Donnersbergkreis Ablehnung ist nicht Abschiebung

Auch wenn sein Asylantrag rechtskräftig abgelehnt ist: Derzeit bleibt der Somalier in Haßloch.
Auch wenn sein Asylantrag rechtskräftig abgelehnt ist: Derzeit bleibt der Somalier in Haßloch.

Ein dem Kreis Bad Dürkheim zugewiesener Asylbewerber aus Somalia war bereits mehrfach in Deutschland straffällig geworden. Nach Verbüßen einer dreijährigen Haftstrafe wurde er im August 2017 Haßloch zugewiesen. Hier wird er so engmaschig, wie es der Polizei möglich ist, überwacht. Wegen Rückfallgefahr und besonderer Aggressivität aufgrund einer Psychose unterliegt der Mann der Führungsaufsicht, dem Überwachungsprogramm „Visier“ des Landes (Vorbeugendes Informationsaustauschsystem zum Schutz vor Inhaftierten und entlassenen Rückfalltätern) und der gerichtlich angeordneten Betreuung. Kreis und Gemeinde sind der Ansicht, dass eine Betreuung in einer Landeseinrichtung für den Asylbewerber besser geeignet wäre und dies mehr Sicherheit für die Bevölkerung bedeuten würde. Integrationsministerin Anne Spiegel (Grüne), die bereits im August 2017 von Landrat Hans-Ulrich Ihlenfeld (CDU) um Unterstützung gebeten worden war, lehnte eine Unterbringung des Somaliers in einer Landeseinrichtung ab und verwies auf Maßnahmen zu dessen Überwachung. Kreisrechtsausschuss verhandelt den Widerspruch Im Juni 2017, einen Monat vor seiner Haftentlassung, hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) den Asylantrag des Somaliers als unbegründet abgelehnt. Dagegen hatte er geklagt. Im Dezember 2017 wies das Verwaltungsgericht Trier seine Klage ab. Er hätte daraufhin innerhalb eines Monats Berufung beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Koblenz beantragen können. Dieses Rechtsmittel legte er jedoch nicht ein: Sein Asylantrag ist damit rechtskräftig abgelehnt, teilt die Kreisverwaltung auf Anfrage der RHEINPFALZ mit. Die Kreisverwaltung hatte bereits vor dieser Entscheidung eine Ausweisungsverfügung gegen ihn erlassen. Diese wurde gültig, als das Urteil rechtskräftig war. Gegen diese Verfügung hat der Somalier jetzt Widerspruch eingelegt. Über diesen entscheidet der Kreisrechtsausschuss – es gibt noch keinen Termin. Zuvor muss er seinen Widerspruch noch begründen – laut Kreisverwaltung ist dies noch nicht geschehen. In Absprache mit dem Somalier – und seinem Betreuer oder Anwalt – soll entschieden werden, ob die Verhandlung schriftlich oder mündlich erfolgen soll. Der Fall hat Priorität, so der Kreis: Falls der Somalier es wünscht, soll die Sitzung des Kreisrechtsausschusses bald stattfinden – möglicherweise als schriftliches Verfahren ohne Öffentlichkeit. Sollte gegen ihn entschieden werden, steht dem Mann noch ein weiteres Rechtsmittel zur Verfügung: Er kann vor das OVG Koblenz ziehen. Kreis: Ohne Einigung mit Somalia keine Abschiebung Der Kreis macht aber bereits jetzt klar: Selbst wenn die Ausweisungsverfügung rechtsgültig werden sollte: „Es ändert nichts daran, dass die Bundesrepublik aktuell keine Einigung mit Somalia hat, um abzuschieben.“ Nach Kenntnis der Kreisverwaltung gab es bereits Gespräche zwischen den Innenministerien der Länder und des Bundes über die generelle Problematik, nach Somalia abzuschieben. Hier sei auch dieser Fall Thema gewesen, so die Kreisverwaltung: „Rheinland-Pfalz hat auf eine Lösung mit Somalia gedrängt.