Rheinland-Pfalz Wo Mord auf Mundart trifft: Rheinland-Pfalz als Krimi-Land

Ulrike Folkerts spielt seit 30 Jahren die „Tatort“-Kommissarin Lena Odenthal.
Ulrike Folkerts spielt seit 30 Jahren die »Tatort«-Kommissarin Lena Odenthal. Foto: dpa

„Tatort“-Kommissarin Lena Odenthal ist quasi die Chefermittlerin, aber daneben gibt etliche andere, die sich um regionale Thriller zwischen Bluttat und Blutwurst kümmern.

Eine Blutspur zieht sich quer durch Rheinland-Pfalz, von der Eifel über Ludwigshafen bis Elwenfels. Es wird gemordet, ermittelt und verurteilt – und viele Menschen lesen und schauen das gerne: in den Regionalkrimis des Bundeslandes. Mit 7,74 Millionen Zuschauern war der aktuelle Ludwigshafen-„Tatort“ mit Ulrike Folkerts etwa die meistgesehene Sendung des Tages im deutschen Fernsehen. Und auch bei der jüngsten zehnten Auflage des Krimifestivals „Tatort Eifel“, der Reihe rund um Mord und Totschlag, war die Resonanz zum Jubiläum hoch. Spannung aus der Region boomt.

Besonders bunt ist es in Ludwigshafen nicht

Warum ist das so? Was den Ludwigshafener „Tatort“ betreffe, meint SWR-Redaktionsleiter Ulrich Herrmann, sei die TV-Reihe großstädtisch und urban. „Eine deutsche Industrie- und Arbeiterkulisse, die es in dieser Form vielleicht nur noch im Ruhrgebiet gibt. Das macht die „Tatorte“ dort mitunter ein wenig nostalgisch – so befremdlich das klingen mag“, sagt er. Der Ausschnitt sei eng, provinziell. „Menschen agieren in ihrem verlässlicheren Planquadrat, sie sind fassbar.“ Im „Tatort“ aus der zweitgrößten Stadt in Rheinland-Pfalz ließen sich alle Spannbreiten an Kapitalverbrechen unterbringen, meint Herrmann. „Aber eben in der besonderen Ludwigshafener Färbung mit ihren Grau-, Grün- und Brauntönen. Besonders bunt ist es dort also nicht.“ Die Menschen würden ihren eigenen, etwas vergessenen Planeten zwischen Rhein, BASF und entleerten Arbeitervorstädten bewohnen. Der SWR-Redaktionsleiter sieht Erinnerungen an das längst verflossene Industriezeitalter. „Home of Nowhere, aber im coolen Sinn.“

Klischees voll mit echtem Leben

„Ich glaube, dass Krimis überall funktionieren – sogar am Nordpol“, meint Comedian Christian „Chako“ Habekost. Zusammen mit seiner Frau Britta hat er bereits drei Bände über das fiktive Pfälzer Dorf Elwenfels und den Hamburger Ermittler Carlos Herb veröffentlicht. Bei den Habekosts trifft Mord auf Mundart, es sind Thriller zwischen Bluttat und Blutwurst. „Unsere Fans haben besonderen Spaß, weil wir den Klischees ein solches echtes Leben einhauchen, dass die Pfalz und ihre Besonderheiten zur eigenen, die Story tragenden Figur werden - ohne die die Handlung gar nicht möglich wäre“, meint Britta Habekost.

Was macht einen guten Regionalkrimi aus?

Manchmal sei das Prädikat „Regionalkrimi“ aber Etikettenschwindel oder fast ein literarisches Schimpfwort, meint die Autorin. „Die Regionalität wird bestenfalls auf eine belustigende Kulisse reduziert. Es wird auf den üblichen Stereotypen herum gehauen, statt mit ihnen zu spielen.“ Ein guter Regionalkrimi – oder Heimatkrimi – müsse so gebaut sein muss, dass er nur in genau dieser Region spielen kann. „Nirgendwo sonst“, betont Christian Habekost.

Trauerfeier für Kohl als Krimi-Kulisse

Auch Uwe Ittensohn setzt auf hohe Authentizität. Für seinen Krimi „Requiem für einen Kanzler“ hat der Autor aus Landau ein Ereignis der Zeitgeschichte gewählt: die Trauerfeier für Helmut Kohl 2017 im Dom zu Speyer. Ittensohn webt um das Großereignis ein Netz aus internationalem Terrorismus und regionalen Eigenheiten. „Die Handlung ist Fiktion, aber der Rahmen – das Requiem – ist fast so scharf wie ein Foto“, sagt der 54-Jährige, der hauptberuflich als Banker in Mannheim arbeitet. Sein nächster Regionalkrimi „Abendmahl für einen Mörder“ spielt ebenfalls in Speyer und erscheint im Februar 2020.

Krimi als Ergänzung zum Reiseführer

„Ich liebe es, im Urlaub Regionalkrimis zu lesen und daraus mehr über die Gegend zu erfahren, in der ich bin“, erzählt Ittensohn. Die Schilderungen von Mentalität und Tradition seien eine gute Ergänzung zum Reiseführer. „Ein total ausgedachter Ort für einen Heimatkrimi ist für mich hingegen eine vertane Chance. Unsere Region bietet doch so viele reale Kulissen, ob Industrie oder Natur“, meint er. Letzten Endes sei ein Regionalkrimi immer auch ein wenig Werbung für ein Gebiet. „Ein gutes Buch macht Lust auf einen Besuch“, sagt Ittensohn und schmunzelt. „Der Leser weiß schon, dass ihm nichts passiert.“

Chako und Britta Habekost.
Chako und Britta Habekost. Foto: Annette Mücke/frei
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