Rheinpfalz Kommentar: Grenzenlos

Die Betroffenheitshysterie

um die Ereignisse an Pfingsten in Frankenthal hat ein schwer

erträgliches Maß erreicht.

Nein, dieses Ereignis lässt niemanden kalt: Polizisten und Rettungskräfte nicht, uns Journalisten nicht und die Bürger in Frankenthal und darüber hinaus auch nicht. Die Brutalität der Tat, das Alter des Opfers, der Schmerz der Mutter und ihrer Angehörigen – das alles schockiert, hinterlässt Fragen und erzeugt Mitgefühl und Trauer. Die Kehrseite dieser zutiefst menschlichen Regungen: Um den Tod des zwei Monate alten Mädchens hat sich vor allem im Internet eine grenzenlose Betroffenheitshysterie entwickelt, die in der Gedenkfeier am Ort der Geschehnisse selbst gipfelte. Aus dem gemeinsam empfundenen Gefühl, etwas tun zu wollen für die Familie des Säuglings oder vielleicht auch nur für sich selbst, haben die Organisatoren mit ihrem eigenmächtigen Handeln das Gegenteil ihrer guten Absichten erreicht: Die Angehörigen des Babys waren einer Öffentlichkeit ausgesetzt, die sie so gewiss nicht erwartet und gewollt haben. Eltern schleppten Kinder mit in eine Situation, auf die sie möglicherweise gar nicht oder nur unzureichend vorbereitet waren. Und den Anwohnern, zum Teil Augen- und Ohrenzeugen der Tat, wurde eine Veranstaltung aufgezwungen, wo sie sich vielleicht Ruhe gewünscht hätten. Ist es das wert?

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