Donnersbergkreis Donnersbergkreis: Kartoffelbauern warten auf den großen Regen

Hanno Niederauer aus Stetten überprüft Größe und Beschaffenheit seiner Kartoffeln, die ab Anfang September gerodet werden sollen
Hanno Niederauer aus Stetten überprüft Größe und Beschaffenheit seiner Kartoffeln, die ab Anfang September gerodet werden sollen.

Die Niederschläge der vergangenen Tage haben der Natur gut getan – auch den Kartoffeln auf den Feldern. Für die frühen Sorten kamen sie allerdings zu spät. Hier beklagen die Landwirte zum Teil Totalausfälle.

„Der Regen der letzten Tage hat den Kartoffeln gut getan“, freut sich Landwirt Julian Klag aus Ilbesheim. Klag baut Speisekartoffeln an. Für die Sorten, die sich jetzt in der Phase des Knollenwachstums befänden, sehe es eigentlich ganz gut aus. Wenn es weiterhin immer wieder regne, sollte hier der Rückstand durch das trocken-heiße Wetter der vergangenen Wochen kompensiert werden. Klag ist da recht zuversichtlich: „Bis zum Beginn der Ernte im September können die Kartoffeln durchaus bis zur normalen Größe wachsen“. Dies werde vor allem durch die hiesigen Löss-Lehm-Böden begünstigt, welche die Eigenschaft hätten, Wasser gut zu speichern. Bleibt es aber trocken, dann müsse mit Ertragseinbußen gerechnet werden.

Bei den ganz frühen Sorten hingegen seien bereits jetzt Totalausfälle zu beklagen. Hier hätten die Kartoffeln nicht die für die Vermarktung erforderliche Größe erreicht. „Wenn das Kartoffelkraut beginnt, gelb zu werden, ist das Knollenwachstum beendet. Dann bildet sich nur noch die Schale“, erläutert Klag. Solche zu kleinen Kartoffeln habe man früher in landwirtschaftlichen Kleinbetrieben als Futterkartoffeln für Schweine verwendet. Heute entscheide der Abpackbetrieb darüber, was damit passiere. Der durch die lange Trockenheit knochenharte Boden führe obendrein zu Schäden bei der Rodung. Die dabei entstehenden Verletzungen an den Kartoffeln würden nach wenigen Tagen schwarz werden. Diese Stellen müssten vor der Zubereitung ausgeschnitten werden, was den Verbrauchern gar nicht gefalle. Selbstverständlich bedeute das auch Mindereinnahmen für die Erzeuger.

Kleine scheitern an Millimeter-Vorgaben

Hanno Niederauer aus Stetten, ebenfalls Erzeuger von Speisekartoffeln, zeigt sich etwas optimistischer. Er gehe davon aus, dass die Trockenphase überstanden sei und sich die Lage im Kartoffelanbau entspannt habe. Allerdings werde das Zeitfenster für die Ernte, die Anfang September beginne, enger. Ohnehin verzichte er auf den Anbau ganz früher Sorten, und mittelfrühe habe er lediglich als Vergleichssorten in geringem Umfang gepflanzt. Hier beginne das Kraut bereits zu verfärben, die vom Handel verlangte Größe von 35 bis 65 Millimeter werde damit nicht erreicht. Ein Lebensmitteldiscounter verlange sogar 40 Millimeter als Mindestgröße. Was darunter liege, werde in den Abpackbetrieben aussortiert. Man könne heulen, wenn man sehe, was an der Sortiermaschine herausfällt. Die Millimeter-Vorgaben seien willkürlich, es handle sich hier um reine Lebensmittelverschwendung. Die kleineren Kartoffeln würden zumeist in die Biogas-Anlagen wandern. Dafür gebe es dann nur einen Bruchteil des Preises von handelsüblichen Speisekartoffeln, beklagt der Landwirt.

