Rheinland-Pfalz Auf der Durchreise

«Kaiserslautern/Mainz.» Der Frühling nähert sich und Vogelfreunde in Rheinland-Pfalz und Hessen können sich auf ein Naturschauspiel am Himmel freuen: Experten erwarten die Rückkehr Tausender Kraniche. Die Pfalz gehört üblicherweise zu dem Korridor, den die Kraniche für ihren Flug aus ihren Winterquartieren im Süden zurück in ihre Heimat Skandinavien nutzen.

Ab dieser Woche könne es „wieder Massenflugtage geben“, sagt der Biologe Berthold Langenhorst vom Naturschutzbund (Nabu) Hessen. „Schon seit Januar sind an wärmeren Tagen Kraniche aus dem Süden zurückgekommen. Das ist ähnlich wie bei den Badetouristen mit ihren Handtüchern und Liegestühlen: Wer zuerst zurückkehrt, bekommt die besten Brutplätze.“ Im Gegensatz zum Herbstzug verlaufe der Frühjahrs-Rückzug zügiger und vor allem ruhiger, und dadurch auch etwas unauffälliger, sagt der Kaiserslauterer Ornithologe Hans-Wolfgang Helb. Denn nun seien die letztjährigen, noch unerfahrenen Jungvögel über den Winter schon älter und erfahrener geworden und ordneten sich dem Zuggeschehen problemloser unter. Beim Herbstzug gen Süden und jetzt auch beim Rückflug führt die Hauptroute dieser Zugvögel über Rheinland-Pfalz und Hessen. Die Pfalz liege dabei mitten im „Zugband der Kraniche“, sagt Helb, das der promovierte Biologe zwischen Belgien und Schwarzwald verortet. Wo genau in Rheinland-Pfalz der Kranichflug zu beobachten sein wird, lasse sich freilich nicht vorhersagen, meint Kerstin Schnücker, Sprecherin des Nabu Rheinland-Pfalz. Dies hänge unter anderem von den Kleinwetterlagen ab. Dazu gebe es in Rheinland-Pfalz keine festen Rastplätze, die von den Vögeln auf dem Rückflug angesteuert werden. Aktuell gesammelt werden für Deutschland die Zugmeldungen zur Kranichrückkehr vom Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA) auf dessen Webseite www.ornitho.de. Bis gestern lagen für dieses Jahr bereits über 10.250 Meldungen vor, darunter auch etliche aus der Westpfalz. Überinterpretieren kann man diese Angaben allerdings nicht: In der Pfalz gibt es beispielsweise deutlich weniger DDA-Vogelbeobachter als im Saarland oder in Nordbaden und Südhessen. Insgesamt werden in der Luft über den beiden Bundesländern laut Langenhorst in den nächsten Tagen mehr als 200.000 Kraniche erwartet. Die laut trompetenden Vögel gelten als Glückssymbole und fliegen hoch oben in auffälligen V-Formationen von 60 bis 200 Tieren. Dabei macht sich nach Einschätzung von Biologen der Klimawandel bemerkbar. „Die Kraniche fliegen ungefähr zehn Tage später in den Süden und kommen ungefähr zehn Tage früher zurück als vor 30 Jahren“, sagte Langenhorst. „Irgendwann wird dieser Vogelzug nicht mehr so stattfinden wie heute.“ Die Kälte selbst mache Kranichen nichts aus. „Sie haben dickes Gefieder und können das aufplustern.“ Entscheidend sei, ob der Boden gefriere - dann könnten die Vögel nicht mehr genügend Fressen finden. Wegen der milderen Winter ziehen laut Langenhorst nicht mehr alle Kraniche bis nach Spanien und Portugal. „Viele bleiben am Marne-Stausee (Lac du Der-Chantecoq) in Nordfrankreich, wenn es dort mild genug ist.“ Manche Kraniche wagen sich nach Worten des Nabu-Biologen schon sehr früh wieder in den Norden. „Wenn es dort zu kühl wird, kommen sie wieder zurück und warten erst ab, bevor sie erneut in den Norden fliegen.“ Dieses Hin und Her sei nicht so selten. Dass die Kraniche in einer V-Formation mit zum Teil ungleichen Schenkeln fliegen, erklärt Hans-Wolfgang Helb so: „Hier übernehmen erfahrene Tiere, die sich im Flug auch immer wieder untereinander ablösen, die Pole-Position. Schwächere und Jungtiere fliegen in den Schenkellinien und profitieren von den dort herrschenden Energie-Ersparnissen des Formationsfluges.“ Die Kranich-Züge würden immer wieder fälschlicherweise mit dem unpräzisen Begriff der „Wildgänse“ belegt, die in unserer Region aber überhaupt keine Rolle spielten, sagt Helb, der von 2006 bis 2015 Präsident der Naturschutz-Organisation Pollichia war. Den jüngsten Zug der Kraniche in ihre Winterquartiere hat Helb aus seinen Beobachtungen in der Westpfalz noch bestens in Erinnerung: „Das Zuggeschehen war Ende 2017 besonders auffällig: Nicht nur in den dämmrigen Abendstunden und auch nachts ließen sich die dahingleitenden Formationen durch sonore Flugrufe wie ,gro’ und ,grüh’ erahnen und akustisch verfolgen, sondern auch tags überquerten uns fast pausenlos die V-Formationen.“ Info www.ornitho.dewww.kraniche.de

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