Donnersbergkreis Ein unbespielbarer Instrumenten-Schatz

„Ganz anders als sonst“ wurde diesmal die „Soirée im Stadtpalais“ aus dem Musiksälchen in den Veranstaltungsraum im Erdgeschoss verlegt, denn im Focus standen zwei „sperrige“ historische Instrumente, die zudem auch nicht in der Stuckdecke des Salons abgebildet sind: ein Tafelklavier, restauriert von dem Frankfurter Instrumentenbauer Jan Großbach, und – Thema des Abends – das leider unbespielbare Kiboer Exponat. Museumsleiterin Eva Heller-Karneth nannte es ein wertvolles Dokument der Musikkultur vor Ort aus der Ära Fürstin Carolines.

Konzertant war der Einstieg: Michael Günther, namhafter Cembalist und Instrumenten-Sammler aus Homburg am Main, ließ mit einem heiter perlenden Haydn-Divertimento meisterhaft und plastisch Rokoko-Charme erstehen, anschaulich unterlegt von dem zeitgleichen Kupferstich einer musikantischen Schäferidylle. Neuheit des im 18. Jahrhundert aufkommenden und ab 1770 rasant weiterentwickelten Pianofortes/Pantalons war der Saitenanschlag durch Hämmerchen – im Gegensatz zum gezupften, im Barock eingesetzten Cembalo, bei dem die Tonstärke gleich blieb. Schnell traten Charakter und Eigenart des auf Kammermusik angelegten Tafelklaviers zu Tage: Es klingt zunächst wesentlich leiser als das erst nach 1800 gebaute, durch seine Metallrahmen viel schwergewichtigere heute gebräuchliche Klavier. Und vor allem lässt es die bis dahin nicht mögliche differenzierte Dynamik zu – Beginn einer neuen Epoche. Reizvoll wirkte hier insbesondere der Kontrast zwischen dem sonoren, warmen Bass und den feinen, silbrigen Harfentönen des Diskants. In der Folge stellte der Interpret und bekennende „Apostel dieses sensibleren Instruments“ drei wunderschöne Stücke des siebenjährigen Mozart vor, der auf seiner Wunderkindreise 1763 in Den Haag dem neuen Pianoforte begegnete und möglicherweise bei seinem Kiboer Aufenthalt 1778 auch auf dem Museumsklavier spielte. Ein späterer, liedhaft eindringender Mozart und eine facettenreiche Sonate mit einem anrührenden Largo-Satz des kaum bekannten Franken Heinrich Riegel (1741- 1799) und schließlich – als echtes Schmankerl – revolutionär auftrumpfende Variationen über die „Marseillaise“ von Claude Benigme Balbastre rundeten den Eindruck beachtlicher Klangmöglichkeiten ab. Als Restaurator ging Großbach auf den Zustand des hiesigen Tafelklaviers ein: Rein äußerlich ist es durch einen Flüssigkeits- wie Brandschaden, wohl durch Kerzen verursacht, renovierungsbedürftig. Die Oberfläche wurde im Nachhinein inkompetent mit falscher Lackfarbe behandelt, marode Mechanik macht das Klavier unspielbar. Fest steht, dass es in Süddeutschland gebaut wurde – der Experte vermutet als Hersteller Joseph Anton Boos, geboren 1727, auf einem vergleichbaren Instrument als Klavierbauer, Cembalist und Organist an der Mainzer Kirche St. Peter verewigt. Zu den Untersuchungsmethoden Großbachs gehört beispielsweise die Abgleichung der signifikanten Profilleisten, die Rückschlüsse auf den Herstellungsbetrieb geben, vergleichbar einem Fingerabdruck. Seinerzeit war jedes Instrument ein Unikat – ein Gebiet voller Querverbindungen und individueller Eigenheiten eröffnet sich bei dieser Forschungsdisziplin. Als Klavierbauer war Boos übrigens einer der ersten, die Dämpfungen einsetzten. Lichtbilder vermittelten einen Eindruck von der optisch reizvollen Wirkung seiner Fabrikate, insbesondere mit raffiniert eingelegten Intarsien und Tastendekorationen. Ein anderes ist etwas grobschlächtig rötlich bemalt und lässt an „Wild-West-Design“ denken. Boos fand u.a. auch Einzug in ein Washingtoner Museum. Im 18. Jahrhundert wurden die Tasten durchgängig aus schwarzem Ebenholz gefertigt, die Halbtontasten stachen elfenbeinweiß ab. Es gab daneben auch schlichtere, erschwinglichere Ausführungen. Und trotz umfangreicher Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg, so Großbach, finden sich noch erstaunlich viele Tafelklaviere in Deutschland. Was zu tun sei mit dem nobel ausgestatteten Kiboer Rokoko-Klavier? Ein Problem ist das verzogene rechte Vorderbein, Folge der Last der schräg gespannten Saiten. Zur Bespielbarkeit müsste jedes Einzelteil der Mechanik auseinandergenommen und neu eingesetzt werden. Alternative sei die Reparatur der Oberfläche, um immerhin ein eindrucksvolles Schaustück zu erhalten.

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