Rheinland-Pfalz Der richtige Blubber im Dubbeglas

Schorlewasser-Probe im Dubbeglas mit zwölf verschiedenen Mineralwässern (von links): Sommelière Inge Löchel, RHEINPFALZ-Redakteu
Schorlewasser-Probe im Dubbeglas mit zwölf verschiedenen Mineralwässern (von links): Sommelière Inge Löchel, RHEINPFALZ-Redakteur Rolf Schlicher und Sensorik-Experte Steffen Michler.

«Neustadt». „Das ist so eine richtig spitze Kohlensäure, wie ein Stecknadelpiksen, das aber gleich wieder weg ist“, sagt Inge Löchel. Seit einer halben Stunde bereits probiert die Sommelière und Wirtin von Neustadts ältester Weinstube „Zur Herberge“ verschiedene Mineralwässer. Der zweite Experte beim RHEINPFALZ-Schorlewasser-Test ist der Bad Dürkheimer Sensorik-Fachmann Steffen Michler, ein promovierter Sinnesphysiologe und ausgewiesener Weinkenner. Verkostet werden zwölf Mineralwässer aus Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Hessen. Zufällig ausgewählt in einem gut sortierten Getränkeladen und alle „Classic“ beziehungsweise „spritzig“. Also laut Etikett mit viel Blubber und damit schorlefähig. Probiert werden die Wässer erst pur, danach mit zwei verschiedenen Rieslingen. Und natürlich im Original Pfälzer Dubbeglas. Doch bis nach zwei Stunden ein Favorit gekürt werden kann, müssen zunächst drei wichtige Fragen geklärt werden. Was ist eine gute Schorle? „Sie muss frisch sein“, sagt Inge Löchel. „Und eiskalt“, ergänzt Steffen Michler. Darüber sind sich die beiden einig. Die Schorle müsse fruchtig und gut in großen Schlucken trinkbar sein, meint Löchel: „Wenn die Kohlensäure schäumt, dann verschluckst Du Dich und bekommst einen Knoten in den Hals.“ Damit ist schon eine erste Anforderung genannt. Was ist die beste Mischung? Das sei am Ende einfach eine Frage des Typs, sagt Michler. Er persönlich bevorzuge eher halb und halb. Die Beobachtung des Experten: Wer nie Wein pur trinke, bevorzuge meist die dickere, fettere Schorle. Inge Löchel sieht es pragmatisch: „In der Pfalz wird die Schorle doch oft statt einem Weizenbier gegen den Durst getrunken.“ Auch sie ist also eher für ein moderates Mischungsverhältnis. Welcher Wein passt? Der Standard einer Schorle sei eine trockene Rieslingschorle, sagt Michler. Und für ihn ganz wichtig: „In die Schorle darf kein alter Wein.“ Inge Löchel stimmt da sofort zu; es müsse ein junger, spritziger Wein sein, der Frucht und Säure hat: „Sonst wird die Schorle läppisch und flach.“ Und Steffen Michler weist noch auf eine Besonderheit hin: „Das Kuriose ist, dass das Wasser eigentlich nicht verdünnt, sondern verstärkt.“ Negative Eigenschaften im Wein wie beispielsweise Kork, Firnis oder andere Fehltöne kämen in einer Schorle deshalb sogar deutlicher zur Geltung. Erster Durchgang: Wasser pur Mineralwasser ist nicht gleich Mineralwasser, das macht dieser erste Durchlauf klar. Probiert werden die Sprudel zunächst pur. „Selters Classic“ ist eher salzig, aufgrund seines hohen Natriumgehalts nicht verwunderlich. „Rosbacher Classic“ etwas süßlich, was am hohen Magnesium-Gehalt liegt. Später wird sich zeigen: ein trockener Wein wirkt deshalb mit diesem Mineralwasser fast halbtrocken. „Bergquelle Classic“ ist ein an Pfälzer Wein-Ausschankstellen gerne verwendetes Mineralwasser: „Es hat eine lange im Mund