Rheinland-Pfalz Wenn die Wahlplakate fast bis in den Himmel wachsen

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„Eine störende Häufung von Werbeanlagen ist unzulässig.“ So steht es in der Landesbauordnung. Aber was ist „störend“? Und was ist eine „Häufung“? Der anlaufende Kommunal- und Europawahlkampf liefert dafür anschauliche Beispiele.

Da werden, wie beispielsweise in Landau, Laternenmasten bis zur Spitze mit Wahlplakaten zugepflastert. Jede Wette: Gäbe es hundert Meter hohe Laternenmasten, wären auch die bis oben hin mit Wahlwerbung zugehängt. Wenn das keine Häufung ist. Köpfe über Köpfe – und doch kopflos.

Laternenmast-Plakatgewitter

Möglicherweise werden die um Wähler rangelnden Parteien aber jetzt argumentieren, dass ihre Plakate gar keine „Werbeanlagen“ sind – sondern wertvolle Beiträge zur politischen Willensbildung. Geschenkt. Denn die Parteien müssen sich fragen lassen, was ein solches Laternenmast-Plakatgewitter eigentlich bewirken soll. Wer als Autofahrer tatsächlich versucht, beim Vorbeifahren abbremsend einen Teil der Botschaften und Gesichter zu betrachten, lebt gefährlich: Er riskiert einen Auffahrunfall, wenn nicht mehr. Übernehmen die Plakatkleber dafür die Haftung? Sicher nicht. Also werden die meisten Autofahrer vernünftigerweise auf den Verkehr achten und den Plakatwildwuchs ausblenden – das Ganze ist also für die Parteien rausgeworfenes Geld. Das juckt sie freilich wenig, denn am Ende kommt für diesen Irrsinn ja der Steuerzahler im Zuge der Wahlkampfkostenerstattung auf.

Mutige Entscheidung der Grünen

Nicht nur deshalb ist es ein mutiges Zeichen, das jetzt die Grünen im Kreis Kusel gesetzt haben. Sie verzichten diesmal komplett auf Wahlplakate: „Wir sollten nicht für Klimaschutz, Ressourcenschutz und gegen Plastikmüll argumentieren und gleichzeitig Plastikplakate oder kunststoffbeschichtete Pappplakate aufhängen.“ In der Berliner Parteizentrale kommt der Beschluss indes nicht allzu gut an. Auch wenn der Wahlkampf heute stärker im Internet stattfinde, seien Plakate „unverzichtbar“, sagte Grünen-Wahlkampfmanager Michael Kellner: „Mit Plakaten ist man sichtbar im öffentlichen Raum präsent und signalisiert, dass man und für was man gewählt werden möchte.“ Daran sieht man, wie weit sich manche Berliner Politiker vom Alltag entfernt haben. Denn Wahlplakat-Laternensäulen, die fast bis in den Himmel reichen, signalisieren nur eines: Einfallslosigkeit. Ein Plakat, das die Grünen beispielsweise aufhängen, versprüht die Botschaft: „Hier ist Vielfalt Zuhause“. Nur in klitzekleiner Schrift ist zu lesen: „Grün wählen“. Wer das tatsächlich erkennen will, muss sein Auto parken, zum Mast laufen – und notfalls sogar hochklettern. Das wäre dann freilich ein – wenn auch eher unpolitischer – Anstoß: zu mehr Bewegung!

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