Sport WM-Tagebuch: Besuch im Café Grosz als Höhepunkt

Es war an der Zeit. Nach acht Tagen in Berlin durfte es mal eine Verwöhnrunde sein. Eine lange Woche mit insgesamt 50 U- und S-Bahnfahrten und ständigem, nervigen Nieselregen. Ich bin durch schier endlose U-Bahnschächte gehastet, wurde x-mal angerempelt und angehustet, mir wäre einmal beinahe das Handy aus der Hand geschlagen worden, ich habe sofort Krach angefangen. Der Anschlusszug war dann weg. Kurz: Ich entschied mich für das Café Grosz am Kurfürstendamm. Eine prächtige Wahl. Sofort wenn man das Café/Restaurant betritt, nach dem früheren Maler und Grafiker George Grosz benannt, ist man in einer anderen Welt. Der Besucher wähnt sich im Wien zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts, man sucht geradezu Heimito von Doderer, Hermann Broch oder den unglaublichen Elias Canetti am Nebentisch. Aber dort sitzt an diesem Morgen ein russisches Ehepaar, trinkt Kaffee und plant ganz entspannt seinen Tag in Berlin. Ein junger Mann arbeitet mit dem Computer. „Wir haben viele internationale Gäste, auch Stammpublikum aus Charlottenburg, viele Familien kommen“, erzählt mir die Angestellte Nadine Fredow, während ich die hohen Decken, den eleganten Rundbogen und/oder die edlen Lampenschirme bestaune. „Packen Sie noch ein Stück?“, fragt die Dame mit Blick auf meinen leeren Teller, auf dem sich gerade noch ein herrliches Apfelstreuselkuchen-Stück in Sicherheit wiegte. „Trauen Sie mir das zu?“, antwortete ich – und verzichtete mal wieder heldenhaft. Nadine Fredow findet es auf jeden Fall toll, hier ihren Arbeitsplatz zu haben. „Was für ein wunderschönes Ambiente zum Arbeiten“, sagte sie. Der regionale TV-Sender war vor Kurzem da. Dem Vernehmen nach hat Hollywood auch schon das Café als Drehort entdeckt und die eine oder andere Filmsequenz aufgenommen. Geschäftsführer Carsten Bentz berichtete, dass eine Unternehmensgruppe das Haus mit wechselhafter Geschichte vor acht Jahren übernahm. „Viel Spaß noch beim Handball“, verabschiedet er mich. Klar doch, frisch gestärkt geht’s ans Werk.