Rheinpfalz „Viele großartige Menschen“

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SPEYER/EDENKOBEN. Mario Adorf, Udo Böltz, Hans-Peter Briegel, Hannelore Kohl, Stefan Kuntz, Kurt Lukas, Siegfried Perrey und Bernhard Vogel haben eines gemeinsam: Sie wurden alle mit der Goldenen Zeile ausgezeichnet. Am Samstag vergibt der Bezirk Pfalz des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV) in der Villa Ludwigshöhe seinen Medienpreis an die 50. Persönlichkeit: den deutsch-syrischen Buchautor Rafik Schami. Nicht alle Preisträger hatten die Ehrung auch verdient.

Gerd Lenhart, fast zwei Jahrzehnte Vorsitzender der Jury und ehemaliger Leiter der RHEINPFALZ-Lokalredaktion in Speyer, studiert die Riege der Preisträger mit gemischten Gefühlen. „Die meisten waren tatsächlich pressefreundliche Persönlichkeiten mit Pfalzbezug“, sagt er: „Fehlentscheidungen hat es allerdings auch gegeben.“ Dazu zählt Lenhart rückblickend den 1985 ausgezeichneten Ordensmeister der Pfälzer Weinbrüder, Theo Becker. Denn der hatte ein paar Jahre später für das Heimatjahrbuch des Landkreises Bad Dürkheim nach Meinung vieler Leser zu einseitig und zu unkritisch seine Jugend bei der Hitlerjugend-Organisation geschildert – das war auch dem Gewerkschafter Lenhart bitter aufgestoßen. Auch Ex-Bahnchef Hartmut Mehdorn, Preisträger von 1999, würde nach heutigem Wissensstand keine Goldene Zeile mehr bekommen. Mittlerweile kann Lenhart damit leben, dass sich einige Zeilenträger erst nach der Verleihung als Fehlgriff entpuppten. Und zwar dann, wenn sie bei der anschließenden Feier nach einigen Gläsern Wein plötzlich Ansichten vertraten, bei denen den Mitgliedern des DJV-Bezirksverbands die Haare zu Berge standen. „Zum Glück geschah das nur sehr selten“, so Lenhart. Zu über 90 Prozent seien die von den Kollegen vorgeschlagenen Preisträger großartige Menschen gewesen. „Es war immer spannend, sie im Gespräch näher kennenzulernen.“ Zu den Sternstunden der Preisverleihungen zählt der Bezirksverband die Veranstaltungen mit dem Ludwigshafener Bürgermeister Gerhard Schoenmakers (1980), Eckhard Seeber (1981), dem Fahrer von Bundeskanzler Helmut Kohl, den FCK-Fußballern Briegel (1986) und Kuntz (1991), Fifa-Schiedsrichter Markus Merk (2002) und dem Schauspieler Mario Adorf (2007). Sie zogen so viele Gäste an, dass die Veranstalter vom häufig genutzten, eher kleinen Keller der Südlichen Weinstraße (Edesheim) in die Burg Berwartstein, die Sektkellerei Schloss Wachenheim oder das Historische Museum Speyer umziehen mussten. Um Glamour ging es dem DJV-Bezirksverband bei seinem Medienpreis allerdings nie. Ursprünglich wollte er für sich selbst und den Pfälzer Journalismus werben, indem er eine interessante Veranstaltung für seine Mitglieder auf die Beine stellte. Angestoßen wurde das Ganze von einem Südpfälzer: Der Journalist Dieter Hörner regte 1967 an, pressefreundliche Persönlichkeiten aus der Pfalz auszuzeichnen. Vorschläge sollten aus den Redaktionen kommen, eine Kommission darüber befinden. Am 21. September 1968 erhielt dann Willi Pfaffmann von der Autobahnpolizei Wattenheim die allererste Goldene Zeile. Der zweite Preisträger war Edgar Janson, der Präsident des Pfälzischen Bauernverbandes, gefolgt von Kultusminister Bernhard Vogel (CDU). Es habe sich bewährt, immer mal wieder auch Politiker oder andere Prominente ins Boot zu holen, sagt Hubertus Kranczoch, langjähriger DJV-Bezirksvorsitzender aus Speyer. „Das wirkt nach außen und hilft der Gewerkschaft, neue Mitglieder zu gewinnen.“ Manchmal musste der Bezirksverband aber auch tief in die Tasche greifen, um den renommierten Medienpreis zu finanzieren. Mario Adorf gefiel es nach der Preisverleihung in einem Speyerer Wellnesshotel so gut, dass er gleich zwei Nächte blieb. Dieser spontane Entschluss inklusive Gage kostete den DJV mehr als erwartet. „Adorf war aber so umgänglich und ist so ein brillanter Erzähler, dass wir den Betrag gerne locker gemacht haben“, so Lenhart. „Obwohl der Aufwand grenzwertig war.“ Auch Kranczoch schmunzelt, wenn er an die Aufregung vor und nach Adorfs Ankunft denkt. „Das war eine einmalige Sache“, sagt der 69-Jährige. Mit dem Medienpreis belohne der Bezirksverband ja eigentlich keine Prominenten, sondern Menschen, die sich in ihrem Berufsalltag durch offene Worte oder regen Informationsaustausch mit den Medien auszeichnen. Dabei müsse aber stets die kritische Distanz gewahrt werden. Lenhart und Kranczoch erinnern sich in diesem Zusammenhang noch an Hannelore Kohl, die die Veranstaltung wohl als Werbeforum für ihre Stiftung angesehen hatte und dann sehr erstaunt der kämpferischen Rede des inzwischen verstorbenen DJV-Bezirksvorsitzenden Uli Remmel lauschte. Lenhart, der als Laudator 19 Preisträger gewürdigt hat, findet es ein wenig peinlich, dass in all den Jahren nur fünf Frauen die Goldene Zeile erhielten. Woran das liegt, kann er sich nicht so recht erklären. Auch Kranczoch hofft auf einen Umschwung: „Mit der Sekretärin des Neustadter Oberbürgermeisters, Maria Angel, mit Kriminalhauptkommissarin Sylvia Boltz (Polizeipräsidium Rheinpfalz), der Archäologin Andrea Zeeb-Lanz und der Gesprächstherapeutin Sybille Jatzko hatten wir tolle Preisträgerinnen. Und wünschen uns viele weitere Kandidatinnen.“ Dass im 49. Jahr der Verleihung die 50. Goldene Zeile vergeben wird, liegt übrigens daran, dass sich die Jury ein einziges Mal nicht einigen konnte: 1987 erhielt neben Maria Angel auch Heinz-Josef Recker, der Leiter des Mannheimer Wasser- und Schifffahrtsamtes, den Medienpreis. Info Auszüge aus der Dankesrede von Buchautor Rafik Schami (69), der am Samstag die 50. Goldene Zeile erhält, wird die RHEINPFALZ am SONNTAG in ihrer nächsten Ausgabe abdrucken.

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