Rheinpfalz Air Base: Linke außen vor

Völkerrechtswidrig und nicht mit dem Grundgesetz vereinbar – das soll die Ramsteiner Air Base sein. Zumindest sind die Linken im Bundestag davon überzeugt. Für gestern luden sie zu einer Protestaktion am Militärflughafen ein. Aus Berlin kam Sahra Wagenknecht angereist. Aber der Vorzeige-Kommunistin geht es wie den anderen sechs Abgeordneten. Sie dürfen den Stützpunkt nicht betreten.

Es ist viertel vor Zwölf, vor der Hauptzufahrt zum Flughafen hat sich ein Dutzend deutscher Polizisten stationiert. Sie plaudern, scherzen. Die Situation ist entspannt. Ein paar Hundert Meter entfernt formiert sich ein bunter Haufen. Alexander Ulrich, der Linken-Bundestagsabgeordnete aus Reichenbach-Steegen, wird sie später als „Liebe Genossen und Friedensbewegte“ begrüßen. Sie tragen Transparente. Auf ihnen werden Soldaten der USA als Mörder bezeichnet, auf anderen steht groß das Wort „Pace“. Der Protestzug setzt sich in Bewegung. Vorweg marschieren Bundestagsabgeordnete der Linken. Sie tragen ein großes rotes Banner, darauf steht: „Ramstein. Von hier geht Mord aus“. Ohne große Eile an den Tag zu legen, läuft die Gruppe Richtung Air Base. Von Sahra Wagenknecht, der designierten Fraktionsvorsitzenden der Linken im Bundestag, ist noch nichts zu sehen. Sie stößt eine Minute vor zwölf Uhr zu den Demonstranten. Rund 80 Leute haben sich versammelt, Journalisten sind in Mannschaftsstärke angereist. Die deutschen Polizisten haben eine Fahrbahn gesperrt. Sonst passieren weitgehend unbeeindruckt dutzende Fahrzeuge den Eingangsbereich des Militärflughafens – alles läuft dort wie immer. Währenddessen halten sich die Abgeordneten an besagtem Transparent fest – offensichtlich ein beliebtes Fotomotiv. Nicht nur die Journalisten knipsen, sondern auch Privatleute. Einer der Demonstranten ruft „Hallo Verfassungsschutz“ und lächelt besonders freundlich. Viele haben den Scherz offenbar nicht gehört. Zumindest lacht kaum jemand. Aber dafür ist die Angelegenheit auch viel zu ernst. Die Friedensaktivisten sind nicht (nur) nach Ramstein gekommen, um für Fotos zu posieren. Sie haben ein wichtiges Anliegen: Die Air Base soll geschlossen werden. Das Militärgelände soll einer zivilen Nutzung zugeführt werden. Die Redner finden teils unterschiedliche Worte, sagen aber doch das Gleiche. Ulrich und Wagenknecht beziehen sich in ihren frei gehaltenen Reden auf Willy Brandts Aussage, dass von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen dürfe. Aber genau das passiert ihrer Meinung nach in Ramstein. Die beiden beziehen sich auf die Militärdrohnen der US-Armee. Bei deren Einsatz soll eine Relais-Station, die angeblich auf der Air Base untergebracht ist, eine wichtige Rolle spielen. Definitiv bewiesen ist das nicht, aber es gibt internationalen Medien zufolge deutliche Hinweise darauf. Wagenknecht redet frei. Sie kommt in Rage, verhaspelt sich zwei-, dreimal, ohne jedoch den Faden zu verlieren. Sie steht da in ihrem kurzen, grauen Kostüm, die rote Handtasche hat sie vor der Rede abgelegt, und schimpft rhetorisch geschickt auf Merkel, die NSA und die Nato. Dabei fallen Sätze wie „Krieg darf kein Mittel der Politik sein“ oder „Wir brauchen kein Geschäft mit dem Tod, sondern mit dem Frieden“. Den Demonstranten gefällt das. Zumindest rufen sie ein paar Mal „Bravo“ und klatschen. Die Friedensinitiative Westpfalz ist ebenfalls vor Ort. Ihre zweite Vorsitzende, Bianca Pfaff, misst der Air Base „eine neue menschenverachtende Dimension“ zu. Friedenspfarrer Detlev Besier spricht von einem „beklemmenden Gefühl“ angesichts einer militärischen Einrichtung auf deutschem Boden, die nicht durch das Grundgesetz gedeckt sei. Nach einer halben Stunde wurde genug gesprochen. Jetzt wollen die Abgeordneten die Air Base betreten. Freilich stürmen sie nicht wie wild gewordene Berserker auf den Eingang zu, sondern melden sich artig in dem kleinen Häuschen an, das vor dem Haupteingang steht. Dort müssen sich alle Besucher melden, die den Flugplatz betreten wollen. In freundlichen, aber bestimmten Worten machen ihnen die Soldaten klar, dass sie nicht rein dürfen. Zumindest heute nicht. Sie sollen sich vorher anmelden. Laut Ulrich wurde das versucht, scheiterte aber. Die sieben Parlamentarier verlassen das Häuschen. Enttäuscht wirken sie wegen der Abfuhr nicht, eher in ihrer Ansicht bestätigt. Ulrich verkündet: „Die Demokratie endet an dieser Stelle.“ Dann ist die Aktion vorbei. Fast. Die Journalisten stürmen zu Wagenknecht, und der ein oder andere Demonstrant nutzt die Gelegenheit für ein Erinnerungsfoto mit der Ehefrau von Oskar Lafontaine. (gana)

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