Bad Dürkheim Vertonter Landbau

Die Stuttgarter Saloniker haben am Freitag in der Dürkheimer Brunnenhalle ihr Konzert mit einem Stück gestartet, das sie immer an den Anfang ihrer Auftritte setzen: „Wien bleibt Wien“ von Johann Schrammel. Das ist bekannt, das hat Schwung, da werden die Zuhörer gleich in die richtige Stimmung versetzt.

Leider war die Brunnenhalle in Bad Dürkheim nur spärlich besetzt. Ein sehr viel größeres Publikum war bei dem heißen Wetter im Schwimmbad nebenan. Es gab sieben Musiker und nur knapp dreißig Zuhörer. Die Musik aber braucht Resonanz im Publikum. Die gab es zwar, es wurde reichlich geklatscht, aber der Resonanzboden muss bei einem solchen Konzert einfach größer sein. Das war wirklich schade, denn es gab Interessantes zu hören: einen kleinen Exkurs in die Musikgeschichte und in die Geschichte von Ökologie und Landbau. Unter diesem Titel stand das Konzert, das für die Stiftung Ökologie und Landbau gegeben wurde. Der Kapellmeister und Pianist der Stuttgarter Saloniker, Patrick Siben, war der erste Preisträger des von der Stiftung ausgelobten Karl-Werner-Kieffer-Preises. Das war zu der Zeit, als Siben noch das Weingut Odinstal betrieb und eine Pflanzenkläranlage anlegte. Siben führte selbst durch das Programm, schenkte in der Pause auch Sekt aus und reichte eine Quiche herum. Alles von Hand und selbstgemacht. Ökologie und Landbau wurden mit der Musikgeschichte bei der Vorstellung des Programms verbunden. Der junge Mozart beschäftigte sich in der Oper „La finta Giardiniera“ oder „Gärtnerin aus Liebe“ mit dem Landbau und in „Il Re Pastore“ („Schäferkönig“) mit der Viehzucht. Auf dem Land wurde schon früher gerne gefeiert und diese Feiern bewegten Joseph Haydn dazu, das Ochsenmenuett zu schreiben. Eine erst schwerfällig, aber dann doch ins Tänzerische wechselnde Nummer, die sicher zum Amüsement der höfischen Gesellschaft beigetragen hat. Nun ja: In der höfischen Gesellschaft des 18. Jahrhunderts waren Zuschauer und Musiker wohl auch nicht zahlreicher anwesend als am Freitagabend in der Brunnenhalle. Nach der Französischen Revolution wurde die höfische Unterhaltung, wie Patrick Siben erklärte, von den bürgerlichen Schichten übernommen und popularisiert. Der erste Popstar in diesem Zusammenhang war Johann Strauss, der „Walzerkönig“. Auf das adlige Menuett folgte der moderne Walzer. Ein Werk seines Bruders Josef Strauss, „Dorfschwalben aus Österreich“, präsentierte die neue populäre Musik. Man hörte die Klarinette tirilieren, unterstützt von der Trompete. Im 19. Jahrhundert entfernte man sich von Land, die Verstädterung griff um sich, ebenso das bürgerliche Gewinnstreben. Das ist der Gegenstand der Oper „Die verkaufte Braut“ von Friedrich Smetana. Die Saloniker spielten eine ökonomisch reduziertes Potpourri aus den gesammelten Ideen der Oper. Nach der Pause wurde es modern: Tschaikowskis „Auf dem Dorfe“, ein bedächtiges Stück, das mit langsamem Aufwachen am Morgen beginnt und dann einen Stimmungswechsel in rege, betriebsame Tätigkeit erfährt. Von der leicht depressiven Musik aus den Dörfern hinter dem Ural ging es dann flugs zu den munteren Melodien aus den USA, wo die Bewegungen der Tiere humorig imitiert und verwendet wurden: James Reese, ein Zeitgenosse von Scott Joplin, komponierte den „Castle Doggie Foxtrot“, den „Fuchstanz“, dem der melodische „Turkey Trot“ („Truthahntanz“) seines Kollegen Rick Denmark folgte. Zum Schluss erklang ein amerikanisches Stück, das seinen Ursprung in der Sehnsucht nach Europa hat. Ethelbert Nevins spätromantische Frühlingssonate brachte noch einmal die Morgenstimmung auf dem Lande, die Schäfertänze und den duftenden Flieder zum Klingen. Wer das Konzert verpasst hat, dem bietet sich Gelegenheit, die Saloniker bald wieder zu hören: Heute spielen sie bei der Deidesheimer Geißbockversteigerung auf der Wallberghütte und am 23. Juli um 19 Uhr am Isenach-Weiher.

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