaten 07.03.1873 bis 7.12.1932. Zum Gedenken an die einstige jüdische Gemeinde hat die Ortsgemeinde Waldgrehweiler am „Judeneck“ ein begrüntes Schotterbeet mit Informationstafel neu errichtet. (tnt)

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