Bad Dürkheim Supernova SV 1911?

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Bad Dürkheim. Der SV 1911 Bad Dürkheim steckt in einer schweren Krise. Und das in der Zeit des sportlich größten Erfolgs. Jetzt wurde bekannt, dass auch Oliver Spuhler, Trainer des Bezirksligateams, am Saisonende geht. Das Team steht vor dem Zerfall, will aber dennoch in die Landesliga aufsteigen. Einen Unterbau gibt es nicht. Betreuer und Sponsoren haben sich verabschiedet. Eine Inventur.

Endet die Geschichte des SV 1911 Bad Dürkheim nach 104 Jahren? Die Frage muss erlaubt sein, angesichts der Neuigkeiten der vergangenen Tage. Da ist zum einen die Tatsache, dass Trainer Oliver Spuhler den Verein im Sommer wieder verlassen wird. Der 43 Jahre alte Übungsleiter, der seit gut einem Jahr die Dürkheimer trainiert, sieht beim SV 1911 keine Perspektive mehr. „Der Verein hat finanzielle Probleme, weshalb die Mannschaft nach Saisonende wohl auseinanderfallen wird. Ich habe lange überlegt und dann für mich entschieden, nicht mehr weiterzumachen“, verdeutlicht Spuhler. Er habe in Lambsheim mal eine ähnliche Situation vorgefunden und ein unglaublich schwieriges Jahr erlebt. Das solle sich nicht wiederholen. „Ich habe dem Verein frühzeitig Bescheid gesagt, dass ich aufhöre. Jetzt haben die Verantwortlichen des SV 1911 genügend Zeit, sich Gedanken zu machen und nach einem Nachfolger umzuschauen“, sagt Spuhler. Davon unabhängig hätten die Mannschaft und er das Ziel, die Saison mit einem Aufstieg in die Landesliga abzuschließen. Unweigerlich drängt sich dem Beobachter das Bild einer Supernova auf. Ein Stern, der am Ende seiner Lebenszeit heller leuchtet als je zuvor und dann zerfällt. Droht dem SV 1911 dieses Schicksal? Kersten Dietrich sagt „nein“. Seit Januar ist er nach dem zwölfjährigen Interregnum von Stefan Uhrig wieder Vorsitzender des Vereins. „Den SV 1911 wird es weiter geben“, beteuert er und fährt fort, dass er aber noch nicht wisse, „wer hier bleibt“. Übrig ist nur die alte Garde - mal wieder

Fakt ist, dass in den vergangenen Jahren nicht viele beim rund 300 Mitglieder starken Verein geblieben sind. Personen, die in verantwortlichen Positionen als Trainer und Betreuer waren, haben sich zurückgezogen. Übriggeblieben ist mal wieder die alte Garde um Karl-Heinz Koppenhöfer, der in Personalunion Trainer der einzigen verbliebenen D-Juniorenmannschaft ist und zudem Jugendleiter. Ohne weitere Trainer, keine weitere Mannschaft – so lautet die bittere Wahrheit. Dietrich sieht die Situation trotzdem mit einer gewissen Gelassenheit: „Es gab immer Höhen und Tiefen“, sagt er mit Blick beispielsweise auf die letzte (sportliche) Krise, als man im Jahr 2007 nach beendeter Spielgemeinschaft mit Gönnheim wieder in der C-Klasse habe beginnen müssen. „Ich bin nicht mutlos“, so der 48-jährige, der auf eine Bambini-Mannschaft verweist und für die kommende Saison eine F-Jugend in Aussicht stellt. Die Niederlagen in der Landesliga könnten zweistellig ausfallen

