Rheinpfalz Mit Karl Marx Chinesen an den Flughafen Hahn locken

91-86970475.jpg

Mit dem gebürtigen Trierer Karl Marx will der Geschäftsführer der Deidesheimer ADC GmbH, Siegfried Englert, für den Flughafen Hahn werben. „Das Karl-Marx-Jahr 2018 ist für Chinesen so wichtig wie Mekka für Moslems“, sagte er gestern in Bad Schwalbach. Ob er zusammen mit dem HNA-Konzern Touristen an den Hahn und 71 Kilometer weiter nach Trier bringen kann, weiß der 68-Jährige selbst noch nicht.

Bad Schwalbach. Schon als Staatssekretär im Wirtschaftsministerium (2006 bis 2011) war Englert (SPD) für seine unkonventionelle Art bekannt. Es hieß, der Professor für Sinologie und Gründer des Ostasieninstituts in Ludwigshafen sei nie in der Politik angekommen. Deshalb passt es, dass Englert einen Termin im leerstehenden Parc Hotel Eden im hessischen Bad Schwalbach sehr kurzfristig umfunktionierte zu einer Firmenpräsentation seiner ADC, die seit Wochen als Käuferin des Flughafens Hahn im Gespräch ist. Anberaumt war der Termin, weil die ADC das im Sanierungsstau steckengebliebene Hotel im Bauhausstil gekauft hat. 5,5 Millionen Euro hat es gekostet, zehn Millionen müssen noch investiert werden. Englert, der selbst ein Prozent an der ADC hält, war zusammen mit Laura Yu (zehn Prozent), und dem Mehrheitsgesellschafter Yi Da Zhang (60 Prozent) gekommen. Ins Reich der Mitte knüpft er Kontakte, seit er von 1974 bis 1976 dort studiert hat. Englerts Krawatte mit Bibliotheksmuster fiel gestern kaum auf neben dem rosa Sakko Zhangs, unter dem er ein blau-weiß kariertes Hemd und eine Weltkartenmuster-Krawatte trug. Nachdem Kyle Wang, Minderheitsgesellschafter des gescheiterten Hahn-Käufers SYT mit seinem zu engen Sakko und Damen-Bekanntschaften in sozialen Netzwerken aufgefallen war, werden Äußerlichkeiten zum Thema. Und Facebook-Auftritte. Die Anzahl der Yi Da Zhangs ist zu groß, um auf Anhieb den richtigen zu finden. Und noch etwas ist nach der Pleite des Landes mit SYT wichtig: Die Geschäftsadresse. „Die Familie Menger-Krug, von der wir viel Wein kaufen und in China verkaufen, war so nett, uns in ihren repräsentativen Räumen ein Obdach und einen Briefkasten zu geben“, sagte Englert. Solange die ADC, die nach gestrigen Angaben fünf, nach früheren Informationen elf Gesellschafter hat, nicht wisse, was mit dem Flughafen werde, sollten die Kosten gering gehalten werden: „Es gibt auch kein Briefpapier und keine Visitenkarten.“ Immerhin – die ADC-Gruppe hat bereits 3,75 Millionen Euro bezahlt für den Kauf des 16 Hektar großen Geländes der ehemaligen Housing und des Campus am Flughafen Hahn. Dort soll ein Wohngebiet entstehen, auch wenn der Flughafen selbst nicht an ADC geht. Außerdem gehört einem Schwesterunternehmen das Steigenberger Hotel in Deidesheim. Weitere Hotels kaufte die chinesisch-deutsche Gesellschaft in Dubrovnik in Kroation, in Bournemouth in England und sie plant sich in der Freihandelszone in Mostar, in Bosnien-Herzegowina zu engagieren. Für den Hahn bietet die ADC einen Euro „plus den Kassenbestand“, sagt Englert. In der ersten Bieterrunde sei ein Partner abgesprungen. Als der Logistik- und Tourismuskonzern HNA am 10. Mai eine gemeinsame Absichtserklärung für das Kaufangebot unterschrieb, hatte sich die Landesregierung schon für SYT entschieden. Nach dem Scheitern des Kaufs wurde die Ausschreibung wiederholt. Englert wird sich erneut bewerben. Ob der Businessplan, also der Geschäftsplan, wie gefordert am 1. September fertig ist, könne er nicht zusagen. „Wir haben keine eigene fliegerische Kompetenz. Wir wären größenwahnsinnig, würden wir ohne einen erfahrenen Partner kaufen.“ Das wäre HNA. Der Konzern müsste auch das Kapital mitbringen, das neben den erlaubten Subventionen nötig ist, um den Flughafen Hahn über eine Durststrecke zu heben. Außerdem müsste er die Fluglinien mitbringen, die den Hahn anfliegen sollen – mit Fracht an Bord und mit Karl-Marx-Begeisterten. Zu HNA gehören Hainan Air und die Frachtgesellschaft Yangtze River Express. Englert gibt keine Versprechen ab: „Ich werde mich am Ende meines Lebens nicht mehr mit Scheitern befassen. Wenn der Businessplan nicht belastbar ist, ziehen wir zurück.“ Für den Hahn bliebe dann wohl nur die Insolvenz.

x