Kultur Südpfalz Mit Wucht gegen den Strom

Punk mit Galgenhumor: die Hartgeldstricher.
Punk mit Galgenhumor: die Hartgeldstricher.

Interview: Laut und immer völlig unkorrekt: Die Hartgeldstricher sind Landaus bekannteste Punkrock-Band. Im Frühjahr soll das neue Album „Indigo Child“ erscheinen, heute wird das Video zur Single „Stell dich nicht so an“ veröffentlicht. Zeit für ein Gespräch mit Sänger Hardy Korsakow und Schlagzeuger Andi Positas, die nur unter Künstlernamen auftreten.

Wie bringt ihr Punk und unbefristete Arbeitsverträge unter einen Hut?Korsakow:

Wir stehen alle mitten im Leben, jeder hat Verantwortung übernommen. Wenn man Vater geworden ist, muss die Familie ernährt werden. Das ist halt so. Positas: Manche Arbeitgeber finden es auch richtig cool. Mein Chef hat eine CD gewollt. Korsakow: Meiner fand`s nicht so gut, aber das ist mir ziemlich egal. Ich mach mein Ding, wem das nicht passt, der hat halt Pech gehabt. Der kann mir aber aus dem Weg gehen. Ihr habt euer zweites Video gedreht, das heute erscheint. Wie war der Dreh? Positas: Es war wesentlich professioneller als das vorige. Das erste Video haben wir geschenkt bekommen. Korsakow: Eine Firma hat jemanden gesucht, für den sie ein Musikvideo machen können. Als Aushängeschild für ihre Arbeit. Das war unser Song „Ich und Du“, den gibt’ s auch auf Youtube. Das kam ziemlich gut an, aber war Low Budget. Beim zweiten Musikvideo haben wir mehr Geld reingesteckt. Wir haben ein Tattoo-Model aus Berlin eingeflogen und ein offizielles Kamerateam hinzugezogen. Der Song ist gut, wir wollen ihn mit dem Video zum Aushängeschild machen. Wenn man nur die Musik hört, kommt das ein bisschen zu derb rüber. Wir wollen ja noch einen gewissen Humor transportieren. Wenn du nur die Musik hörst, denkst du: Was ist denn mit denen los? Positas: Die Idee vom Video steht im Kontrast zum Text. „Ich und Du“ klingt nach einem Liebeslied. Im Video geht’s um einen Typen, der eine Frau stalkt, sie vom Parkplatz zieht, betäubt, mit nach Hause nimmt und im Keller einsperrt. Korsakow: Es geht halt darum, dass man so verrannt in eine Frau ist, das man alles machen würde, um die Person an sich zu reißen. Positas: Das Video zu „Stell dich nicht so an“ ist genauso. Wenn man das Lied hört, klingt es wie ein überspitzter Macho-Text. So: Er will jetzt Sex, aber was sie will, interessiert ihn nicht. Im Video lässt die Frau einen Kerl abblitzen, sie spielt mit ihm und er ist ihr völlig hörig. Wir haben das Szenario des Textes umgedreht. Das klingt hart, seid ihr nicht eher eine Spaß-Band? Korsakow: Wir sind teilweise schon tiefgründiger. Wir wollen mit unseren Texten eine Message raushauen. Wir bereiten mit Spaß und Galgenhumor ernsthafte Themen auf. Wenn man das Video sieht, wird das deutlicher. Seht ihr euch als politische Band? Beide sofort: Nee, gar nicht. Positas: Was fällt mir ein, was über Politik zu sagen, wenn ich mich doch nicht auskenne? Es geht eher um den Spaß. Beim Punk ist es der Drive, die Geschwindigkeit. Dazu gehört ein frecher, knackiger Text. Richtig gut ist es, wenn es aneckt. Korsakow: Das ist wichtig. Du darfst im Punk mittlerweile nicht mehr sagen, was du fühlst und was du denkst. Es fühlt sich jeder gleich auf den Schlips getreten. Du darfst beispielsweise nicht „schwul“ sagen, weil du dann gleich homophob bist. Das trete ich mit Füßen, es ist mir egal. Punk ist das, was aus dem Herzen kommt. Positas: Egal ob Wut oder Zorn, man vertont das, was raus muss. Korsakow: Zu meiner Gefühlslage schreibe ich einen Text. Wenn das jemandem auf die Nerven geht, dann habe ich ins Schwarze getroffen. Das ist Punk. Einfach gegen den Strom. Wie ist denn euer Verhältnis zum Publikum, dem ihr manchmal derb gegenübertretet? Braucht ihr überhaupt welches? Positas: Natürlich. Wenn das Publikum mitmacht, ist es schon geil. Wenn das Publikum gegen uns ist, wie auf dem Insheimer Weinfest, wo wir nach dem vierten Lied abbrechen mussten, dann ist das auch geil. Korsakow: Das war aber gute Presse. Wir haben lange gebraucht, bis die Leute unseren Galgenhumor verstanden haben. Und mittlerweile haben wir auch eine gute Fanbase. Manche verstehen uns aber immer noch nicht. Positas: Wir nehmen uns selbst nicht ernst, von daher können wir auch keine politische Band sein. Euer neues Album „Indigo Child“ kommt ihm Frühjahr 2018. Geht’s dann wieder richtig los? Positas: Ich könnte jedes Wochenende spielen. Korsakow: Wir hatten wegen mir einen Pause, ich bin beruflich viel unterwegs. Dann kam der Landauer Sommer dazwischen, da haben wir gesagt: Dort müssen wir spielen. Nächstes Jahr geben wir aber wieder richtig Vollgas. Info Die Hartgeldstricher gibt’s im Internet unter www.hartgeldstricher.com, auf Facebook unter facebook.com/HartgeldStricher/. Das neue Video zu „Stell dich nicht so an“ ist ab heute Abend, 19 Uhr, im Netz unter youtu.be/h79Xkqfe_tI zu finden. | Interview: Falk Reimer DOPPELTERZEILENUMBRUCH

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