1. FC Kaiserslautern Ein Kessel Grübelei
Auch an Rechtsverteidiger Benjamin Kessel zerrt die prekäre Lage des Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern. Morgen kehrt er mit dem Schlusslicht zu seinem ehemaligen Verein Union Berlin zurück. Er freut sich. Trotz allem.
Benjamin Kessel ist ein recht ungewöhnlicher Fußballprofi. Er mag keine Tattoos, ein Facebook-Profil sucht man vergebens, und die Musik betreffend hat er ein Faible für Helene Fischer. Die Kabinenbeschallung dürfte beim Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern schon mal nicht ihm überantwortet sein. Doch was die Gemütslage betrifft, ergeht es ihm wie seinen Mannschaftskameraden: Das 0:2 gegen den FC Erzgebirge Aue, die Schimpfkanonaden der Fans, der letzte Tabellenplatz und schließlich der Rauswurf des Cheftrainers Norbert Meier donnerten ihm wie eine eiserne Faust in die Magengrube.
"Mental ist das schwierig"
„Es ist natürlich schon so, dass solch eine Situation an einem zerrt. Man nimmt das mit ins Privatleben und kann seine Freizeit nicht so unbeschwert genießen wie sonst“, sagt der Rechtsverteidiger, der am 1. Oktober 30 Jahre alt wird. „Mental ist das schwierig. Aber wir versuchen, die Köpfe freizubekommen und das, was war, was mit Sicherheit nicht gut war, beiseitezuschieben und mit neuem Elan wieder anzugreifen.“ Kessel probiert erst gar nicht, die Lage zu beschönigen. „Wir brauchen nicht drumherum reden. Es war ein Tiefschlag für uns alle, was da am Dienstag passiert ist. Wir waren sehr niedergeschlagen, manche erleben solch eine Situation ja auch zum ersten Mal ...“ Und doch müsse sich ein jeder von dem Erlebten rasch lösen. „Dass es schlecht war, wissen wir alle“, sagt Kessel. „Doch es bringt nichts, sich auf dem Platz darüber noch einmal Gedanken zu machen.“
Volles Haus, große Emotionen
Morgen Abend, ab 20.30 Uhr, gastiert Benjamin Kessel mit dem 1. FC Kaiserslautern bei Union Berlin, jenem Verein, für den er von 2015 bis 2017 spielte. Kessel hat noch viele Freunde in der Bundeshauptstadt, auch in der Mannschaft der „Eisernen“. Er freut sich auf die Rückkehr, trotz der misslichen Lage der Roten Teufel. Montagabend, Flutlicht, Alte Försterei. Volles Haus, große Emotionen. Kessel lächelt und schwärmt: „Es ist der Wahnsinn, dort zu spielen, wirklich einmalig. Für einen Fußballer gibt es fast nichts Schöneres.“ Auch Union steht unter Druck, Platz zehn entspricht mitnichten den eigenen Erwartungen. Für beide Mannschaften geht es um viel. Union will den Anschluss an die Spitze nicht verlieren, der FCK den Muff des Tabellenkellers wegpusten. „Wir alle haben uns etwas anderes vorgestellt“, sagt Kessel, „aber wir sind ja die, die diese Situation zu verantworten haben. Auch ich bin daran beteiligt, dass es ist, wie es ist. Da kann ich jetzt nicht sagen, ich wäre mit anderen Vorstellungen gekommen.“
Ablenkung bei der Familie
Von der prekären Lage dürfe man sich nicht völlig vereinnahmen lassen, sondern schauen, dass man „dennoch das Leben außerhalb des Fußballs“ lebe. Er selbst sucht Ablenkung bei der Familie. Kessel kommt aus Bad Kreuznach, nach einer Stunde Fahrtzeit ist er bei seinen Lieben. Für gewöhnlich kümmert sich der 29-jährige Abwehrspieler parallel zur berufsmäßigen Balltreterei schon jetzt um die Zeit nach der Karriere. Doch das Studium an der Fern-Universität Düsseldorf im Bereich Sportbusiness-Management ruht. „Das ist jetzt unwichtig“, sagt Kessel. „Jetzt zählt erst mal nur, die Gedanken auf den Fußball zu richten.“
Weg vom Bodensatz
Der Profi möchte mit dem FCK weg vom Bodensatz der Zweiten Liga. So schnell wie möglich. Damit aus dem Kessel Grübelei wieder ein Kessel Frohsinn wird.