Rheinland-Pfalz Theo Klein GmbH: Die Spielzeugmacher

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Jürgen Munz mit Designskizze und Computermodell

Die Firma, die in Landau und Ramberg sitzt, entwickelt und produziert Spielwaren. Ein Blick hinter die Kulissen zeigt: Arztkoffer ist besser als Schminkset.

Dass der Besenwagen das Firmenlogo eines bekannten Herstellers von Reinigungsbedarf trägt, ist einem Geschäftsmodell geschuldet, das die Spielzeugmacher aus der Südpfalz seit Ende der 1990er-Jahre verfolgen: Die Herstellung von Spielzeug als Lizenzprodukt namhafter Hersteller. Win-Win mit Besen oder Bohrer: Die Spielwarenhersteller profitieren vom Markennamen – und Bosch, Braun oder Cat erhalten kostenlose Werbung und die Chance auf frühe Kundenbindung. Wer mit Sieben mit Produkt XY schrubbt, wird dies vielleicht auch mit 37 tun. Klein selbst verfolgt da eher einen spielerischen Ansatz: „Wir wollen, dass die Kinder die gleichen Dinge benutzen können wie die Erwachsenen“, sagt Dominik Klein.

Die Kinder der Mitarbeiter oder die Kindergärten fragen

Wie alt die Ideengeber waren, lässt sich jetzt auf die Schnelle nicht ermitteln. Irgendwas zwischen fünf und neun Jahren vielleicht, ist nur ein Tipp. Jedenfalls waren die Ideengeber Buben – und haben ganz instinktiv eine Schwäche herkömmlicher Spielzeug-Parkhäuser erkannt: die hatten nämlich nur eine Abfahrtsrampe. Verbesserungsvorschlag: Der Einbau einer zweiten Rampe, „damit man Rennen fahren kann“, sagt Dominik Klein. Wer auf die Zielgruppe hört, ist im Vorteil: „Wir fragen die Kinder der Mitarbeiter oder die Kindergärten“, sagt Klein, Marketingchef und Produktmanager beim Spielzeugproduzenten „Theo Klein GmbH“, „da wird meistens das innovativste Produkt geboren.“ In dem Fall mit Artikelnummer 2811, Bosch Car Service Parkhaus und mit „Swoosh“ um die Kurve.

Enstanden aus einem pfälzischen Metier

Das Klein-Logo, knalliges gelbes Smiley, kennt eigentlich jeder, der die Autobahn 65 in der Südpfalz benutzt: Die Klein-Fabrikationsstätte und das Lager liegen in Landau, in Sichtweite der Verkehrsader, der Firmensitz seit genau 70 Jahren im südpfälzischen Ramberg. Was die eilig Vorüberhastenden wohl oft nicht wissen: Die Klein GmbH, international sechs Standorte, 200 Mitarbeiter alleine in Deutschland, ist aus einem sehr pfälzischen Metier entstanden – und aus einer sehr pfälzischen Variante der Mangelwirtschaft. „Mein Opa“, der Firmengründer Theo Klein, „ist noch von Tür zu Tür gegangen und hat verkauft – oder getauscht“, sagt Dominik Klein. Was er da verkauft oder getauscht hat, war ein typisches Produkt armer Waldbauerndörfer: Bürsten und Besen nämlich, das Holz für den Korpus gab’s im Wald, Schweineborsten und Rosshaar hat man in den umliegenden Dörfern eingetauscht. Um sich von der Konkurrenz abzuheben, bringt Theo Klein 1956 die ersten farbigen Kinderbesen aus Kunststoff auf den Markt, die werden bis heute gefertigt, in Ramberg. „Rollenspielzeug“, also in Dominik Kleins Worten „alles, was es für Erwachsene gibt, auch für Kinder“, machen bis heute einen Löwenanteil der Klein’schen Produktlinie aus. Und wäre das jetzt nicht die idyllische Südpfalz, sondern Großstadt, dann würden wahrscheinlich Fragen auftauchen, ob der „Vileda Besenwagen“ für die Kleinen nicht traditionelle Rollenmodelle zementiert. „Im Katalog gibt’s auch Mädchen mit Kettensägen“, sagt Dominik Klein, und lächelt ein wenig. Der Besenwagen wird im Katalog im Übrigen von einem Buben bedient, mehr Geschlechter-Gerechtigkeit am Putzeimer geht kaum.

Hälfte der Produkte in Deutschland hergestellt

Neben den Lizenzprodukten entwickelt man Eigenmarken – oder übernimmt Nischenprodukte, die von den Spielwaren-Branchenriesen selbst nicht besetzt werden. Das „Barbie Schönheitsstudio mit Hocker“ stammt beispielsweise aus der Südpfalz, bevor sich jetzt jemand über unrealistische Frauenbilder aufregt: Man kann damit, ganz theoretisch, auch Ken die Frisur zurechtdengeln, mutmaßlich bleibt dem armen Kerl ja auch ansonsten wenig erspart. Tritt man in die Halle in Landau, in der Kinderträume wahr und mit 300 bis 400 Bar in Formen gepresst werden, dann sieht man zunächst tendenziell viel Maschine und vergleichsweise wenig Mensch. „Bei einfachen Teilen, die wenig Handarbeit benötigen, sind unsere Maschinen (in Landau, d. Red.) besser“, sagt Dominik Klein. Rund die Hälfte der Produkte werden bis heute in Deutschland produziert, Tendenz eher steigend. Manchmal ist es auch der Wellenschlag der globalen Mode, der über den Produktionsstandort entscheidet: Den „Weber Mini-Kugelgrill“ für den kleinen Fleischliebhaber hat man zuerst in China produzieren lassen, für den nordamerikanischen Markt. Inzwischen wird das Spielzeug auch in Landau hergestellt – weil die US-Marke „Weber“ mittlerweile auch in Deutschland ein Begriff ist. Um die Vegetarier zu beruhigen: Das Grill-Set enthält auch Zwiebel und Tomate aus Polypropylen. Dazu gibt’s einen Shrimp, und Fisch ist ja bekanntlich kein Fleisch.

