Rheinpfalz Endstation Bohrplatz

SCHIFFERSTADT/MAINZ. Jahrelang haben engagierte Naturschützer wie Doris Stubenrauch oder Rolf Götz für den Bau einer Grünbrücke über die Autobahn 61 zwischen Schifferstadt und Speyer gekämpft. Zerschneidet doch deren stark befahrenes Asphaltband Lebensräume und erschwert Wanderungen von Wildtieren zwischen Pfälzerwald und Rheinhauen. Dabei böte sich gerade das große Waldgebiet zwischen Neustadt und Speyer als „Schleichpfad“ für Tiere an. Mit den Vorbereitungen für den Ausbau der A 61 von zwei auf drei Spuren bekam die Grünbrücken-Forderung der beiden Aktivisten des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zusätzliches Gewicht. Und Anfang 2015 erteilte das Bundesverkehrsministerium einen Planungsauftrag für einen solchen Übergang, der Reh, Fuchs oder vielleicht auch Wildkatze vorbehalten wäre. Voraussichtliche Kosten: 3,6 Millionen Euro. Im Juli des gleichen Jahres erklärte Umweltministerin Ulrike Höfken (Grüne) bei einem Ortstermin im Wald bei Schifferstadt den Brückenbau gar zur Bedingung: „Wenn die Autobahn schon erweitert wird, dann nur mit Grünbrücke.“ Denn, so Höfken: Das Gebiet dort sei südlich des Mittelrheintales die einzige Stelle, an der der Wald bis an die A 61 heranreiche und sie auf beiden Seiten begleite. Naturschützer Götz hat ziemlich klare Vorstellungen, welche Route aus Richtung Haardt ankommende Wildtiere einschlagen würden, um östlich der Grünbrücke in die Rheinauen zu gelangen. Nämlich: südlich Schifferstadt durch den Wald, über die Bahnlinie Schifferstadt-Speyer und die vierspurig ausgebaute Bundesstraße 9 hinweg und dann übers Feld zwischen Waldsee und Otterstadt hindurch. Gerade mal 900 Meter sind die beiden Gemeinden voneinander entfernt. Andere Routen seien aufgrund der örtlichen Verhältnisse kaum zu erwarten, so Götz. Doch ausgerechnet mitten hinein in dieses noch unverbaute Nadelöhr zwischen Waldsee und Otterstadt will ein aus Engie E&P und Palatina Geocon bestehendes Erdöl-Konsortium einen ein Hektar großen Bohrplatz einrichten. Zunächst soll mit dieser gewaltigen Anlage erkundet werden, ob sich dort wirtschaftlich Öl gewinnen lässt. Falls ja, soll dort ein dauerhafter Förderplatz entstehen. Bürger machen Front gegen dieses Projekt. Sie befürchten Lärm, Gesundheitsrisiken und Erdbeben. Zwar stuft der Regionalplan Rhein-Neckar diesen Bereich als „Vorranggebiet für die Landwirtschaft“ und als „Grünzäsur“ ein. Aber die Neustadter Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Süd hat der vom Konsortium geforderten Abweichung von diesen raumordnerischen Zielen schon einmal ihren Segen gegeben. Und zwar bemerkenswerterweise fast zeitgleich mit der Erteilung des Planungsauftrags für die Grünbrücke durch das Bundesverkehrsministeriums. Bisher hat der SGD-Süd-Bescheid vor Gericht Bestand. Und sollte das Erdöl-Projekt tatsächlich starten, drängt sich die Frage auf, welcher Nutzen von der Millionen-Investition in die Grünbrücke dann noch zu erwarten wäre. – In einem solchen Fall wären zunächst die Auswirkungen auf den Wildtierkorridor zu klären, heißt es dazu auf Anfrage im Mainzer Umweltministerium. Dann müssten Lösungen gefunden wären, mit denen die beabsichtigte Wirkung der Grünbrücke und des Korridors erhalten werden könne. Vorstellbar wären etwa eine Verbreiterung des Korridors oder das Anlegen von Grünlandflächen. Entsprechende Entscheidungen müssten in den Zulassungsverfahren unter Beteiligung der SGD Süd als oberer Naturschutzbehörde getroffen werden. Grundsätzlich hält das Ministerium den Bau einer Grünbrücke über die A 61 für einen „großen Gewinn“ für die Natur und für den Erhalt der Artenvielfalt. Schließlich handele es sich an dieser Stelle um eine der wenigen Möglichkeiten in der dicht besiedelten Region, um eine Verbindung zwischen Pfälzerwald und Rheinauen herzustellen. Damit könnten die Lebensräume von Wildtieren vernetzt und so die Bestände der heimischen Tierwelt unterstützt werden. Warum muss die Grünbrücke aber ausgerechnet an dieser Stelle über die Autobahn 61 errichtet werden? – Antwort Umweltministerium: Ihre Lage sei im laufenden Planfeststellungsverfahren für den sechsstreifigen Autobahnausbau festgelegt worden. Und zwar auf Grundlage eines tierökologischen Fachgutachtens unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Landesamtes für Umwelt. Erfahrungen mit vorhandenen Grünbrücken würden zeigen, dass Wildtiere wie Füchse und Rehe, aber auch Käfer, Reptilien und viele Kleinsäugerarten von solchen Bauwerken profitieren. BUND-Mitstreiter Götz räumt zwar ein, dass eine Ölbohranlage zwischen Otterstadt und Waldsee die Wirkung der Grünbrücke auf Jahre hinaus „erheblich nachteilig beeinflussen“ würde. Aber, so betont auch Doris Stubenrauch, mit der geplanten Verbreiterung der A 61 werde deren Zerschneidungswirkung noch verstärkt. Um dies abzumildern, sei der Brückenbau geboten. Außerdem diene ein solcher Übergang nicht nur der regionalen Vernetzung zwischen Pfälzerwald und Rheinauen, sondern auch der örtlichen. Einwurf |jüm

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