bleibende, straffe Kohlensäure“, meint Löchel nach dem ersten Schluck. Doch wie wirkt sich das alles später auf die Schorle aus? Das größte Rätsel ist für die beiden Experten dabei „Peterstaler Classic“. „Das ist so leicht und trinkt sich sehr schön“, sagt Michler. Was an der feinen Struktur der Kohlensäure liegt. Beide Experten fragen sich aber: Wird diese zarte Kohlensäure später in der Schorle zusammenfallen? Zweiter Durchgang: Riesling-Zeit Getestet wird mit zwei Rieslingen: einem kernigen Forster, dann zusätzlich mit einem filigraneren Bad Dürkheimer – beide natürlich trocken. Jetzt spielen zwei Aspekte eine wichtige Rolle: der Mineralstoffgehalt, der die Säure im Wein neutralisieren kann und natürlich die Ausprägung der Kohlensäure. Das eine zeigt sich gleich bei der Selters-Schorle: „Der Wein verliert wegen des Salzes extrem an Frucht“, findet Löchel. Beim „Peterstaler“ dann eine erste Überraschung: „Sehr präsente Kohlensäure, sehr fein verteilt“, urteilt Michler: „Deutlich stärker als ich das erwartet hätte.“ Weiter geht es unter anderem mit „Odenwald Quelle Classic“, „Kelten Classic“, „Teinacher Classic“. Dabei wird deutlich: Was als Wasser pur zur Weinbegleitung schmeichelt, ist nicht automatisch auch ein perfektes Schorlewasser. Das gilt beispielsweise für „Teinacher“. Dann eine weitere Erkenntnis: Es gibt Mineralwässer, die unterschiedlich gut zu den verschiedenen Mischungsverhältnissen passen. „Hunsrück Classic“ kommt feinperlig daher und lässt dem Wein aufgrund seiner Neutralität die Fruchtigkeit. Michler: „Das ist so ein klassisches Wasser, wenn man die Schorle eher dünn trinkt.“ Anders die „Bergquelle“. Die Verkoster: „Sehr spritzig, sehr aggressive Kohlensäure, also das Wasser für eine fette Schorle.“ Denn in einer dünnen Schorle werde mit diesem Wasser auch aufgrund der Salzigkeit der Wein „nach hinten“ gedrückt. Das Finale: Die passende Balance In die Endrunde kommen schließlich neben „Bergquelle“ und „Peterstaler“ auch „Nassauer Land Classic“ und „Elisabethen Quelle Classic“. Das „Nassauer“-Wasser hat sich schon in den Vorrunden gut gehalten, jetzt heißt es: „Es macht die Schorle schön frisch, weil die Säure bleibt.“ „Die Elisabethen Quelle“ war bei der Wasserpur-Probe nicht sonderlich aufgefallen: „Mild, wenig Eigengeschmack“, urteilten die Verkoster. Doch unter Schorle-Bedingungen wird genau dies zu Stärken. Löchel: „Mein Favorit ist Elisabethen Quelle, weil sie erstaunlich rund ist, die Charakteristika der zwei Rieslinge kommen zu hundert Prozent heraus und die Schorle hat trotzdem diese angenehme Spritzigkeit und Frische.“ Genauso sieht es Michler: Dieses Mineralwasser lasse dem Wein sehr viel Platz. Und nicht nur das: „Es hat Dampf, hat Kohlensäure und tut nicht weh im Mund.“ Als Schorlewasser landet bei dieser – sicherlich nicht repräsentativen – Verkostung deshalb „Elisabethen Quelle“ auf Platz 1, dahinter „Nassauer Land“ und „Peterstaler“. Die „Bergquelle“ muss sich in der Finalrunde geschlagen geben. Die beiden Experten: „Zu viel Dominanz, zu viel Eigengeschmack.“ RHEINPFALZ-Redakteur Rolf Schlicher, der mitprobiert hat, zieht am Ende ein Fazit: Eine Riesling-Schorle brauche Balance – und den richtig dosierten Blubber.

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