1. FC Kaiserslautern Der Abenteurer

Im Kommen: HSV-Keeper Julian Polersbeck.
Im Kommen: HSV-Keeper Julian Polersbeck.

«Hamburg.» Die sportliche Wiederbelebung des Hamburger SV in der Endphase dieser Bundesliga-Saison hat auch mit der Spielweise seines Torwarts Julian Pollersbeck (23) zu tun. Der Ex-Lauterer folgt einem Lehrbuch seines Trainers.

Pollersbeck, Spitzname „Polle“, gilt im Mannschaftskreis des HSV als Zocker. Einer, der gerne „All in“ geht. Risiko statt Sicherheit. Sein Credo: Das Leben ist ein Spiel. Zitat: „Ich brauche den Nervenkitzel. In der Bundesliga geht es leider nur noch im Abstiegskampf heiß her.“ Das verriet der talentierte Torhüter jüngst dem HSV-Stadionmagazin. Ein Abenteurer durch und durch, wie auch seine anfangs wenig professionellen Ausflüge ins pulsierende Nachtleben der Elbmetropole verrieten. Aber der Bayer gilt auch als positiver Typ, der nach einer Pechsträhne sich das Glück zurückerkämpft. Und vielleicht ist es kein Zufall, dass der Held der deutschen U21-Nationalmannschaft, die 2017 den EM-Titel holte, nun bei der Auferstehung des vielleicht vorschnell totgesagten Bundesliga-Dinos eine Schlüsselrolle spielt. Pollersbeck ist eine der wichtigsten Veränderungen in der Spielart unter Neu-Trainer Christian Titz. Der 23-Jährige agiert wie der elfte Feldspieler, steht oft 30, 40 Meter vor dem eigenen Tor, um das Aufbauspiel ganz aktiv mitzugestalten. Das sieht zunächst ulkig aus, ist aber gewollt. „Der Torwart ist Zielpassspieler und wir haben einen mehr“, erklärt Titz, der diese Spielweise auch heute im Spiel bei Eintracht Frankfurt verordnen wird. Die Flucht nach vorne ist schließlich der letzte Ausweg für den Abstiegskandidaten. Pollersbeck passt weitaus besser in die Philosophie als Christian Mathenia, der seitdem nur noch die Bank drückt. „Ich habe viel Spaß an der Art, wie wir Fußball spielen. Wenn du früher auf dem Bolzplatz gegen ältere und größere Jungs gespielt hast und nur hinterhergerannt bis, dann hat das irgendwann auch keinen Bock mehr gemacht.“ Erstaunliche Sätze eines Schlussmannes, der ja eigentlich abwarten könnte, bis die Kugel auf ihn zukommt. Es aber nicht tut. Und damit spannt sich der Bogen zu seinen Vorderleuten, die sich alle die Philosophie des Agierens statt des Reagierens auf die Fahne geschrieben haben. Dass diese Herangehensweise in erster Instanz nicht frei von Risiken ist, versteht sich von selbst, aber ein Gegentor haben die Hamburger deswegen noch nicht gefangen. Im Gegenteil: Die Mannschaft drückt mit dem vorgezogenen Torwart symbolisch aus, dass sie auf Ballbesitz, Dominanz und Kontrolle gepolt ist. Titz hatte diese Spielweise bereits seinen Jugendteams vermittelt, was in der Statistik mitunter für bemerkenswerte Details sorgt: Im Auswärtsspiel beim VfB Stuttgart (1:1) hatte Pollersbeck am Ende 81 Ballkontakte, die zweitmeisten auf Gästeseite. Zudem lief er stolze 7,7 Kilometer; ein ungewöhnlicher hoher Wert für einen Bundesligatorwart, der normalerweise bei fünf Kilometer Laufdistanz liegt. Zudem ist der mit der Nummer 13 ausgestattete Keeper eines von vielen Beispielen, dass mit der Inthronisierung des dritten Übungsleiters auf der HSV-Trainerbank der Reset-Knopf für jeden gedrückt wurde. Das von Gerry Ehrmann beim 1. FC Kaiserslautern geformte Torwarttalent aus dem oberbayrischen Altötting hatte schließlich einen mehr als unglücklichen Einstand hingelegt, nachdem er als Elfmeterheld und Vorsänger vom Nachwuchsturnier in Polen seinen Dienst in Hamburg antrat. Nicht fit und nicht fokussiert. Zu fehler- und flatterhaft. Der damalige Trainer Markus Gisdol konnte gar nicht anders, als den 3,5-Millionen-Einkauf zunächst in den Wartestand zu versetzen. Pollersbeck sagt über diese schwierige Phase im Rückblick: „Es war eine sehr lehrreiche Zeit. Besonders in der Hinrunde ist eine Menge auf mich eingeprasselt. Während ich die schlechten Zeiten erlebt habe, hat es sich natürlich blöd angefühlt.“ Doch der 1,95-Meter-Mann hat sich – auch mit Unterstützung des Mentaltrainers Christian Spreckels – nicht unterkriegen lassen. Sein Motto: „Wenn du nicht spielst, dann musst du zuerst bei dir selbst anfangen.“ Längst ist der Richard-Golz-Verehrer („Er war irgendwie groß und hat gut gehalten“) bei den Teamkollegen akzeptiert. Sie wissen, dass auf den Ballfänger mit den blondierten Haaren Verlass ist. Und genau das befolgt, was der HSV-Chefcoach mal in ein Fußball-Buch hat schreiben lassen. „Fußball-Torwarttraining – Abwehr mitgestalten, Spielaufbau fördern, Technik & Taktik erlernen“ heißt das von Titz gemeinsam mit Thomas Dooley herausgegebene Werk, das im Versandhandel immer noch für 19,95 Euro bestellt werden kann. Absatzfördernd wäre es auf alle Fälle, würde der nächste wundersame Nicht-Abstieg des HSV mit auf einen aufgerückten Torwart zurückgehen.

An dieser Stelle finden Sie ein Video via GlomexSport.

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