Donnersbergkreis Eine tiefe Freundschaft auch ohne viele Worte

Neulich hat’s im Hause Beer in Rockenhausen Rinderbraten, Knödel und Rotkohl gegeben. Das alleine ist ja in der (Nord-)Pfalz noch nichts Ungewöhnliches. Etwas ganz Besonderes war das Essen deshalb, weil an Rosel Beers Tisch neben ihren drei Töchtern und ihrem Sohn auch Higa gesessen hat – zum ersten Mal seit 40 Jahren. Der heute 67-jährige Hawaiianer war in den 1970er Jahren während seiner Militärzeit bei den US-Streitkräften in Schönborn stationiert. Für zwei Jahre und zehn Monaten hat Higa in Rockenhausen gelebt – in dieser Zeit ist eine innige Freundschaft mit den Beers entstanden, die auch nach seinem Abschied über Briefe, Pakete und E-Mails aufrecht erhalten worden ist. Vor ein paar Wochen hat Higa mit seiner Ehefrau Shirley die Nordpfalz und vor allem seine deutsche „Familie“ besucht. Klar, dass die Hausherrin sein damaliges Lieblingsgericht gekocht hat ... Dass Higa an dieser Stelle nur mit seinem Vornamen genannt wird, hat einen Grund: Weder Rosel Beer noch ihr Kinder können sich an seinen exakten Nachnamen erinnern. „Irgendetwas mit ’Sune...’ oder so“, sagt die 74-Jährige, ohne sich weiter darüber Gedanken zu machen. Die Post sei jedenfalls immer angekommen – für sie, ihre Söhne Jochen, Rolf und Werner sowie die Zwillinge Ruth und Ria sei er ohnehin immer nur „de Higa“ gewesen, seit die Kinder den damals 27-Jährigen im Rockenhausener Schwimmbad kennen und mögen gelernt hatten. Vor allem die älteren der fünf Geschwister – Rolf war damals 13, Ruth und Ria waren zwölf Jahre alt – knüpften rasch enge Kontakte zu dem freundlichen „Hawaii-Amerikaner“, mit dem die Verständigung allerdings gar nicht so einfach war: Nur ein paar Brocken Deutsch habe Higa gesprochen, aber auch sein Englisch habe man mehr schlecht als recht verstanden, erinnern sich Ruth, die heute den Nachnamen Kiefer trägt, und ihre Schwester Ria Groß schmunzelnd. Dieses hat immerhin dafür gereicht, dass er die Mädchen schon bald als seine „Sisters“ bezeichnet hat – und diese Higa als ihren vierten Bruder. Dass die Konversation manchmal mit Händen und Füßen erfolgen musste, störte niemand: Der Soldat war für sie schon bald wie ein Familienmitglied. Viele gemeinsame Erlebnisse habe es in jener Zeit gegeben, erzählen Rosel Beer und ihre Töchter: Sie haben Higa zu Baseballspielen in Sembach begleitet oder durften mit ihm in den speziellen Läden für die amerikanischen Soldaten einkaufen gehen. T-Bone-Steaks, Eis oder Riesenmelonen, von denen „nur zwei in den Kofferraum gingen“ (Ruth Kiefer) zählten zu den bei Kindern besonders begehrten Waren. Umgekehrt hat Higa bei Rosel Beer das bekommen, was er am liebsten gegessen hat: Rinderbraten, Knödel, Rotkohl. Und sogar einen gemeinsamen Urlaub am Bodensee hat’s damals gegeben. Natürlich sind diese und viele weitere Erinnerungen nun beim Besuch von Higa und Shirley aufgefrischt worden. Die haben auf einer Reise durch Deutschland drei Tage in Rockenhausen Station gemacht. Auch die Söhne Jochen und Rolf waren gekommen, um den alten Freund wiederzusehen. Es sei ein kurze, aber sehr intensive gemeinsame Zeit gewesen, betont Rosel Beer. Dass die Verständigung auch heute noch auf eine Weise erfolgt, die in keinem Lehrbuch zu finden ist – wen juckt’s? Eine echte Freundschaft funktioniert schließlich auch ohne viel Worte. Beim Abschied habe man sich gegenseitig versichert, mit dem nächsten Treffen nicht wieder so lange zu warten. „Jetzt sind wir mal an der Reihe und werden Higa auf Hawaii besuchen“, sagt Ria Groß. Wann das sein wird, steht noch nicht fest. Bis dahin hat Rosel Beer aber ohnehin noch ein großes Problem zu lösen: Wie bringt sie den Rinderbraten mit Knödel und Rotkohl unversehrt nach Hawaii?!

x