Donnersbergkreis „Dass wir das können, macht mich optimistisch“

Klar: Am Thema Nummer eins der vergangenen Monate – den Hochwasser-Katastrophen im Appel- sowie im und um das Moscheltal – ist auch Verbandsbürgermeister Michael Cullmann beim Neujahrsempfang der Stadt und VG Rockenhausen nicht vorbei gekommen. In der Zeit nach den verheerenden Unwettern „wurde uns allen gezeigt, was für eine Gemeinschaft wichtig ist, was uns in Zukunft helfen wird und was nicht. Helfen können Mitgefühl, Anteilnahme, Zusammenhalt und Engagement für andere. Dass wir das können, lässt mich optimistisch in die Zukunft schauen“, sagte Cullmann vor zahlreichen Gästen in der Donnersberghalle. Weitere Schwerpunkte seiner Rede waren die kommunalen Finanzen und die Zukunft des ländlichen Raumes.

Doch zunächst zu den Ereignissen, die viele Menschen in und weit über unsere Region hinaus im wahrsten Wortsinn (zu zahlreichen Spendenaktionen) bewegt haben, die FLUTKATASTROPHEN: Er könne „diesen Samstagabend im September und die folgenden Wochen nicht so einfach abstreifen“, sagte Cullmann mit Blick auf den Starkregen im Moscheltal und einigen umliegenden Gemeinden, der an Intensität und Ausbreitung das Juli-Unwetter im Appeltal nochmals deutlich übertroffen hat. Hervor hob er die immense Hilfsbereitschaft, die sich in zahlreichen – häufig ehrenamtlichen – Aktionen manifestiert habe. Dank sagte Cullmann zum einen der Donnersberger Initiative für Menschen in Not um Jamill Sabbagh sowie dem für die Verteilung der Spenden zuständigen Gremium – dessen Aufgabe gleiche der „Quadratur des Kreises“. Zum anderen sprach er den ehrenamtlichen Feuerwehraktiven in der VG höchste Anerkennung aus: Diese seien 2014 durch die beiden Katastrophen „bis zur Belastungsgrenze und darüber hinaus“ im Einsatz gewesen. Einen besseren Schutz vor solchen Ereignissen erhofft er sich durch ein Pilotprojekt: Dabei soll unter Beteiligung der Betroffenen und weiterer Akteure ein Hochwasserschutzkonzept über VG- und Ortsgrenzen hinweg erstellt werden, wie es bislang nur für Gemeinden und Städte an größeren Flüssen wie Rhein und Mosel existiere. Erst auf den zweiten Blick erschließt sich der Zusammenhang mit einem weiteren von Cullmann skizzierten Aufgabenfeld, der WINDENERGIE: Verbunden sind die beiden Themen durch das Schlagwort „Klimawandel“. Laut einem Bericht des Umweltbundesamtes von 2013 werden „Extreme, Hitzewellen und Starkniederschlagsereignisse sehr wahrscheinlich weiterhin zunehmen“, zitierte Cullmann. Stichwort: Globale Erwärmung. Die VG werde und müsse ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten. Eine wesentliche Rolle komme dabei der „Nutzung der Ressource Wind“ zu. Der jüngst vom VG-Rat beschlossene Flächennutzungsplan, der weitere potenzielle Gebiete zum Bau von Windrädern ausweist, sei ebenso der richtige Weg wie die Windkraft-Gesellschaft Eniro, an der Stadt, VG sowie alle Ortsgemeinden in der Verbandsgemeinde beteiligt sind. Die Nutzung regenerativer Energien trage nicht nur zum Klimaschutz bei und stärke die heimische Wirtschaft, sondern sei „eine der wenigen verbliebenen Möglichkeiten für Kommunen, direkte eigene Einnahmen zu generieren“, sagte Cullmann. Dabei werde man – wie etwa bei dem geplanten Windrad auf dem Schmalfelderhof geschehen – die Menschen vor Ort mit einbeziehen. Nicht nur hier setzt der VG-Chef auch künftig auf BÜRGERBETEILIGUNG: Wohl in bislang keinem Jahr habe es in der VG so viele Einwohnerversammlungen gegeben wie 2014. „Meiner Meinung nach ist dies der beste Weg, Informationen an die Menschen zu geben und Anregungen mitzunehmen. Wir werden diesen Weg weiter gehen“, versprach Cullmann. Nicht einverstanden ist er dagegen mit der Entwicklung in einem anderen Bereich, den KOMMUNALEN FINANZEN: „Unser Problem ist nicht das Sparen. Wir drehen jeden Euro zweimal um“, betonte Cullmann. Vielmehr sehe er den „Auftrag des Grundgesetzes nach gleichwertigen Lebensverhältnissen in ganz Deutschland in Frage gestellt“. Die Kluft zwischen armen und reichen Regionen, „zwischen den Kommunen, die Investitionen stemmen können und denen, die das nicht leisten können“, habe sich in den vergangenen Jahren verschärft und werde weiter zunehmen, prophezeite er. Entschieden werde das durch Faktoren, auf die Kommunen keine Einfluss hätten. Daher forderte er von den Politikern der übergeordneten Ebenen, „die kommunale Finanzlage nachhaltig zu stärken“. Wichtiger als eine geringfügige Steuerentlastung seien den Bürgern „gute Schulen, Straßen ohne Löcher, ansehnliche Plätze, eine funktionierende Ver- und Entsorgung sowie ein schnelles Internet vor Ort“. Letzteres nannte Cullmann als Beispiel für die notwendige, aber in vielen Fällen ausbleibende STÄRKUNG DES LÄNDLICHEN RAUMES: Gerade beim Thema DSL konzentriere man sich zu sehr darauf, „möglichst viele möglichst billig“ anzuschließen. Stattdessen sollte die Prämisse „schnell und flächendeckend“ in den Vordergrund gestellt werden. Ob die 2014 von heute auf morgen erfolgte Schließung der AOK-Geschäftsstelle in Rockenhausen oder Cullmanns Schachzug, seine für die Erweiterung eines Handy-Mastes bei Rockenhausen notwendige Unterschrift nur dann zu leisten, wenn der Mobilfunkbetreiber im Gegenzug (endlich) nach Lösungen für ein funktionierendes Handy-Netz in Marienthal sucht: Zahlreiche Beispiele zeugten von einer latenten Benachteiligung der ländlichen Regionen. Zwar lässt sich nicht jede Ungerechtigkeit beseitigen, indem man – wie hier – selbst die Initiative ergreift. Dennoch wünschte Cullmann den Gästen für das begonnene Jahr den Mut zu EIGENVERANTWORTLICHEM HANDELN: Dazu erzählte er die Geschichte von Vater und Sohn, die mit einem Esel in der Mittagshitze durch die Straßen ziehen. Ob der Sohn, der Vater, beide oder keiner auf dem Esel sitzt – stets werden sie von Passanten kritisiert: als fauler Vater, als unverschämter Sohn, als Tierquäler oder als dumm. Letztendlich sagt der Vater: „Gleichgültig was wir machen, es findet sich doch jemand, der damit nicht einverstanden ist. Ich glaube, wir müssen selbst wissen, was wir für richtig halten.“ In diesem Sinne wünschte Cullmann den Besuchern für 2015: „Hören Sie gelassen zu, wägen Sie ruhig ab – und treffen Sie dann die richtigen Entscheidungen.“ (kra)

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