Auf dem Elbisheimerhof bei Marnheim baut Hans Ludwig Baur auf einer Fläche von 20 Hektar sowohl Speise- als auch „Industriekartoffel“ an. Für letztere gebe es spezielle Sorten mit eigenen Qualitätskriterien und abweichenden Erntezeitpunkten. Sie werden an die Intersnack GmbH in Petersau bei Frankenthal geliefert und dort insbesondere zu Kartoffel-Chips verarbeitet. Wegen des kühleren Klimas und der fehlenden Bewässerung im Raum Marnheim-Göllheim hat Baur auf den Anbau ganz früher Sorten verzichtet. Aber auch die Sorten mit mittlerem Erntezeitpunkt hätten unter der langanhaltenden Trockenheit und der Hitze gelitten. Bei Temperaturen bis 39 Grad sei an den Pflanzen viel Feuchtigkeit über die Blätter des Krauts verdunstet, das dann für das Knollenwachstum gefehlt habe. Insbesondere die Anzahl der Knollen je Stock liege in diesem Jahr unter dem Durchschnitt, aber auch das Einzelgewicht der Knollen sei derzeit geringer. Bei genügend Regen könne sich Letzteres zwar noch erhöhen, die vorhandene Menge der Knollen ändere sich aber nicht mehr. Dies würde in jedem Falle witterungsbedingte Ertragseinbußen mit sich bringen.

Hitzeresistente Sorten gefragt

Im Falle der mindergroßen Kartoffeln ist Baur allerdings weniger pessimistisch. Auch kleine Kartoffeln seien zu verwerten. Sie würden mitunter als Delikatess-Kartöffelchen im Lebensmitteleinzelhandel angebotenen; außerdem können sie zu Püree, Knödeln, Kartoffelpulver und Ähnlichem verarbeitet werden. Baur spricht hier von Convenience food (bequemes Essen) für die schnelle Zubereitung sowohl im privaten Haushalt als auch in der Gastronomie.

Um das Risiko von Missernten im Kartoffelbau kalkulierbar zu halten, haben die Donnersberger Landwirte teils identische, teils aber auch voneinander abweichende Strategien. So nutzen die Produzenten zumeist nur die besten Böden für ihre „Grumbeere“. Des Weiteren wird mehrheitlich auf den Anbau von Frühkartoffeln verzichtet. Hanno Niederauer setzt insbesondere auf hitze- und trockenheitsresistente spätere Sorten, die sich in einem dreijährigen Feldversuch als besonders anpassungsfähig gezeigt hätten. Zudem pflanze er im Rahmen der Fruchtfolge Kartoffeln nur alle sechs Jahre auf denselben Acker, was einer optimalen Bodennutzung entspreche. Auch habe er die Anbaufläche zugunsten von weniger arbeitsintensivem Getreide von ursprünglich 20 auf nur noch fünf Hektar verringert. Hans Ludwig Baur hat seine 20 Hektar Kartoffeln auf mehrere regionale Anbaugebiete mit unterschiedlichen Böden und damit auch das Risiko verteilt. An eine Flächenreduzierung denke er allerdings nicht. Gerold Füge, Kreisvorsitzender des Bauern- und Winzerverbands Rheinland-Pfalz Süd, weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Kartoffelanbaufläche im Donnersbergkreis von rund 1000 Hektar im Jahr 1970 auf 117 Hektar im Jahr 2010 gesunken sei.

Einig sind sich die befragten Kartoffelbauern in der Einschätzung des Klimawandels: Die Anzahl der heißen Tage während der Vegetationsperiode habe zugenommen, und die Trockenphasen seien länger geworden, wobei 2018 und 2019 als Extremjahre angesehen werden können. Nach Hanno Niederauer habe das Klimakarussell Fahrt aufgenommen, es drehe sich immer schneller. Setze sich die Klimaerwärmung fort, werde es das mit dem Kartoffelanbau auf dem Ilbesheimer Plateau gewesen sein.

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