Rheinland-Pfalz Radschnellwege: Land droht Anschluss zu verlieren

Radschnellweg bei Göttingen.
Radschnellweg bei Göttingen.

Alles andere als schnell: Wenn in der Politik etwas auf die lange Bank geschoben werden soll, dann gründet man einen Arbeitskreis. Oder man gibt eine Machbarkeitsstudie in Auftrag. Oder man beschließt die Aktualisierung einer Studie. Mit dieser Taktik wird in Rheinland-Pfalz das Thema „Radschnellwege“ angegangen.

2014 kam eine „Potenzialbetrachtung Radschnellverbindungen Rheinland-Pfalz“ auf den Tisch, die der Landesbetrieb Mobilität (Koblenz) in Auftrag gegeben hatte. Die Studie machte landesweit sieben „Korridore“ aus, in denen die „Machbarkeit von Radschnellverbindungen vertiefend geprüft werden sollte“: •Mainz-Ingelheim-Bingen •Koblenz bis Neuwied und Boppard •Oberrhein zwischen Karlsruhe/Wörth und Worms mit den Oberzentren Ludwigshafen/Mannheim und den Mittelzentren Frankenthal, Schifferstadt, Speyer, Germersheim, Herxheim und Kandel •Kaiserslautern-Landstuhl mit Ramstein-Miesenbach •Trier-Konz •Remagen/Linz bis Bonn •Landau-Neustadt über Edenkoben Vier Jahre nach Vorlage dieser Studie erkundigte sich die Grünen-Landtagsabgeordnete Jutta Blatzheim-Roegler beim Mainzer Verkehrsministerium nach dem Stand der Dinge. Ergebnis: Von den sieben Korridoren bearbeitet das Land „vorerst“ drei „mit oberster Priorität“ weiter. Das sind die Achsen Mainz-Ingelheim-Bingen, Trier-Konz und Karlsruhe/Wörth-Worms. Die dabei gesammelten Erfahrungen sollen dann bei den anderen vier Projekten „zur Anwendung kommen“.

Studie soll aktualisiert werden

„Oberste Priorität“ heißt für das Verkehrsministerium, sich mit Machbarkeitsstudien den Radschnellwegen langsam weiter anzunähern. Für die angedachte Trasse am Oberrhein hat das Ministerium inzwischen skizziert, wie es vorgehen will: Man habe die Absicht, zunächst eine bereits vorhandene Machbarkeitsstudie für den Abschnitt Mannheim/Ludwigshafen – Schifferstadt zu aktualisieren. „Nachfolgend sollen auch die Räume nördlich bis Worms und südlich bis Wörth/Karlsruhe untersucht werden“. Und weiter: „Erst nach dem Vorliegen der Untersuchungsergebnisse kann über weitere planerische Schritte zur möglichen Umsetzung entschieden werden.“ So dürften weitere vier Jahre ins Land gehen. Zugegeben: Bei einem Radschnellweg geht es nicht darum, einfach nur eine weiße Linie auf die Straße zu pinseln. Er soll vielmehr von den übrigen Verkehrsströmen getrennt verlaufen, weitgehend kreuzungsfrei sein, in zwei Richtungen befahrbar sein und deshalb eine ausreichende Breite von mindestens drei Metern haben. Andererseits: Solch ein Radschnellweg ist keine Autobahn und kein Müllheizkraftwerk, gegen deren Bau Anwohner wegen befürchteter Lärmbelästigung und Immissionen oft so lange vorgehen, bis Planungsstillstand droht.

Nachbarn preschen voran 

Baden-Württemberg ist in Sachen Radschnellweg energischer unterwegs. Vergangene Woche gab es für die Verbindung Heidelberg-Mannheim eine Kick-Off-Veranstaltung. Die Verbindung sei „ein Leuchtturmprojekt des Landes“, sagt das planende Regierungspräsidium Karlsruhe. Drei Trassenvarianten stehen zur Auswahl, eine Entscheidung soll 2019 fallen; 2020 könnte mit dem Bau begonnen werden. Da steckt Rheinland-Pfalz wahrscheinlich noch mitten in den Aktualisierungen bereits vorliegender Machbarkeitsstudien. Dabei drängt die Zeit. Wohl 2021 beginnt in Ludwigshafen der auf acht Jahre angelegte Abriss der Hochstraße Nord. Zuvor muss noch die Hochstraße Süd saniert werden. Es droht ein Jahrzehnt lang der Verkehrskollaps in der Rhein-Neckar-Region. Mannheim hat täglich rund 48.000 Auspendler, ihr wichtigstes Ziel ist Ludwigshafen. Dem stehen rund 112.000 Einpendler gegenüber. In Ludwigshafen brechen täglich rund 32.300 Arbeitnehmer auf, die außerhalb der Stadt beschäftigt sind – Hauptziel für sie ist Mannheim. Anderseits fahren rund 70.200 Menschen von außerhalb nach Ludwigshafen, um dort zu arbeiten. Angesichts solcher Pendlerströme wäre ein Radschnellweg, der tatsächlich die Zentren in der Metropolregion Rhein-Neckar verbindet, ein Baustein, um das wegen des Hochstraßen-Abrisses drohende Verkehrschaos zu bekämpfen. Rheinland-Pfalz müsste dazu aber bei seinen Planungen gehörig aufs Tempo drücken.

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