“ Land: Gespräche mit Bund bisher ohne Ergebnisse Auf RHEINPFALZ-Anfrage bestätigte die Pressesprecherin des Integrationsministeriums, Astrid Eriksson, dass Gespräche stattgefunden hätten, die allerdings nicht das Innen-, sondern das Integrationsministerium geführt habe. Der Fall des in Haßloch untergebrachten Somaliers sei „explizit“ im Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr vorgestellt worden. Eine Mitarbeiterin des Mainzer Ministeriums sei deshalb in Berlin gewesen. Das Integrationsministerium sei mit dem Bundesinnenministerium und dem Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr weiter im Gespräch, „Ergebnisse gibt es noch nicht“. Bund: Somalia verpflichtet zur Rückübernahme Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums teilte auf Anfrage der RHEINPFALZ zur Frage der Zusammenarbeit mit somalischen Behörden mit, dass Bund und Länder im ständigen Kontakt seien, „um die Rückführungszusammenarbeit mit den verschiedenen Herkunftsländern zu verbessern“. Zudem stehe das Innenministerium auch mit somalischen Regierungsvertretern und der Botschaft in Berlin in Kontakt. „In unseren Bemühungen gehen wir davon aus, dass Somalia die völkerrechtliche Verpflichtung zur Rückübernahme seiner eigenen Staatsangehörigen erfüllt“, so die Sprecherin. Landrat will sich in Mainz nochmals „in Erinnerung bringen“ Im November 2017 hatte Landrat Ihlenfeld erneut ans Land appelliert, entweder eine geeignete Landeseinrichtung zu schaffen oder den Mann in einer betreuten Wohneinrichtung unterzubringen. Daraufhin habe es die telefonische Zusicherung einer Unterstützung gegeben, aber noch keine konkrete Lösung. Der Kreis will nun erneut ans Land schreiben und sich „noch einmal in Erinnerung bringen“ und um eine offizielle Stellungnahme des Landes bitten. Somalier verhält sich „sehr ruhig und kooperativ“ Der in Haßloch untergebrachte Somalier selbst verhalte sich „sehr kooperativ und ruhig“. Er besuche seine Therapiestunden, nehme die Medikamente, Tests auf Alkohol und Drogen seien immer negativ verlaufen. Polizisten des „Visier“-Programms besuchten ihn täglich. Der Mann sei immer anzutreffen, wenn er seine Wohnung verlasse, melde sich vorher ab und sage, wo er hingeht. „Er wird intensiv beobachtet und war, seit er in Haßloch wohnt, in keinster Weise auffällig“, betont der Kreis. Eine Abschiebehaft sei in diesem Fall nicht möglich, so die Kreisverwaltung. Eine solche käme nur in Betracht, wenn der Zeitpunkt der Abschiebung innerhalb von drei Monaten absehbar wäre. Aktuell könne aber nach Somalia nicht abgeschoben werden, und niemand dürfe auf unbestimmte Zeit in Haft genommen werden. Das Integrationsministerium bestätigt, dass eine Abschiebehaft, die nur gerichtlich angeordnet werden könne, nicht in Frage komme. Voraussetzung sei neben der realistischen Chance, innerhalb von drei Monaten abzuschieben, dass sich ein Ausreisepflichtiger der Abschiebung schon einmal entzogen habe oder Fluchtgefahr bestehe. Möglich sei immer, so der Kreis, dass der Mann freiwillig nach Somalia ausreist. Das aber lehne er bisher ab, der Kreis will darüber jedoch weiter mit dem Mann sprechen. An der Situation kann sich laut Kreis folglich nur etwas ändern, wenn das Land eine andere Möglichkeit der Unterbringung schafft, der Bund eine Abschiebelösung mit Somalia findet oder der Mann freiwillig ausreist. Widerspruch der Gemeinde gegen Zuweisung läuft noch Unabhängig davon hat die Gemeinde Widerspruch gegen den Zuweisungsbescheid der Kreisverwaltung erhoben, nachdem das OVG entschieden hatte, dass die Zuweisung nach Haßloch nicht zu beanstanden sei, auch wenn der Mann als rückfallgefährdet gelte. Über den Widerspruch soll der Kreisrechtsausschuss entscheiden.

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