1. FC Kaiserslautern Der Herbergsvater und die „junge Bande“

Soll die Wolken über Wil vertreiben und den FC, der fast aus der Challenge League abgestiegen wäre, nach vorn bringen: Konrad Fü
Soll die Wolken über Wil vertreiben und den FC, der fast aus der Challenge League abgestiegen wäre, nach vorn bringen: Konrad Fünfstück, ehemals Trainer des 1. FC Kaiserslautern, beim Saisonauftakt gegen Vaduz.

«Wil.» Konrad Fünfstück (36), bis 20. Mai 2016 Trainer des 1. FC Kaiserslautern, startet beim Schweizer Zweitligisten FC Wil einen Neuanfang. Ein Besuch.

Im Gemsle ist Festtag. Die Bedienung trägt ein Fußballtrikot und hat alle Hände voll zu tun. Der kleine Biergarten hinter dem Stadion des FC Wil füllt sich. Fröhliche Menschen gruppieren sich um die Tische, sie sind gespannt auf das Spiel, den Saisonauftakt in der Challenge League gegen den FC Vaduz – und auf den neuen Trainer, der seinen Co-Trainer aus Deutschland mitgebracht hat. Die Erwartungen sind hoch und die Altlasten eine schwere Hypothek. Die Erfolge sind ausgeblieben, fünf Trainer versuchten sich im vergangenen Jahr am Schweizer Zweitligisten, die türkischen Investoren sind ausgestiegen. Der FC Wil, der Klub im Kanton Thurgau, ist nur deshalb nicht abgestiegen, weil der FC Le Mont freiwillig eine Liga tiefer gegangen ist. Die guten Zeiten – lange her: 2004 gewann der FC Wil den Schweizer Cup, stieg aber aus der Ersten Schweizer Liga ab. Die Folgen: Keine Erfolge, im Schnitt 800 Zuschauer im schicken Stadion im Sportpark Bergholz, das jetzt IGP-Arena heißt und 6000 fassen würde. „Mit dem neuen deutschen Trainer Konrad Fünfstück sollen jetzt wieder bessere Zeiten anbrechen“ und „Back to the Roots beim Wiler FC“, ist in den „Wiler Nachrichten“, der Lokalzeitung, zu lesen. Konrad Fünfstück weiß, wie schwer der Rucksack ist, den er sich aufgeladen hat, als er in die Schweiz gegangen ist. Der 36-Jährige musste seine unschöne Entlassung beim 1. FC Kaiserslautern erst mal verdauen. Bei Marco Grimm, seinem Assistenten, saß der Schock nach dem Rauswurf fast noch tiefer. Der 45-Jährige war zehn Jahre lang beim FCK, anfangs noch als Spieler, stand bis Ende der Saison 2016/17 noch unter Vertrag. „Wir haben viel zusammen aufgearbeitet, haben die Zeit in Kaiserslautern reflektiert, auch uns selbst“, sagt Fünfstück. Er bedauert, was passiert ist und wie sich alles weiterentwickelt hat. „Wir hängen mit dem Herzen immer noch am FCK“, sagt er. „Nach dem Weggang von Stefan Kuntz war kein Vertrauen mehr da.“ „Es hat gepasst, was wir gemacht haben“, hat seine Analyse mit Marco Grimm ergeben, mit dem er in dem Jahr viel Zeit verbracht hat. „Wir haben viele Spiele angekuckt, haben hospitiert, waren unterwegs in den Beneluxstaaten, Österreich, der Schweiz, Zweiter, Dritter und Regionalliga, waren in Marbella im Trainingslager, auf Mallorca bei Christian Ziege und Real Mallorca“, erzählt Grimm. Und plötzlich kam der Anruf einer Agentur, von der Fünfstück vorher noch nichts gehört hatte und die ihn fragte, ob er interessiert sei, einem Schweizer Zweitligisten zu helfen. „Wir wollten ihn. Er bringt genau die Voraussetzungen mit, die wir erfüllt haben wollten, hat mit jungen Spielern gearbeitet, hat in Kaiserslautern bewiesen, dass er mit einer Kampfmannschaft, die auch in der Zweiten Liga spielt, Erfolge erzielen kann“, sagt Roger Bigger, langjähriger Präsident des FC Wil, der in der Zeit der türkischen Investoren zum Vize-Präsidenten herabgestuft worden war und jetzt versucht, den Traditionsverein, der so alt ist wie der FCK, wieder dahin zu bringen, wo er war. Fünfstück, der zu dem Zeitpunkt mit zwei weiteren Vereinen verhandelte, brauchte zwei Gespräche, dann war für ihn klar, dass alles passt. Er darf einen Ausbildungsverein entwickeln, ist Trainer in einer Profiliga, die Chemie im Verein stimmt. Fünfstück ist Mitglied der Sportkommission, das Umfeld ist recht professionell – Torwarttrainer etwa ist der ehemalige Nationaltorhüter Stephan Lehmann. Und Fünfstück konnte sich einen weiteren Wunsch erfüllen, den er zur Bedingung für sein Engagement gemacht hatte: Er wollte Grimm als Assistenten an seiner Seite haben. Fünf Wochen ist das her. Inzwischen sind Fünfstück, Grimm und die „junge Bande“, wie der Chefcoach sie liebevoll nennt, mit den Erfahrenen, die dazu- oder zurückgekommen sind wie Kapitän Marko Muslin (32) oder der „jüngste Torschütze bei einer EM“, Johan von Lanthen (31), zu einer Einheit zusammengewachsen, sind zusammen Quad gefahren, haben Haka getanzt und stehen jetzt auf dem Kunstrasen dem Goliath gegenüber, dem Absteiger aus der Super League, dem Liechtensteiner Rekordmeister FC Vaduz. 20 Millionen gegen 2,6 Millionen beziffert Fünfstück das Budget und hofft trotzdem, dass was geht. Angespannt steht er in der Coachingzone, Hände in die Hüften gestemmt, im Hemd, statt im Kapuzenpulli wie in Lauern. Auf der Tribüne gegenüber stehen die Fans aus dem Gemsle, beobachten den Neuen. Der schon bald wild gestikuliert, in seiner Welt zu sein scheint, sich immer wieder kurz mit Marco Grimm austauscht und sonst gebannt beobachtet, was auf dem Kunstrasen passiert. Seine junge Mannschaft spielt gut mit, ist mutig. In der 75. Minute steht es immer noch 0:0, als Kapitän Marko Muslin einen Schuss von Vaduz’ Mohamed Coulibaly von der Linie kratzt. Wils Pressesprecher Dany Wyler ahnt, was bei der folgenden Ecke passieren würde: Marco Mathys schießt das „goldene Tor“, Vaduz gewinnt 1:0. Der Präsident schüttelt dem neuen Trainer anerkennend die Hand. Der schart seine „Bande“ um sich, lobt sie und schickt sie in die Kurve. Er weiß, dass es ein langer, steiniger Weg wird. Er muss das Vertrauen der Fans zurückgewinnen und will mithelfen, dass Wil zum „Ausbildungsverein Nummer eins in der Schweiz“ wird. Im Gemsle gibt’s inzwischen eine Runde „Schützengarten“-Bier aus dem 30 Kilometer entfernten St. Gallen. Die Stimmung ist gut. Wil hat gut gespielt, 1270 Fans waren im Stadion, und das neue Trainerteam scheint es gar nicht so schlecht zu machen.

An dieser Stelle finden Sie ein Video via GlomexSport.

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