Donnersbergkreis Chorklang, der seinesgleichen sucht

91-96048356.jpg

ROCKENHAUSEN. Der Eindruck, den der Kammerchor Rheinhessen durch die Aufführung der Bach’- schen Johannespassion in Imsweiler hinterlassen hatte, muss wohl ein recht nachhaltiger gewesen sein, denn beim neuerlichen Auftritt in der katholischen Kirche Sankt Sebastian in Rockenhausen bevölkerten rund 150 Besucher das Kirchen-schiff. Erneut gab es eine Vertonung der Passionsgeschichte nach dem Evangelisten Johannes. Dieses Mal jedoch aus der Feder von Heinrich Schütz, dem Urvater der evangelischen Kirchenmusik, der das Werk 1665 in einem für die damalige Zeit biblischen Alter in der Dresdner Hofkapelle uraufführte.

Deutlich weniger spektakulär kommt dieses Werk ohne großangelegte Arien, reflektierende Choräle oder ein begleitendes Orchester aus. Die Solisten wurden aus den Reihen des 21-köpfigen Chores rekrutiert und deklamierten ihre Partien im gregorianischen, in diesem Fall phrygischen Modus sozusagen ohne Netz und doppelten Boden. Um es vorweg zu nehmen und zugleich den kritischen Beobachtungsposten wieder zu verlassen: Es bedurfte einiger Neuanfänge mit „frischen“ Tönen von der Stimmgabel des musikalischen Leiters Stefan Weiler, weil eben jene Chorsolisten doch so ihre liebe Mühe hatten, die vorgegebenen Tonhöhen auch einzuhalten. Dafür waren Aussprache und Stimmgebung absolut vorbildlich. Trotz der nicht ganz unproblematischen akustischen Verhältnisse in der katholischen Kirche war fast jede Silbe bis in den letzten Winkel des Raumes klar und deutlich zu verstehen. Auch an den Stellen der Partitur, an denen der Chor mehrstimmig etwa die Szenen darstellte, in denen Menschenmengen oder Personengruppen mehrstimmig in teils fugierten Kompositionstechniken präsentiert werden. Und dort bestach der ausgewogene und homogene Chorklang, die stimmliche Kultur und eben die Artikulation in selten zu hörender Klarheit. Vorangestellt waren zwei Motetten aus der Renaissance, die dem Ensemble wie auf den Leib geschrieben schienen. Einmal die legendären „Sprüche von Leben und Tod“ aus der Feder von Leonhard Lechner und die Motette „Unser Leben ist ein Schatten“ von Johann Bach, einem Großonkel Johann Sebastian Bachs. In beiden Werken wird die damals gängige Zwei-Reiche-Theologie künstlerisch umgesetzt, die im irdischen Jammertal nur eine Durchgangsstation zur ewigen Herrlichkeit sieht. Auch hier wurde vom jeweiligen Komponisten ganz und gar auf „schnödes“ Beiwerk verzichtet. Regelrecht verdichtet wurden die Textvorlagen vertont. In Bachs Motette gibt es allerdings dennoch einen genialen Kunstgriff, der dem Werk zusätzliche Transparenz verleiht. Dem eigentlichen Chor werden zwei Terzette beigestellt, wobei das eine Trio hinter dem Alter quasi als Fernchor platziert wurde und die Stimme aus dem Grabe in Dialog mit dem Ensemble treten lässt. Das andere Trio hingegen symbolisiert, vor dem Altar agierend, die Stimme Jesu, die tröstet. Spätestens hier gab es zum Ende barocke Klangpracht in Reinkultur mit einem klaren, aber dennoch sonoren, gesunden Chorklang zu bewundern, der seinesgleichen sucht. Das Publikum dankte für die Leistungen des Ensembles durch gespannte Aufmerksamkeit beim Zuhören und den erlösenden Beifall am Ende des Konzertes, das sicherlich nicht das letzte dieses Ensembles in unserer Region gewesen sein wird.

x