Rheinpfalz Zusammenhalt im Quartier

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Das Jahr 2000 markierte eine Zäsur für Speyer-Nord. Damals wurden die Hochhäuser abgerissen. Das leitete einen Wandel im Stadtteil ein, der sich seitdem vom sozialen Brennpunkt zum Quartier mit Lebensqualität gewandelt hat.

„Vor einigen Jahren hatte Speyer-Nord einen schlechten Ruf“, muss Alfred Böhmer zugeben. Da habe es schon öfter mal Schlägereien und Lärmbelästigung gegeben, erzählt der Geschäftsführer der Gewo Wohnen GmbH, die zirka 1000 Wohnungen in Speyer-Nord hält. Das habe vor allem an den 13-geschossigen Hochhäusern gelegen, die dort standen, wo sich heute das Mehrgenerationenhaus befindet – das Herz des Quartiers. „Der Abriss war nötig, weil die Substanz Probleme bereitete“, erklärt Böhmer. Das veränderte das Gesicht eines ganzen Stadtteils. Es entstand ein ungewöhnliches Projekt: Im Erdgeschoss des neuen Gebäudekomplexes befinden sich Geschäfte und das Mehrgenerationenhaus, auf der zweiten Ebene Reihenhäuser. Eine Quartiersmensa wie in Speyer-West gibt es zwar nicht, dafür einen Mittagstisch im Mehrgenerationenhaus, der stets gut besucht ist. Zudem werden Spielenachmittage, offene Treffs, eine Finanzberatung und verschiedene Kurse angeboten, beispielsweise der Umgang mit PC und Smartphone oder Sitztanz für Demenzkranke. Im Stadtteil-Treff Nordpol des Kinderschutzbunds gibt es ein Jugend-Café, es werden Hausaufgabenbetreuung und Sprachkurse angeboten. Der Stadtteil entstand Anfang der 1930er-Jahre: „Damals wurden Siedlungshäuser gebaut“, berichtet Böhmer. „Die künftigen Bewohner haben beim Bau mit angepackt und später ein Haus zugewiesen bekommen. Dazu gehörte auch immer ein Garten, damit man selbst Obst und Gemüse anbauen konnte.“ Manche dieser Siedlungshäuser stehen heute noch, dazu kommen Reihenhäuser, mehrstöckige Mietshäuser und Einfamilienhäuser. Das ergibt einen bunt gemischten Stadtteil, der mittlerweile eine begehrte Wohngegend geworden ist. Das liegt an der günstigen Anbindung zur B 9 und A 61, aber auch an den vielfältigen Naherholungsmöglichkeiten mit Wald und den Seen im Binsfeld. Dazu kommt eine intakte Infrastruktur mit Lebensmittelgeschäft, Bäckerei, Apotheke, Arztpraxen und Gewerbe. Allerdings schränken Autobahn, Wald und Rhein ein – es gibt auf den ersten Blick wenig Erweiterungsfläche. Doch Speyer-Nord ist Konversionsgebiet. Die Kurpfalzkaserne steht leer und bietet ein großes Gestaltungspotenzial. „Noch steht natürlich nicht fest, was dort genau passieren soll“, betont Böhmer. „Dass Wohnungen entstehen ist natürlich wünschenswert. Doch zuerst muss mal ein Konzept erarbeitet werden.“ Ein Glücksfall für den Stadtteil sei das vom Bund geförderte Projekt „Soziale Stadt“ gewesen, das mehrere Jahre in Speyer-Nord umgesetzt wurde. Dabei geht es nicht nur um städtebauliche Projekte, sondern auch um soziale, infrastrukturelle und gesellschaftliche Gesichtspunkte. „Mit im Boot war natürlich die Stadt, aber auch Vereine und die Kirchengemeinden“, erinnert sich Böhmer. „Die Bürgerbeteiligung war sehr hoch.“ Das Ergebnis waren unter anderem ein neuer Spielplatz, ein Basketballfeld, eine Skaterbahn sowie Verbesserungen bei Beleuchtung und Verkehrssicherheit. Das Projekt habe den Zusammenhalt im Quartier deutlich gestärkt, weiß der Gewo-Chef. Es sei ein neues Gemeinschaftsgefühl entstanden. Viele gemeinsame Feste werden gefeiert, zum Beispiel das Siedlerfest mit Umzug, das an diesem Wochenende stattfindet. Die Serie: Im Pfalz-Plan stellen wir wöchentlich in loser Reihenfolge Städte und Gemeinden aus der Pfalz vor. Zwei Fragen– zwei Antworten Alfred Böhmer (62) kommt aus Mainz und ist seit 21 Jahren Geschäftsführer der Gewo Wohnen GmbH. Wo ist Ihr Lieblingsplatz? Gerne gehe ich ins Mehrgenerationenhaus, treffe dort interessante Leute und bekomme immer einen guten Kaffee und leckeren Kuchen. Besonders gut schmeckt ein kühles Bier beim Siedlerfest. Warum sollte man herziehen? Der Stadtteil verfügt über eine hervorragende Infrastruktur, auch gerade was Betreuungs- und Freizeitangebote für Kinder angeht. Die Bewohner sind liebenswert und engagiert.

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