Bad Dürkheim „Bravo“-Rufe für Klangopulenz

Mit dem Titel „Juwelen der Kammermusik“ war das zweite Saisonkonzert der Wachenheimer Serenade überschrieben. Das bezog sich zunächst auf das Programm, durfte aber auch auf die beiden Künstlerinnen übertragen werden. Die Geigerin Nanette Schmidt und die Pianistin Annette Volkamer begeisterten am Samstag in der Ludwigskapelle das Publikum mit ihrem leidenschaftlichen Spiel.

Zu hören gab es in der Tat großartige Stücke der Violin-Klavier-Literatur: zwei Sonaten von Beethoven und Franck sowie die Suite von Benjamin Britten. Beide Musikerinnen kommen aus der Pfalz. Schmidt war schon mehrfach in Wachenheim zu Gast. Sie ist, gemeinsam mit ihren Brüdern Sebastian und Bernhard Schmidt sowie dem Bratschisten Roland Glassl, Mitglied des Mandelring-Quartetts und stammt aus Neustadt, wo das weltweit renommierte Streichquartett immer noch seinen Sitz hat. Volkamer ist in Frankenthal geboren, hat an der Mannheimer Musikhochschule studiert und ist vielfache Preisträgerin nationaler und internationaler Wettbewerbe. Sie konzertiert solistisch oder mit renommierten Orchestern aus ganz Europa und ist Dozentin an der Musikhochschule Mannheim. Zusammen bilden die beiden seit Jahren ein Duo, das sich durch leidenschaftliche Interpretationen und ein bestens aufeinander abgestimmtes Zusammenspiel auszeichnet. Sie starteten mit Beethoven. Aus der Gruppe der drei Sonaten opus 30 präsentierten sie die düster-dramatische zweite im typisch Beethoven′schen c-Moll. Sie enthält weniger figurenreiches Spielwerk als die dritte, ist aber nicht minder virtuos und sozusagen die Appassionata unter Beethovens Violinsonaten. Die beiden Musikerinnen spielten sie mit der größten Intensität und Spannung. Der unbedingte Wille auch zur adäquaten formalen Ausgestaltung war – wie auch bei den anderen Werken des Abends – immer deutlich spürbar. Als entrücktes Nachtstück legte Schmidt das Adagio an, spielte die bewegten Sätze voller Temperament stets auf eine Steigerung hin zur jeweiligen Satz-Coda ausgerichtet. Volkamer setzte am Flügel markante und nachdrückliche Akzente. Einziger Kritikpunkt: Das Klavier war gelegentlich etwas zu dominant. Danach kam eine Rarität aus dem 20. Jahrhundert: die Suite op. 6 von Benjamin Britten in der ursprünglichen viersätzigen Fassung. Stilistisch verbindet Britten hier neoklassizistische und impressionistische Einflüsse zu einem eigenen Tonfall. Der erste Satz ist ein Marsch, aber in rhythmisch verquere Klangfiguren von fast webernschem Pointilismus aufgelöst, so dass kein Soldat danach marschieren könnte, sondern über die eigenen Füße stolpern würde – ein klares Bekenntnis des Pazifisten Britten. Die übrigen Sätze sind zugänglicher: das muntere Moto perpetuo, das kühl-versonnene Wiegenlied und der klangmächtige Walzer. Brittens Suite erfordert nicht nur technische Virtuosität und Perfektion im Zusammenspiel, sondern auch höchste Konzentration und Präsenz – beides wurde von den Musikerinnen in höchstem Maße geboten. Nach Klassik und Neoklassizismus stand im zweiten Teil die große romantische Geste bei der Violinsonate A-Dur von César Franck, dem kammermusikalischen Werk des Wahlfranzosen wallonisch-deutscher Herkunft, im Mittelpunkt. Franck verbindet hier Gefühl und Leidenschaft seines deutschen Erbes mit französischer Eleganz und Noblesse. Schmidt legte viel Einsatz hinein, glänzte mit einem ebenso warmen wie feinen Violinton, spielte mit höchstem Nachdruck. Volkamer war ihr eine ebenbürtige Partnerin, überzeugte mit schöner Anschlagskultur. Die Damen lieferten eine klangopulente, mitreißende Wiedergabe, die das Publikum zu enthusiastischem Applaus samt „Bravo“-Rufen animierte. Als Zugabe gab es eine herrlich entspannende Mazurka, einen polnischen Tanz, der Engländerin Amy Beach.

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