Rheinland-Pfalz Demenzkranke Ehefrau getötet - Haftstrafe für 86-jährigen Speyerer

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Weil er seine demenzkranke Ehefrau mit einer Plastiktüte erstickt hat, ist der 86 Jahre alte Ehemann wegen Totschlags in einem minderschweren Fall zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Das Landgericht im pfälzischen Frankenthal sprach am Dienstag von einem tragischen Fall und einer familiären Tragödie. Durch die intensive Pflege der 83-Jährigen sei der Angeklagte in den vergangenen Jahren zunehmend überarbeitet gewesen, urteilten die Richter. Der Mann, der die deutsche Staatsangehörigkeit hat, hatte seiner Frau im Januar 2019 zunächst mindestens sechs Schlaftabletten gegeben und dann eine Plastiktüte um ihren Kopf befestigt. Er wollte sich danach auf die gleiche Weise töten, wurde aber von seinem Sohn rechtzeitig gefunden. Die Staatsanwaltschaft hatte 3 Jahre und 3 Monate gefordert. Die Verteidigung hatte sich für eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren ausgesprochen. Zuvor hatte im Prozess der Angeklagte aus Speyer die Tötung seiner demenzkranken Ehefrau mit Mitleid begründet. Er habe befürchtet, dass die 83-Jährige nach einer möglichen Verlegung in ein Seniorenzentrum nicht die gleiche liebevolle Pflege erhalten hätte wie in den vergangenen Jahren in der gemeinsamen Wohnung, hieß es in einer am Dienstag vom Verteidiger des Beschuldigten verlesenen Erklärung vor dem Landgericht Frankenthal.

Gegenseitig versprochen, selbstbestimmt zu gehen

Er habe daher im Januar 2019 seiner Frau Schlaftabletten verabreicht und eine Plastiktüte um ihren Kopf befestigt. Die Frau erstickte den Ermittlungen zufolge. Danach habe er sich auf gleiche Weise töten wollen, sagte der Angeklagte, der deutscher Staatsangehöriger ist. Er schrieb auf einen Abschiedsbrief «Ich spende alles, was brauchbar ist» und lehnte die Wohnungstür an, um den Zugang zu erleichtern. Der Angeklagte konnte aber gerettet werden, weil sein Sohn ihn entdeckte und die Tüte nicht ganz über Mund und Nase reichte. Das seit 1954 verheiratete Paar habe sich schon vor vielen Jahren gegenseitig versprochen, selbstbestimmt aus dem Leben zu scheiden, falls ein würdiges Dasein nicht möglich sei, sagte der Angeklagte. «Ich wollte, dass sie friedlich einschläft und mich hinterher selbst töten.» Der 86-Jährige hatte seine Frau vor allem in den vergangenen zwei Jahren intensiv gepflegt und trotz schwindender eigener Kräfte die Wohnung umgestaltet - etwa durch eine Art Flaschenzug am Bett. «Meine Frau sollte ein Zuhause haben und nicht bei fremden Leuten sein und die Wand anstarren, und niemand fragt, wie es ihr geht.»

"ich schaffe es nicht mehr"

Der Angeklagte war auf einen Rollator gestützt in den Gerichtssaal gekommen. Mehrfach musste er um Wiederholung einer Frage bitten, da er schlecht höre. Insgesamt wirkte er zwar geschwächt, er folgte der Verhandlung aber dem Vernehmen nach aufmerksam. In den fünf Monaten seit der Tat habe er auch durch die intensive Betreuung im Justizkrankenhaus neuen Lebensmut gefasst, sagte der Beschuldigte. Als Zeuge wurde unter anderem der 64 Jahre alte Sohn gehört. Sein Vater habe sich sehr um die Pflege der Mutter bemüht, sagte er. «Ich schaffe es nicht mehr», habe er aber zu Jahresbeginn gesagt. Man habe sich gemeinsam ein Seniorenzentrum angeschaut, in dem Platz für die Eltern gewesen wäre. «Mein Vater wollte keinesfalls, dass fremde Personen meine Mutter pflegen», sagte der Sohn. Vor der Tat habe er zum Vater ein normales Verhältnis gehabt. «Und aktuell?», wollte das Gericht wissen. «Das möchte ich nicht beantworten», sagte der Sohn. Die Tat sei juristisch nicht zu akzeptieren, aber kein Ausdruck von Menschenverachtung, sagte der Verteidiger. In den vergangenen zwei Jahren habe der Angeklagte seine Frau tagtäglich gepflegt. «Jeder kann sich vorstellen, was das für ein Kraftaufwand war, auch mental.» Die Tat sei aus Verzweiflung geschehen. «Er sah seine Frau leiden und wollte sie befreien - wie vor Jahren besprochen.»

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