Bad Dürkheim Ein strahlender Auftakt

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Welch ein toller Wurstmarktauftakt! Welch ein bunter, schöner, fröhlicher Festzug zum 600.! Zweidreiviertel Stunden zog die Jubiläumskarawane durch die dichtgesäumten Straßen, wo ihm 40- bis 50.000 Menschen an der gut drei Kilometer langen Strecke das Geleit gaben. Bei hohen Temperaturen gaben Mitwirkende und Publikum ihr Bestes. Punkt 16 Uhr schickten die Organisatoren Roland Poh und Bernd Heussler den Umzug an den Stadtwerken auf die Tour. Doch so sommerlich heiß es auch war: Die Zugspitze hatte bereits nach einer Dreiviertelstunde die Ehrentribüne am Michelsberg als Endpunkt der 3,2 Kilometer langen Strecke erreicht. So früh, dass die Moderatoren Janina Huhn und Chako Habekost eben noch die Big Band des Gymnasiums auf dem Podium ablösen konnten, die ebenso wie die Saxofon-Mafia der Musikschule am Rathaus den Gästen das Warten verkürzt hatte. Als profunde Kennerin der Stadtgeschichte ließ die 26-Jährige den vier Gästeführern, die an anderen zentralen Stellen den Zug moderierten, kaum etwas nach – Chako staunte. Der Comedian wiederum hatte gewohnt schlagfertig und mit Witz die Lacher auf seiner Seite. Ungeachtet dieses perfekten Paars am Mikrofon und bei aller politischen Prominenz und sogar einer Durchlaucht sowie königlichen Hoheit in Person des Leininger Fürstenpaares Andreas und Alexandra: Die Stars des Festzugs waren die Mitwirkenden. Von geschätzt vier Jahren bis über achtzig – alle Generationen waren dabei. Dass sich alle besonders in Schale werfen würden, hatte sich schon in unserer Serie „6 aus 600“ abgezeichnet. Ob aufwendiges Kostüm oder besprühte T-Shirts, alle hatten sich toll eingekleidet. Die Ungsteiner Römer freilich hatten bei Temperaturen von an die 30 Grad allen anderen eines voraus: Sie waren am luftigsten gewandet. Da mussten die Nonnen und Mönche aus Seebach und Grethen in ihren schwarzen Kutten ungleich mehr schwitzen, vom Drachenfelsclub mit Samtwams und Überrock wie auch hochgeschlossenen Kleidern oder der Liselotte von der Pfalz in dickem Brokat ganz zu schweigen. Bis auf den Gradierbau paradierten die meisten prägnanten Bauwerke der Stadt als Modell vorbei: Limburg, Hardenburg, Klosterkirche, Kapellchen. Das Leistadter Rathaus erstrahlte generalüberholt in neuem Schmuck. Und sogar Vergangenes erstand neu: Die Schwarzviertler präsentierten das Lustschlösschen, das einst an der Stelle des heutigen Kurhauses stand. Dass der Festzug vor der Ehrentribüne etwas an „Zug“ verlieren würde, war klar. Hier wollten sich alle vor der Landesmutter und den Honoratioren präsentieren. Die Schnorreswackler der TVD-Männerriege kräftigte die Armmuskulatur, die Turnerinnen in blauen Leibchen schwangen die Keulen. Die Schausteller präsentierten geknüpfte Traditionsfahnen im Dutzend aus ganz Deutschland und etliche liebevoll restaurierte Zugmaschinen. Die Pfadfinder waren in Küfer-kluft geschlüpft und rollten den Wein in die Schubkärchler, die Jungwinzer hatten mit einem „Denkmal fürs Dubbeglas“ in Janinas Augen „echt Großes geleistet“. Den jungen Bienchen vom Gemeinschaftskindergarten Leistadt folgten später die fleißigen Bienen der Landfrauen, und auch die Kluczborker liefen teilweise in Schwarz-Gelb auf. Alle anderen Partnerstädte waren ebenfalls