Meinung USA-Wahlen: Jetzt verbal abrüsten

Die Probleme, mit denen sich die Vereinigten Staaten konfrontiert sehen, sind am Tag nach der Wahl die gleichen wie am Tag davor. Welche Partei auch immer den Kongress bis Januar 2021 beherrscht, an den Baustellen ändert sich nichts. Eigentlich logisch, aber im Trubel um Donald Trumps unsäglich düstere, rassistisch angehauchte Kampagnenrhetorik ist es untergegangen, weshalb an dieser Stelle noch einmal daran erinnert werden soll.

Politische Baustellen bleiben

Da wären die ausufernden Staatsschulden: Die Republikaner nehmen sie achselzuckend in Kauf, nachdem sie in den acht Jahren der Präsidentschaft Barack Obamas gar nicht laut genug vor wachsenden Schuldenbergen warnen konnten. Da wären die Steuersenkungen: Kurzfristig sorgten sie zwar für einen Wachstumsschub, auf lange Sicht aber dürfte die Wirkung des Adrenalinstoßes verpuffen. Auf lange Sicht ist fiskalisches Vabanque, was Trump und seine Parteigänger da spielen. Da wäre die Gesundheitsversorgung: Nachdem die Konservativen Obamacare, die Reform des Jahres 2010, als ein Abgleiten in sozialistische Verhältnisse madig gemacht hatten, entdecken sie nun, dass es vernünftige Alternativen nicht gibt. Jedenfalls keine, bei denen nicht weitere Millionen von Menschen mangels Krankenversicherung im Fall einer schweren Erkrankung den finanziellen Ruin riskieren. Da wäre schließlich die Außenpolitik, auch wenn sie in amerikanischen Wahlkämpfen, wie auch diesmal, meist nur als fünftes Rad am Wagen daherkommt. Das Verhältnis zu China muss so geordnet werden, dass das Drehen an der Zollschraube die Spannungen nicht auf eine Weise verschärft, dass diese in einen Kalten Krieg münden. Die nordkoreanische Nuklearabrüstung, von Trump schon vor Monaten als beschlossene Sache verkündet, müsste bald Wirklichkeit werden, sollen die gelockerten Fronten nicht wieder verhärten. Und falls Iran wieder in vollem Umfang Uran anreichert, weil es sich nach dem Ausstieg der USA ebenfalls nicht mehr an das Atomabkommen gebunden fühlen, so sehr die Europäer auch von einem solchen Schritt abraten, droht ein neuer Krieg im Nahen Osten.

Ein frommer Wunsch

Das alles hat entweder keine Rolle gespielt oder ist übertönt worden in einem Wahlkampf, dessen Ton so hässlich war wie lange nicht. Schuld ist Trump, der einen Flüchtlingstreck aus Honduras zur akuten Gefahr für die nationale Sicherheit aufbauschte und obendrein in einem Kampagnenfilm den Eindruck erweckte, als würde das Land von braunhäutigen Horden gestürmt. Sogar Fox News, der Hauskanal der Konservativen, hat sich geweigert, den skandalösen Streifen zu senden. Zu einem einigermaßen zivilen Diskurs zurückzukehren, das wäre nach dieser Wahl das dringlichste, auch weil die Lösung von Sachproblemen eine sachliche Debatte verlangt. Vielleicht ist es ein frommer Wunsch, solange ein Demagoge wie Donald Trump im Weißen Haus residiert.

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