Bad Dürkheim Dr. Google kann sich täuschen

Dr. Google kann das persönliche Arzt-Patienten-Gespräch nicht ersetzen, sagen Dürkheimer Ärzte. Um Informationen nachzurecherchi
Dr. Google kann das persönliche Arzt-Patienten-Gespräch nicht ersetzen, sagen Dürkheimer Ärzte. Um Informationen nachzurecherchieren, sei das Internet aber hilfreich.

Bad Dürkheimer Ärzte sehen Internetrecherche von Patienten skeptisch.

Das Internet ist wichtiger Teil des täglichen Lebens und oft erste Anlaufstelle auf der Suche nach Informationen jeglicher Art. Das betrifft auch die Medizin. Nach Auskunft Dürkheimer Ärzte informieren sich Patienten immer öfter im Vorfeld online. Das sei zwar grundsätzlich nicht verkehrt, berge aber auch Gefahren – nämlich dann, wenn die Suchenden nicht einordnen können, was sie finden, heißt es vonseiten der Mediziner.

"Im richtigen Rahmen ganz positiv"

„Die Leute sind ja nicht hinterm Mond zu Hause“, sagt Allgemeinmediziner Hubert Baumann auf Nachfrage. Viele Patienten informierten sich online, googelten beispielsweise Symptome. „Das ist ein zweischneidiges Schwert“, meint Baumann. „Es ist sinnvoll, einen Arzt zu konsultieren.“ Als Suchender stoße man im Internet auf eine riesige Fülle an Informationen, die nicht jeder bewerten könne. Es bestehe die Gefahr, dass jemand aufgrund falsch eingeordneter Informationen unnötig „in Panik verfällt“ und sich mehr um seine vermeintlich angeschlagene Gesundheit sorgt als notwendig. „Aber im richtigen Rahmen sehe ich Dr. Google ganz positiv“, sagt Baumann.

Das Netz hilft auch Ärzten

So mancher käme allerdings mit vorgefertigter Meinung, einer ergoogelten Diagnose und sogar Vorschlägen zur Behandlung in seine Praxis. „Da muss sich der Arzt manchmal erwehren.“ Es gelte dann, sich mit dem Patienten zusammenzusetzen, Fragen zu beantworten und Sachverhalte richtig zu stellen. Er habe es noch nicht erlebt, dass ein Patient dann die Meinung des Facharztes anhand von Internet-Informationen anzweifelt. „Diese Schwierigkeit sehe ich nicht.“ Tatsächlich finde er das Internet selbst hilfreich, etwa wenn der Arzt einem Patienten einen Zusammenhang erklären will. Viele Quellen seien fundiert, und man könne sie verwenden, um dem Patienten etwas in Kürze zu erläutern. Auch moderne Mittel wie Apps oder Smartwatches, mit deren Hilfe ein Patient seine Werte oder die Anzahl seiner täglichen Schritte im Auge behalten kann, hält der Dürkheimer Arzt für sinnvoll: „Wenn sie anfangen zu messen, dann machen viele Leute mehr.“

Ergoogelte Diagnosen zu 90 Prozent falsch

Ärztin Kathrin Wehner kennt Patienten, die mit vorgefasster Meinung zum Arzt kommen: Manche besuchten die Praxis, „meinen, sie wissen alles und wollen den Arzt aufklären“. Tatsächlich liege der Patient mit seiner ergoogelten Diagnose in 90 Prozent der Fälle falsch. Mancher glaube, seine Kopfschmerzen müssten von einem Hirntumor stammen. „Einen Hirntumor habe ich hier alle zehn Jahre mal, Kopfschmerzen wegen Bluthochdrucks jede Woche“, erklärt Wehner. Doch es komme immer wieder vor, dass ein Patient glaubt, er könne „durch 20 Minuten googlen unsere 20, 25 Jahre Berufserfahrung ersetzen“. Das falsche Interpretieren von Informationen aus dem Internet könne Patienten ohne Not ängstigen, und den Arzt koste das Zeit, denn er müsse den Laien erst von dem Missverständnis abbringen. „Am Ablauf ändert das aber nichts.“ Der Mediziner mache eine Anamnese, untersuche die Symptome, stelle eine Diagnose und bespreche sie mit dem Kranken.

"Lieber über gesunden Lebensstil informieren"

Der Laie habe in vielen Fällen nicht nur Probleme, die Seriosität einer Internetseite einzuschätzen, er könne auch nicht bewerten, ob die Daten auf dem neuesten Stand der Forschung sind. „Wie sollte er das auch beurteilen?“, fragt Wehner. Im Internet könne man jede Meinung vertreten, so falsch sie auch sein möge. „Dabei fällt das Naheliegendste oft hintenrunter“, so die Erfahrung der Ärztin. Sie halte es für sinnvoller, im Internet Themen wie Ernährung, Sport und Bewegung nachzuschlagen. „Wenn sie sich über einen gesunden Lebensstil informieren würden, das wäre schön.“ „Hier in Wachenheim ist das recht unkompliziert“, meint hingegen Hans Voigt. Nur selten kämen Patienten mit selbst erstellten Diagnosen in seine Praxis. Es gelte immer noch die Meinung des Arztes. „Wenn jemand einen Behandlungsvorschlag hat, der sinnvoll ist,“ berücksichtige er diesen, sagte der Arzt. „Generell ist es so, dass das Internet die Leute mehr verunsichert“, als dass es hilfreich sei.

Selbstständiges Informieren wichtig

„Jeder neuzeitliche Mensch googelt erst mal selbst“, sagt Hausärztin Sibille Jörg. Den Arzt-Besuch hält auch sie für unverzichtbar, gerade auch bei psychischen Problemen. Der Arzt fungiere als Spiegelbild, weise den Patienten im Zweifelsfall auch auf Dinge hin, die dieser nicht sehen will. Der ganzheitliche Ansatz sei wichtig. Doch das selbstständige Informieren sei wichtiger Teil der Eigenverantwortlichkeit. Patienten versuchten, mit dem Arzt auf Augenhöhe zu sprechen, indem sie sich in die Materie einlesen. Ein Arzt sollte seine Patienten nicht von oben herab behandeln, sondern sich die Zeit nehmen, einen Dialog mit ihnen zu führen. Jörg bietet auf ihrem eigenen Internetauftritt einen Link zu einem medizinischen Onlinelexikon an, wo Patienten Begriffe nachschlagen können.

"Jüngere wollen mehr Aufklärung"

Informierte Patienten bedeuteten „für den Arzt eine Erleichterung der Arbeit“, so Michael Egenolf, stellvertretender Ärztlicher Direktor des Evangelischen Krankenhauses in Dürkheim. Beim Arztgespräch werde „klar über Fakten und vorliegende Befunde gesprochen“, betont der Mediziner. „Es wird nicht über Möglichkeiten spekuliert, wie es im Netz oft der Fall ist.“ Nach Egenolfs Erfahrungen lassen sich Patienten in einem offenen Gespräch mit dem Arzt schnell von falsch verstandenen Informationen abbringen. „Ein Arzt-Patienten-Kontakt ist nicht durch Google zu ersetzen.“ Fürs Verständnis bei speziellen Fragestellungen könne die Internetsuche aber hilfreich sein. „Bei der jüngeren Generation ist prinzipiell das Verlangen nach Aufklärung eher gestiegen. Dies bedeutet auch öfters einen höheren Aufwand. Hier wandelt sich das Arzt-Patienten-Gespräch auch generationsabhängig“, erklärt Michael Egenolf.

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