vertreten, hier fielen neben der Wasserfee und ihrem Gefolge aus Bad Berka in Marinblau vor allem die „Franc Cacous“ mit ihren roten Mützen und tönernen Pfännchen auf – eine gemischte Gruppe von Dürkheimern und Parayern, derweil die anderen Partnerstädte von Dürkheimer Grundschülern begleitet wurden. Nicht zuletzt hatten sich alle Kindergärten etwas Schönes einfallen lassen. Beim Kinderhort Grethen mit rund 60 kleinen und großen Feuerwerkern ging’s ebenso um Pyro wie bei der Ungsteiner Kita „Regenbogen“. Und die Grethener Kita eskortierte ihre Bacchus-Weingötter gleich mit einen ganzen Harem an kleinen Weinprinzessinnen. Solche kamen direkt anschließend in Groß: Der Planwagen mit den ehemaligen Dürkheimer Weinprinzessinnen, die die amtieren Hoheit Anne Hofmann speziell für diesen Jubiläumsfestzug zusammengetrommelt hatte (wir berichteten). Sie waren eigens mit Namensschärpe ausstaffiert – und für jede war sogar noch einmal ein Krönchen angefertigt worden. Zusammen mit Hoheiten aus der ganzen Pfalz posierten fast 50 gekrönte Häupter in Phalanx vorm Podium. Für flotte Stimmung sorgte immer wieder die Begleitmusik. Ein halbes Dutzend Ensembles, natürlich angeführt von der Dürkheimer Stadtkapelle mit der Nr. 1(und auch mal als A-Capella-Chor) begleitete den Zug und bot das breite Spektrum von der Blasmusik bis zum Blaster der Rockwinzer, von Fanfaren bis Flügelhorn, von Trommeln bis Trompeten. Kontrast zum Drehorgel-Trio: Die Lebenshilfe, mit rund hundert Teilnehmern mit Abstand größte Gruppe, brachten die Flower-Power-Hippie-Ära zurück, dem ASV Hardenburg gelang zu „Macarena“ die wundersame Verdoppelung der Spice Girls. Und die Mackebacher werden wohl beantragen, künftig im Vierspänner zum Musizieren durch die Schubkärchler gefahren zu werden. Musikalischer Höhepunkt: der leicht akrobatische Swing der US Air Force Band Europe in zackigen Uniformen. Apropos Vierspänner. Herrliche Gespanne rollten mit, angefangen bei den sechs mächtigen Kaltblut-Rappen, die die blumengeschmückte Kutsche der Ministerpräsidentin und der Bürgermeister-Familie zogen. Und ganz am Anfang die „Wegsteuer“ verloren: Kleiner Schreckmoment, als sie noch in der Gutleutstraße eine Abkürzung durch den Abtsfronhof-Wingert suchten ... Schwarze Kaltblüter tauchten noch mehrfach auf, und immer wieder ein schönes Bild geben auch die vier Rösser samt dem Lottewagen der Vier Jahreszeiten mit den Fässern ab. Insgesamt trabten 20 Pferde im Festzug mit. Auch der Fuhrpark mit etwas mehr Pferdestärken war eine Augenweide: Ob drei putzige Isettas oder der kleine Cinquecento nebst Rollern der Familie Cicoria, auch ein Trabbi hatte „nach’m Westen gemacht“. Chice Cabrios chauffierten Honoratioren und „Hoheiten“, und nicht nur Chako Habekost hatte es immer wieder die Traktoren-Armada der Lanz’, Deutz’, Hanomags und Porsches angetan. Unmöglich, in diesen begrenzen Zeilen alle Nummern, alle Ideen, alle Details, alle Motive zu erwähnen. Alle haben ihren Beitrag geleistet, und selbst der kleinste hat zum Gelingen des großen Ganzen beigetragen. Dem Schlusswort des Bürgermeisters bleibt denn auch nichts hinzuzufügen: Christoph Glogger resümierte einen „bunten, würdigen, fulminanten Auftakt für unseren 600. Wurstmarkt“. Durch meine Brille |psp

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