Eine Bosch-Werkbank muss bosch-dunkelgrün sein

Der Grundstoff für die Produkte, eben das Polypropylen in Granulatform, wird über Röhrenleitungen zu den Spritzgussmaschinen geleitet und dort in Hohlformen verpresst. Kost’ nicht viel, das Granulat, die Investitionskosten haben es allerdings in sich. Und über deren Höhe entscheidet im Prinzip schon das Design des Spielzeugs. Das wird bei Lizenzprodukten auch durch die Markenkultur des Lizenzgebers mitbestimmt: Eine Bosch-Werkbank muss eben aussehen, wie eine Bosch-Werkbank auszusehen hat, das markentypische Dunkelgrün muss also schon mal rein. Die erste Konzeption des Produktes findet hausintern statt, ein erstes Design, Verpackung und Zubehör werden in dem Stadium entworfen. Ein externer Designer fertigt dann in enger Abstimmung mit der Produktentwicklung immer weiter verfeinerte Skizzen. Hat man sich für einen bestimmten Entwurf entschieden, wird der dreidimensional im CAD-Programm umgesetzt – und ein erstes Modell erstellt, auch für Funktions- und Sicherheitstests. „Bis zur jetzigen Phase ist noch nicht zu 100 Prozent sicher, ob wir das Produkt umsetzen“, sagt Dominik Klein. Investitions- und Produktionskosten müssen nun abgeschätzt werden – und damit auch, ob der Endpreis im Laden noch von den Kunden angenommen wird. 40 Euro für ein Spielzeug sind, jedenfalls in Deutschland, eine psychologische Schwelle. Ist die Kostenschätzung bis dahin positiv, kommen Konstruktion und Werkzeugbau respektive Jürgen Munz ins Spiel.

Gussformen kosten richtig viel Geld

Es der Job von Munz und den Produktentwicklern, gleichsam ganz unterschiedliche Interessenslagen in eben jener Gussform zu harmonisieren: Spielzeug muss Qualitätsstandards erfüllen und sicher für die Kinder sein. Es muss Preisgrenzen einhalten, die Produktion muss möglichst schnell und mit möglichst wenig Ausschuss ablaufen. Und das Werkzeug, also die Gussform, muss möglichst stabil und wartungsarm sein – der Investitionsaufwand geht nämlich richtig ins Geld: Die Formen für die Artikel im Klein-Arztkoffer, Endpreis rund 20 Euro, haben etwa 1 Million Euro gekostet. Klar, dass man da alleine schon aus Kostengründen auf eine nachhaltige Produktentwicklung achtet: Arztkoffer ist gut, weil Formen-stabil, beim Doktorspiel mit Spritze und Stethoskop ändert sich im Lauf der Jahre wenig. Schminkkoffer sind suboptimal, neue Mode, neue Formen, geht ins Geld. An der klassischen Formgebung von Besen und Schubkarre ändert sich wenig, allerdings müssen die Gussformen in der Klein-Werkhalle in Landau regelmäßig gewartet werden. Die Form für die Wanne der Schubkarre steht gerade da, massiver Klotz aus Metall, zweiteilig, mit Heiz- und Kühlelementen ausgestattet, damit sich der Kunststoff gleichmäßig verteilt. Erstaunlich viel High-Tech zur Produktion eines vergleichsweise schlichten Produktes.

Trend zur Nachhaltigkeit

Zwischen neun und 15 Monaten dauert die Produktentwicklung, und die sollte sich dabei tunlichst noch in die Taktung der Nachfrage fügen: Mit der Produktion für das Weihnachtsgeschäft „müssen wir jetzt schon anfangen“, sagt Klein, die Großkunden bereiten jetzt schon ihre Kataloge vor, „ab September will jeder die Ware haben“. Trends in der Branche? Nachhaltigkeit, was auch sonst, man arbeitet laut Dominik Klein verstärkt mit biobasierten Kunststoffen und voll recyclingfähigen Verpackungen. Allerdings: Gender-Mainstreaming an der Spielzeug-Werkbank hat noch Luft nach oben. „Werkzeug wird für allem für Jungs gekauft“, sagt Dominik Klein, „und das Barbie-Schönheitsstudio für Mädchen.“

Dominik Klein (rechts) und Jürgen Munz mit Prototyp und Serienmodell der Bosch-Werkbank.
Dominik Klein (rechts) und Jürgen Munz
Die Spritzgussmaschine, auf der Teile für die Werkbank gefertigt werden. Das farblose PP-Granulat wird über Rohrleitungen zugefü
Die Spritzgussmaschine, auf der Teile für die Werkbank gefertigt werden. Das farblose PP-Granulat wird über Rohrleitungen zugeführt.
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Zwei bis drei Prozent vom grünen Granulat genügen für die rechte Farbgebung.
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