Bad Dürkheim Am Rande: Diakon in der Betzenkammer

Wachenheim lag damals [im 16./17. Jahrhundert] zwischen dem katholischen Gebiet des Bistums Speyer im Süden (Forst) und der lutherischen Grafschaft Leiningen im Norden (Dürkheim). Die Wachenheimer waren als Untertanen des pfälzischen Kurfürsten reformiert. Zwischen den beiden protestantischen Konfessionen bestand kein gutes Verhältnis. (...) So konnte es nicht ausbleiben, dass dem reformierten Diakon von Wachenheim aus seiner pfarramtlichen Tätigkeit in den an das leiningische Gebiet anschließenden Orten Seebach und Grethen Schwierigkeiten erwuchsen. Als er Ende des Jahres 1616 einem alten Mann aus Dürkheim, der in Seebach im Sterben lag, das Abendmahl nach reformierter Weise spendete, betrachtete der Hartenburger Graf dies als Eingriff in seine Rechte. Dem Verstorbenen wurden beim Begräbnis in Dürkheim Geläute, Predigt und Gesang versagt und die Angehörigen mit 30 Talern Strafgeld belegt. Diese Sache machte den Wachenheimern schwer zu schaffen. Es fiel ihnen ein, dass einige Jahre (!) zuvor der lutherische Diakon Phillip Pistor zwei Schwerkranken von Seebach und dem Klostergut Limburg das Abendmahl in lutherischer Form ausgeteilt hatte, was beim Oberamt in Neustadt und bei der Regierung in Heidelberg als Verstoß gegen die kurpfälzischen Rechte angesehen wurde. Die Wachenheimer warteten auf eine Gelegenheit, wo sie Vergeltung üben konnten. Diese ergab sich während des Georgimarktes 1618, wohin der Diakon Pistor zum Einkauf gekommen war. Dabei wurde er auf „freiem Markt und Kürb“ von der Gasse weg „gewalttätiger Weis“ vom Büttel und von einem Stadtrat ergriffen und zum Rathaus geführt. Dort gab ihm der Schultheiß bekannt, dass man ihn wegen der Seebacher Sache verhaftet habe und dass er nicht eher freigelassen würde, bis er dem Oberamt 120 Taler hinterlegt habe. Fast vier Wochen wurde der Diakon Pistor „mit großem Schimpf und höchster Ungelegenheit“ in der Betzenkammer [Arrestzelle] im Rathaus festgehalten. (...) Schließlich erklärte sich Kurpfalz bereit, den Verhafteten ohne Geldbuße freizugeben, wenn die 1617 bestraften Dürkheimer ihre 30 Taler wieder zurückerhielten. Der Hartenburger Graf war damit einverstanden. Am 17. Mai 1618 unterzeichnete der Kurfürst in Heidelberg den Freilassungsbefehl. Der Diakon durfte nach Dürkheim zurückkehren. (Aus: Fritz Wendel: Geschichte der Stadt Wachenheim, Neuauflage 2015, Seite 182; Wachenheimer Geschichtsblätter, hrsg. von Otto Spangenberger, Heft 4, 1959, Seite 8f.)

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