Rheinpfalz Neues Gutachten zur Gasexplosion: Rohrwand zu dünn

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Vor fast genau zwei Jahren explodierte in Ludwigshafen eine Gashochdruckleitung. Zwei Menschen starben, vier weitere wurden schwer verletzt. Es entstand ein Millionenschaden. Die Pipeline-Wand sei am Unglücksort stellenweise nur noch weniger als einen Millimeter stark gewesen, ergab ein nun vorgestelltes Gutachten.

Ludwigshafen. Zu dem Unglück am 23. Oktober 2014 zwischen den Stadtteilen Edigheim und Oppau war es gekommen, als Bauarbeiter die Pipeline freilegen wollten. Laut Staatsanwaltschaft wurde dabei mit einem Bagger eine Spundwand in den Boden getrieben. Die Leitung wurde von der Spundwand an zwei Stellen durchlöchert. Es kam zu der verheerenden Explosion. Die Staatsanwaltschaft hat deshalb ein Ermittlungsverfahren gegen zwei verantwortliche Mitarbeiter der Pipeline-Betreiberfirma Gascade (eine BASF-Tochter) sowie den Bauleiter und den Polier der Baufirma eingeleitet. Der Verdacht: Sie sollen durch fahrlässiges Handeln das Unglück herbeigeführt haben. Gutachten haben zwischenzeitlich ergeben, dass die Wand der explodierten Gaspipeline an dem geschädigten Rohrabschnitt stellenweise weniger als einen Millimeter dick gewesen sei, sagte gestern der Leitende Oberstaatsanwalt Hubert Ströber in Frankenthal. Ursprünglich habe die Dicke 8,8 Millimeter betragen. Nun soll untersucht werden, ob es wegen der Dünne der Wand der Leitung auch bei „umsichtigem“ Arbeiten an der Leitung zur Explosion hätte kommen können. Die technischen Versuche dazu sollen im März 2017 beginnen, ein Ergebnis wird für Oktober erwartet. Nur so könne geprüft werden, ob Verantwortliche des Pipeline-Betreibers und der Baufirma Schuld an dem Unglück tragen. Denn ein weiteres Gutachten, das seit September vorliegt, lege den Schluss nahe, dass es aufgrund des Zustands der Leitung wahrscheinlich bei einer Verringerung des Erddrucks auf der Leitung zu einem Gasaustritt gekommen wäre – und damit die Baggerarbeiten mit der Spundwand strafrechtlich nicht relevant sein könnten. Das Gutachten über den Zustand der beschädigten Pipeline lag bereits im März 2015 vor, ging dann zunächst an die ermittelnde Kriminalpolizei, von dort weiter an die Staatsanwaltschaft, die schließlich im Mai die Energieaufsicht des Landes beim Wirtschaftsministerium verständigte. „Dazu sind wir eigentlich nicht verpflichtet“, sagt Oberstaatsanwalt Ströber. In Mainz veranlasste man, dass die Pipeline untersucht wurde, die bereits drei Tage nach dem Unglück mit Genehmigung der Behörden wieder in Betrieb gegangen war. Als Sofortmaßnahme musste Gascade noch im Mai 2015 den Druck von 84 auf 10 bar drosseln, im Juni wurde die Pipeline stillgelegt. Es folgte eine Inspektion der 58 Kilometer langen Trasse, die von Ludwigshafen nach Karlsruhe führt. Ergebnis: Überall wurde eine ausreichende Wandstärke gemessen, die einen Betriebsdruck von 84 bar zulässt. Das bestätigte auch der Tüv, wie eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums auf Anfrage weiter mitteilte. Die Öffentlichkeit wurde damals nicht über das Ausmaß der Überprüfung und das Ergebnis informiert. Dies sei nicht üblich, meinte die Sprecherin. Betreiber und auch die Aufsichtsbehörden betonten gestern, dass die Pipeline ausreichend dick und geprüft worden sei. Gascade teilte auf Anfrage mit: „Wir haben keine Anzeichen dafür, dass die Sicherheit der gesamten Leitung durch reduzierte Rohrwanddicken beeinträchtigt war oder sein könnte.“ Vor Ort in Oppau löste die Überprüfung gemischte Gefühle aus. „Was da war, hätten wir schon gerne gewusst“, sagte Ortsvorsteher Udo Scheuermann (SPD). Immerhin stehe nun aber fest, dass die Leitung voll funktionsfähig sei.

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