Donnersbergkreis Auswahl übertrifft übliches Passionsprogramm

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KIRCHHEIMBOLANDEN. Die am Karfreitag in der gut besetzten Peterskirche stattfindende Passionsmusik gedachte nicht nur der Sterbestunde Jesu Christi, sie würdigte auch den Rang der baulichen und stilistischen Besonderheit der Steinmeyer-Orgel. Diese wurde vor genau 100 Jahren von der renommierten Orgelbau-Manufaktur Steinmeyer in das erhaltene barocke Gehäuse eingebaut.

Mit seiner programmatischen Konzeption würdigte Bezirkskantor Martin Reitzig die „Königin der Instrumente“ in Choralbearbeitungen passend zur Passionszeit und im klingenden Chorjubel und Gotteslob im Sinne Luthers. „Die Musik ist die beste Gottesgabe“, stellte er die interpretatorischen Vorzüge der Bezirkskantorei nachhaltig und werbend heraus. Das Konzert beinhaltete mehrere inhaltliche Aspekte, war aber zugleich auch eine künstlerische Visitenkarte des Bezirkskantors selbst: Die konzertante Werkauswahl ging weit über den üblichen Gedanken der Kontemplation und Meditation einer Passionsmusik hinaus, zeigte vielmehr die verschiedenen stilistischen und spielerischen Aspekte der Orgelliteratur auf. Barock oder romantisch angehaucht ist immer wieder die Kardinalfrage bei der Beurteilung von Instrument und Interpretation, wenn es um die bauliche Disposition aber auch die künstlerische Realisation geht. Diese Steinmeyer-Orgel gehört zwar vordergründig mit der pneumatischen Traktur und der Registeranordnung zum romantischen Typus. Dennoch lässt sie sich vornehmlich der Orgelreform Albert Schweitzers zuordnen, der in einer Synthese der Extreme zwar romantische Klangfarben, aber nicht massive Zungenregister und neobarock genannte strukturelle Klarheit als Klangideal betonte. Reitzig zeigte, dass dieses bauliche Kleinod beides in sich exemplarisch vereinigt: Einerseits bringt die Orgel – begünstigt durch die exzellente Akustik – jede motivische Keimzelle der Choralvariationen von Samuel Scheidt sehr plastisch zur Geltung. Vor allem, wenn alle Figurationen, Verzierungen und virtuosen Umspielungen so gestochen klar artikuliert werden wie bei Reitzig. Die stilistische Entwicklung vom Frühbarock zur Frühromantik brachte beim zweiten Zyklus mit Choralvariationen von Mendelssohn Bartholdy schon die orchestral inspirierten Klangfarben andeutungsweise zum Ausdruck und ins Spiel. Und César Francks Sätze aus den „Grande Pièce Symphonique“ bestätigten, dass pastose Klangwirkungen von Romanzen und Charakterstücken wie hier im Andante ebenfalls gut getroffen werden können in ihrem Stimmungsgehalt. Ein folgendes Maestoso deutete dann die Monumentalität romantischer Sinfonieorchester an, Reitzig setzte aber mehr auf strukturelle Klarheit, auf melodische Finessen und fein ziselierte Linien, die nicht in klanglicher Opulenz ertränkt wurden. Den Schlusspunkt dieser stilistischen Entwicklung im Programm setzte die Choralbearbeitung des zeitgenössischen Komponisten Walther Haffner, die nicht mit allen erdenklichen Finessen der Veränderungen einer Choralmelodie auftrumpft, sondern diese mehr fantasieartig als Quelle eigener Inspiration nimmt. Während sich hier Reitzig als ambitionierter Organist auszeichnete, galt dies für die Begleitung der Gemeindechoräle nicht immer: Liturgisches Orgelspiel verlangt nach deutlichen, gliedernden Zäsuren, nach Phrasierungsbögen und atmenden Einschnitten, eher breiter als vorgesehen und keinesfalls – wie hier oft – verwischt und überspielt. Nach den liturgisch-meditativen Texten zum Passionsgeschehen durch Dekan Stefan Dominke konnte sich die Bezirkskantorei Kirchheimbolanden-Winnweiler auszeichnen: Bei der Motette von Anton Bruckner „Locus iste“ im unbegleiteten, klassischen A-cappella-Stil mit anfänglichen Intonationstrübungen, die sich mit zunehmendem Vortrag deutlich besserten. Spätestens mit dem Ausschnitt aus der eher unbekannten Passionskantate des englischen Komponisten und Organisten Sir John Stainer, der sich auch als Hochschulpädagoge und als einer der wichtigen Erforscher „Alter Musik“ große Verdienste erworben hat. Bei Mozarts Sätzen aus der Missa in C-Dur zeigte sich neben dem hier gut dargestellten Chorjubel in ariosen Aufschwüngen, sicheren Einsätzen und präzisen Abläufen aber auch ein grundsätzliches zu behebendes Problem: Im Sopran-Register kann man einige Einzelstimmen zu deutlich heraushören, was die Homogenität beeinträchtigt. Dominik Keller begleitete hier von der Empore an der Orgel trotz der heiklen Distanz mit Einführungsvermögen und zeichnete sich durch spielerische Solidität aus.

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