Bei den Aktiven ist zu jetzigem Zeitpunkt sehr vieles unklar. Sven Böhler , aktueller Trainer der 2. Mannschaft, die in der B-Klasse antritt, würde wohl das Training der verbleibenden Kicker übernehmen. Nach einem möglichen Aufstieg würde die Resttruppe nach Aussage Dietrichs aber nicht in der Landesliga antreten. Niederlagen, die regelmäßig im zweistelligen Bereich lägen, könnten die Folge sein. Für solche Fälle sieht der Südwestdeutsche Fußballverband die Option vor, eine Liga tiefer zu starten als derzeit. Dietrich hält dieses Szenario in der A-Klasse für realistisch und beherrschbar. Also doch keine Endzeitstimmung beim SV 1911. Schließlich seien Vereine mit nur noch wenigen spielenden Mannschaften keine Seltenheit mehr. Man habe in den vergangenen Jahren einfach vieles „verbummelt“, sagt Dietrich. Als Vorwurf an den ausgeschiedenen und nun als Kassenwart tätigen Stefan Uhrig will er das nicht interpretiert sehen. Dieser habe „super Arbeit“ geleistet. Das bewerten Leute anders, die sich über den Werdegang des SV 1911 im für Jedermann einsehbaren Online-Gästebuch des Vereins „Gedanken“ machen. Vom 16. Januar stammt dort ein Eintrag eines Mannes unter dem Pseudonym „Dergemer“. „Ach Gott ist das lächerlich. Bye, Bye Dergem. Willkommen in der Realität. Schon scheiße, wenn man pleite ist.“ Der Benutzer „treuer Fan“ schreibt: „Oje, Homepage null Info, Mannschaftsfoto von Anno Duwak, keine Jugend.“ Ein weiterer Eintrag vom 28. Juli 2014 lässt vieles schon erahnen: „Schröck weg, alles weg. ... Wo soll das noch hinführen?“ Am 3. Juli schreibt jemand: „Der SV geht die Bach runner. Nur von einer Aktivenmannschaft kann kein Verein leben. Und nun auch noch die Frauen abgeschossen. Echt schade, was aus diesem Verein wurde.“ Der einstige Hoffnungsträger Schröck wirkt jetzt in Freinsheim

Der große Hoffnungsträger der vergangenen Jahre war Andreas Schröck, der dem Verein aus beruflichen Gründen vor einem Jahr den Rücken kehrte, zeitweise aber noch als Spieler aushalf. Der 34-Jährige hat sich im Dezember dem FV Freinsheim als Coach angeschlossen und vorgestern verkündet, dass neben Marcus Lerps in der kommenden Saison auch der 29 Jahre alte Flügelstürmer Michael Gandert im Dr.-Kausch-Stadion in Freinsheim spielen wird. Beide sind derzeit noch für den SV 1911 Bad Dürkheim in der Bezirksliga am Ball. Gandert selbst nennt gesundheitliche und zeitliche Gründe für seinen Wechsel. „Eigentlich wollte ich mit dem Fußball aufhören. Ich will mich mehr der Familie widmen und hatte schon viele Verletzungen. Aktuell plage ich mich mit einer Schambeinentzündung herum“, erklärt der Außenstürmer. Nun will er „wenigstens kürzer treten“. Gandert spielte für den Ludwigshafener SC und den ASV Fußgönheim 136 Mal in der Verbandsliga und erzielte dabei 31 Tore. „Ich habe mich von Andreas überreden lassen“, verdeutlicht er. Trainingsaufwand und Fahrzeiten zu Auswärtsspielen seien bei einem A-Ligisten deutlich geringer als bei einem möglichen Landesligisten. Noch ist nicht ganz klar, wie viele andere SV Spieler sich im kommenden Jahr mit ähnlichen Argumentationen neuen Vereinen anschließen, Fakt scheint indessen, dass der SV 1911 vor einer nicht ganz einfachen Zukunft zu stehen scheint. Wie oben bereits erwähnt, gehören dem Verein rund 300 Mitglieder an. Die Zahl derjenigen, die sich im Verein aktiv engagieren, ist jedoch an einer Hand abzuzählen. Quo vadis SV 1911 Bad Dürkheim?

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