Rheinland-Pfalz „Eine einzelne Anthrax-Probe“

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Landstuhl (gana/bby). Nachdem am Wochenende bekannt wurde, dass die US-Armee in den Jahren 2007, 2009 und 2010 Anthrax-Sporen an ein amerikanisches Militärlabor in Landstuhl (Kreis Kaiserslautern) geschickt haben soll, fordern Politiker aller Parteien Aufklärung. Der Verbandsbürgermeister von Landstuhl, Peter Degenhardt (CDU), hat gestern das Labor besucht – und dort auch Auskunft bekommen.

Mit deutlichen Worten hatte der CDU-Politiker zuvor die Informationspolitik der Amerikaner kritisiert und sich mit einem Fragenkatalog an den verantwortlichen US-Kommandeur gewandt. Der wiederum lud ihn für gestern zu einem Besuch des Labors ein. Im Anschluss sagte Degenhardt: „Sie schwören heilige Eide, dass sie nicht mit anderen biologischen Kampfstoffen hantiert haben.“ Dass eine einzelne Anthrax-Probe tatsächlich das Landstuhler Labor erreichte, habe die US-Seite aber eingeräumt. Die Probe sei 2005 angekommen, 2006 eingefroren und 2013 vernichtet worden. Sie habe lediglich abgetötete Anthrax-Sporen enthalten. Das gehe aus einer Aktennotiz hervor, die ihm vorgelegt wurde. Auf Anfrage der RHEINPFALZ teilte Zweibrückens Oberstaatsanwalt Martin Graßhoff gestern mit, dass seine Behörde von Amts wegen einen Prüfvorgang zur Klärung der Frage anlegt, ob sich aus dem in den Medien geschilderten Sachverhalt ein Anfangsverdacht für Straftaten ergibt. In diesem Zusammenhang werde die zuständige Gesundheitsbehörde um eine Stellungnahme gebeten. Sie soll darstellen, ob die Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes Anwendung finden und ob möglicherweise fahrlässig gegen Strafnormen dieses Gesetzes verstoßen wurde. Sei das der Fall, werde die Staatsanwaltschaft offizielle Ermittlungen einleiten. Ein Anfangsverdacht für einen Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz scheidet laut Graßhoff aus. Der Einsatz von Anthrax-Sporen bei Nato-Übungen unterliege nicht der strafrechtlichen Norm des Gesetzes. Strafanzeigen, die den Versand von Anthrax-Sporen betreffen, seien bisher keine eingegangen. Anthrax, auch bekannt als Milzbrand, ist eine Infektionskrankheit. Sie tritt in Deutschland kaum mehr auf. Normalerweise werden vor allem Tiere von der Krankheit befallen, Menschen nur, wenn sie hohen Dosen der Milzbrand-Sporen ausgesetzt sind. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist sehr unwahrscheinlich. Anthrax-Sporen werden als biologische Kampfstoffe eingesetzt. Das US-Militär soll sie bei Nato-Übungen eingesetzt haben. Auf eine diesbezügliche Anfrage der RHEINPFALZ reagierte das Militärbündnis ebenso wenig wie die US-Armee. Der westpfälzische SPD-Bundestagsabgeordnete Gustav Herzog hat sich mit einer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung gewandt. Er will wissen, ob die Regierung „eine Gefährdung der Zivilbevölkerung durch lebende Anthrax-Sporen im Forschungslabor der US-Army ausschließen kann“. Ebenfalls eine Kleine Anfrage hat der Ramsteiner CDU-Landtagsabgeordnete Marcus Klein gestellt. Er will von der Landesregierung wissen, welche Erkenntnisse sie in dieser Angelegenheit hat. Die SPD-Fraktion kündigte gestern an, das Thema kommende Woche im Landtagsplenum ansprechen zu wollen. Die Grünen wollen es als mündliche Anfrage in die Plenardebatte einbringen. Auch die CDU will vermutlich die Vorgänge in Landstuhl im Plenum ansprechen. Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hat sich Anfang der Woche mit einem Brief an US-Botschafter John B. Emerson gewandt. Sie forderte Aufklärung. Eine Antwort hat sie noch nicht erhalten.

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