Bad Dürkheim „Papa hat den schon auf dem PC“

Heute nicht nur ein Kino zu betreiben, sondern sogar neu zu bauen? Ist das nicht unfassbar mutig? Graben Internet und Heimkino nicht dem traditionellen Kino das Wasser ab? Benjamin Fiege sprach mit den Betreibern des Europa-Kinos (und bald der Filmwelt), Alexander Cyron und Oliver Lebert, über die Vergangenheit des Kinos im analogen sowie die Gegenwart und Zukunft im digitalen Zeitalter.

Muss man eigentlich sehr mutig sein, in unserer digitalen Welt nicht nur ein Kino zu betreiben, sondern sogar eins neu zu bauen?Cyron:

Mutig muss man wohl immer sein, wenn man sich selbstständig macht und große Investitionen stemmt. Man weiß ja nie, was kommt. Allerdings sind wir fest davon überzeugt, dass es das Kino, das es seit mehr als 100 Jahren gibt, immer geben wird, in welcher Form auch immer. Von daher sind wir nicht mutig, sondern eher konsequent. Tatsächlich macht man aber heute ja unter anderen Umständen Kino als noch in den 80ern oder 90ern. Um die Jahrtausendwende wurde mit dem Aufkommen von Tauschbörsen Internetpiraterie ein großes Thema. Hat sich das damals an der Kinokasse bemerkbar gemacht? Lebert: Tatsächlich hat man das ein bisschen gemerkt. Weniger bei den Blockbustern, sondern mehr bei mittelmäßigen Filmen. Bestimmten Actionstreifen beispielsweise. Da kamen dann schon mal Kinder ins Kino, die dann auf ein Plakat gezeigt und gesagt haben: Den da hat der Papa schon auf dem PC. Das hat sich aber auch schnell gegeben. Heute besteht ja die Möglichkeit, Filme recht schnell auf DVD/BluRay oder im Netz bei Streaming-Diensten zu sehen. Seht Ihr das als Konkurrenz? Lebert: Nein, die angesprochenen Formate machen sich eher gegenseitig Konkurrenz. Der schnelle Release für den Heimkino-Markt sorgt aber dafür, dass vielen Filmen im Kino nicht die Zeit gegeben wird, sich zu entwickeln. Sie müssen am ersten Wochenende, sie müssen schnell erfolgreich sein. Fürs Kino sind die Formate aber wie gesagt keine Konkurrenz: Das Kino-Erlebnis, das Gemeinschaftliche, die Atmosphäre, das wird da ja nicht mitgeliefert. Es ist etwas anderes, einen Film auf der großen Leinwand zu sehen als auf dem heimischen Rechner oder dem Fernseher. Mal zu den positiven Seiten der Digitalisierung. Ist es wahr, dass viele kleine Kinos an kleinen Locations überhaupt nur noch existieren, weil die Umstellung von Analog auf Digital kam? Lebert: Das kann man schon so sagen. Mit der Einschränkung natürlich, dass manche kleine Häuser sich die Umstellung nicht leisten konnten. Da ist auch der eine oder andere kaputtgegangen. Aber die, die Umstellung stemmen konnten, profitieren heute davon. Eine digitale Kopie eines Films bekommt man viel schneller als eine analoge, man kann einen erfolgreichen Film problemlos in mehreren Sälen laufen lassen. Und die Bildqualität stimmt immer. Der eine oder andere trauert dem Analog-Bild aber nach und spricht dem digitalen jegliche Ästhetik ab. Cyron: Das ähnelt der ewigen Debatte zwischen Vinyl- und CD-Anhängern. Dem einen oder anderen Nostalgiker fehlt das Rauschen, Kratzen, der Dreck. Manchmal wird das heute sogar absichtlich eingebaut. Im Großen und Ganzen haben sich die Menschen aber an die neuen Gegebenheiten gewöhnt, Analog-Qualität würde jetzt eher als störend empfunden. Ist uns selbst auch kurz nach der Umstellung so gegangen. Nachdem wir wochenlang digital vorgeführt hatten, haben wir dann einen Film analog laufen lassen. Das kam uns dann unglaublich unscharf vor. So viel konnten wir gar nicht am Objektiv drehen, wie wir wollten. In Zukunft wird das aber eh kein Thema mehr sein, die junge Generation kennt dann ja nur noch digital. Low-Budgets haben es durch die digitale Technik doch heute wesentlich leichter, einen Verleih zu finden. Cyron: Absolut. Man kann heute ohne teure Technik wunderbare HD-Aufnahmen machen. Davon profitieren solche Produktionen. Lebert: „Kings of Kallstadt“ hätte ohne diese Technik wohl nie das Licht der Welt erblickt. Manche Szenen wurden da sogar nur mit der Handy-Kamera gefilmt. Stichwort Zukunft: Wie weit seid ihr denn mit dem Bau der neuen Filmwelt? Cyron: Der 2. Juli als Termin steht, wir sind gerade in der heißen Phase der Bauarbeiten. Alles läuft gut, wir liegen voll im Plan. Gerade werden etwa der Parkplatz und Hofbereich angelegt.

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