Meinung Kommentar zu Uli Hoeneß: Liebesentzug

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Vor dem Abgang: Uli Hoeneß.

Niemand will Uli Hoeneß’ Lebenswerk ernsthaft in Frage stellen. Aber ein wenig gekränkt scheint der Patron des FC Bayern schon zu sein.

Von seinen Gegnern gehasst zu werden, das hat Uli Hoeneß genossen, gebraucht, bewusst befeuert. Von seinen Anhängern nicht mehr bedingungslos geliebt zu werden, das hat ihn getroffen. Die Gefängnisstrafe wegen Steuerhinterziehung trug dazu bei. Aber selbst der fraglos altersmildere Hoeneß musste auch erfahren, dass seine „Abteilung Attacke“ angesichts des gesellschaftlich-politischen Diskurses – Thema: Wie wollen wir künftig miteinander umgehen? – aus der Zeit gefallen scheint.

Dünnhäutig bei Kritik

Als Vorstandschef Rummenigge vor einem Jahr im Umgang mit den Bayern-Profis an Artikel eins des Grundgesetzes appellierte, Hoeneß ihm beipflichtete, aber dann Ex-Spieler Juan Bernat – wie zuvor Mesut Özil – ehrabschneidend kritisierte („Hat einen Scheißdreck gespielt“), war das für viele Fans und Mitglieder nicht mehr tolerierbar. Auf der Versammlung der Bayern wurde er kritisiert – „neue und überraschende Erfahrungen“, wie Hoeneß einräumte. Vor dieser Saison behagten ihm die zu Recht gestellten Fragen nach der überschaubaren Kadergröße der Profimannschaft nicht. Auch da reagierte er dünnhäutig.

Wachwechsel in Etappen

Dabei will doch niemand ernsthaft Hoeneß’ visionäres Lebenswerk, seit er 27-jährig am 1. Mai 1979 als Manager in ein kleines Büro mit einem der ersten Tastentelefone in der Säbener Straße einzog, in Frage stellen. So oder so: Mit Blick auf Rummenigges Abschied Ende 2021 kann es nicht schaden, die Wachwechsel an der Bayern-Spitze in Etappen zu vollziehen. Hoeneß ist ein würdiger Abgang zu wünschen – und dem Klub täte es gut, die soziale Ader ihres Patrons mit dem großen Herzen für gefallene Ex-Spieler und abgestürzte Klubs nicht versiegen zu lassen.  

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