Rheinpfalz Die Spiralnudel im Wald

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Jeder Baum hat so seine Besonderheit. Vor allem die Bäume in Parks kommen, wenn sie älter werden dürfen, charaktervoll daher. Im Wald sieht es anders aus. Nicht gleich, aber doch recht ähnlich reihen sich da die hölzernen Geschöpfe aneinander. Da heißt es, genauer hinsehen. Ein solches Naturprachtstück ist die etwa 250 Jahre alte Hindenburgkiefer bei Johanniskreuz, mitten im Pfälzerwald.

35 Meter schiebt die vermutlich älteste Kiefer des Pfälzerwaldes ihre Krone gen Himmel. Oder besser: Sie dreht sich zum Himmel. Der alte Baum sieht im oberen Teil wie eine Spiralnudel aus. Ganz im Gegenteil zu seinen Kollegen, die ihre Kronen auf ordentlich geraden Stämmen tragen. Drehwuchs nennt es der Fachmann, wenn sich ein Stamm entweder nach rechts oder links wie eine Schraube dreht. Die Kiefer fällt damit aber nicht aus dem Rahmen. Eichen tun es, Buchen mitunter auch, der Ahorn sowieso und Kastanien. Warum sich die Holzfasern spiralig um die Stammachse winden statt parallel zu verlaufen, weiß die Wissenschaft nicht wirklich so genau. Starke Winde spielen wohl eine Rolle, deshalb finden sich an der Küste und in den Bergen vermehrt gedrehte Bäume. Das trifft auf die alte Kiefer wohl eher nicht zu. Hier war selbst vor 250 Jahren weder ein hoher Berg noch ein Meer. Womöglich war die Krone zwischenzeitlich asymmetrisch oder die Wurzel hat auf einer Seite geschwächelt, das kann laut den Experten auch zum Drehen führen. Die mächtige Kiefer bei Johanniskreuz, die einen Stammdurchmesser in Brusthöhe von 1,10 Meter aufweist, wird ihre Gründe haben, warum sie sich so windet. Fakt ist jedenfalls, dass ein gedrehter Baum eine stark erhöhte Festigkeit aufweist und deutlich höhere Biegebelastungen aushält als ein Baumstamm mit parallelem Faserverlauf. Das passt auf jeden Fall. Kein Sturm und kein Orkan konnte der alten Kiefer bisher etwas anhaben. Fakt ist aber auch: Die Holzwirtschaft hat wenig Sinn für die Wachstumsschwünge eines Baumes übrig. Dort gilt Drehwuchs als schwerwiegender Fehler, weil sich das Holz schwerer verarbeiten lässt. In der Regel bekommt ein sich drehender Baum schon im Ansatz Bekanntschaft mit der Säge, muss Platz für einen schnurgeraden Kollegen machen. Der Hindenburgkiefer ist dieses Schicksal jedoch zum Glück erspart geblieben, und heute als Naturdenkmal tut ihr keiner mehr etwas an. Übrigens hieß die mächtige Waldkiefer früher „Burenkiefer“. Damit wurde wohl die Begeisterung der niederländischen Einwanderer in Südafrika, der Buren, gegen das Britische Empire zum Ausdruck gebracht. Zu Ehren des zweiten Deutschen Reichspräsidenten der Weimarer Republik, Paul von Hindenburg, wurde die Kiefer dann nach ihm umbenannt. Wer sie betrachten will, marschiert auf dem Wanderweg „Spurensuche“ unmittelbar an ihr vorbei. Der Wanderweg beginnt in Johanniskreuz am Haus der Nachhaltigkeit, ist gut sieben Kilometer lang, führt die meiste Zeit über Waldwege und bietet neben der Hindenburgkiefer noch über 15 weitere Sehenswürdigkeiten, die beschildert über die Vergangenheit Auskunft geben. (thea) Info Mehr Infos zur Wanderung und dem Streckenverlauf bietet das Haus der Nachhaltigkeit unter www.hdn-pfalz.de.

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