Wissen Wonach dieses Jahr gegoogelt wurde
Google ist die mit Abstand am meisten genutzte Suchmaschine der Deutschen. Manche Menschen interagieren mit der Suchmaschine in ganzen Fragesätzen, andere schreiben nur einzelne Wörter. Google kann mit allem umgehen und veröffentlicht diese Daten zumindest teilweise. Je nachdem, in welchem Ausmaß man dem Konzern Alphabet, der hinter der Suchmaschine steht, glauben mag oder nicht, erlauben die „Google Trends“ einen kleinen Einblick in das, was in diesem Jahr im Internet gesucht wurde.
Die zwei Phasen der Pandemie
Und das waren in diesem Jahr, wenig überraschend, den Google-Daten nach Informationen zur Coronavirus-Pandemie. Der Blick in die Daten verdeutlicht, dass es zwei Phasen der Pandemie gibt. Im Frühling war der große Trend das Händewaschen. 20 Sekunden lang (2x Happy Birthday singen) und am besten hinterher desinfizieren. Die Nachfrage danach war riesig und wurde wie auch im analogen Leben nur noch durch die nach Toilettenpapier übertroffen. Gegensätzlich erscheinen die politischen Entscheidungen: Brachten im März totale Einreiseverbote eine vernetzte Welt durch nationalstaatliche Alleingänge zum Erliegen, ist diese Maßnahme seitdem nicht mehr im Gespräch. Nun blickt die Öffentlichkeit gebannt auf die Inzidenzwerte, während anfangs noch Einzelfälle gezählt wurden. Sprachlich lässt sich anhand der verwendeten Formulierungen ebenfalls eine Zweiteilung beobachten. Im Frühling war die Ausgangssperre das beherrschende Thema, jetzt im Winter ist es der Lockdown.
Kaum regionale Unterschiede
Westpfälzer und Vorderpfälzer, Pfälzer und Kurpfälzer, Ossis und Wessis. Über die regionalen Unterschiede in der Sprache, beim Essen und bei der Lebensführung wird gerne diskutiert und noch mehr gelacht. Aus den Google-Zahlen geht das aber nicht hervor. Google Trends veröffentlicht kaum brauchbare Zahlen zu regionalen Unterschieden. Das Toilettenpapier war schließlich überall ausverkauft, Kultureinrichtungen überall geschlossen. Einzig das Interesse am „Querdenken“ scheint in zwei Bundesländern besonders ausgeprägt zu sein – außerhalb der Pfalz.
Ein Virologe macht ein neues Medium populär
Podcasts liegen in Deutschland schon seit ein paar Jahren im Trend, sie waren bisher ein Medium für Nischenthemen. Doch Virologie betrifft seit Jahresbeginn alle Deutschen. Die parallel verlaufenden Graphen verdeutlichen: Der mittlerweile mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnete Virologe Christian Drosten hat mit seinem „Coronavirus-Update“ die Nachfrage nach Podcasts signifikant stimuliert. Weil die Nachfrage im Jahresverlauf aber wieder etwas nachgelassen hat, ist nicht zu erwarten, dass er wie Eckhart von Hirschhausen den Arztberuf aufgibt und hauptberuflich zum Rundfunk wechselt.
Deutschland sucht Amerika
US-amerikanische Medien berichten über den Impfstoff BNT162b2 vorwiegend als eine Entwicklung des US-amerikanischen Pharmaherstellers Pfizer. Das Mainzer Unternehmen Biontech mit seinem in der Türkei geborenen CEO Uğur Şahin kommt dort nur am Rande vor. Hierzulande wird der Impfstoff vor allem als Resultat des deutschen Unternehmens Biontech präsentiert. Diese unterschiedliche Darstellung in den Medien beeinflusst die Suchnachfrage nach den entsprechenden Firmen. Das Interesse der Deutschen an Amerika ist aber nicht grundsätzlich gering: Donald Trump sowie die Präsidentenwahl generieren erwartbare Ausschläge in der Google-Suche. Einzig im Frühjahr schaffte Markus Söder mit öffentlichkeitswirksamen Ankündigungen eine größere Nachfrage zu seiner Person als der nun abgewählte US-Präsident.
Die Pandemie schafft neue Trends
Die Pandemie hat für Arbeitgeber und Arbeitnehmer binnen Wochen Tatsachen geschaffen. Wer nicht in Kurzarbeit geschickt wurde, konnte oder musste ins Home Office. Dass die Videotelefonie aber nicht nur für die Arbeit, sondern auch privat genutzt wird, zeigt die große Nachfrage nach dem Anbieter Zoom. Wer genug von Bildschirmen hat, widmet sich seitdem offenbar gerne analogen Beschäftigungen. Eine Besinnung auf das, was schon die Generation der Eltern und Großeltern gemacht hat? Das Interesse an Backen, Nähen und Haare schneiden ist nachhaltig größer als noch im Jahr 2019.
Ein Blick in die Zukunft?
Wie in noch keinem Jahr zuvor wurde die Welt von einem einzigen Thema so beherrscht. Google Trends spiegelt die Mechanismen der globalen, aber auch der deutschen Öffentlichkeit. Viele Begriffe und Ideen haben eine kurze Halbwertzeit: Einreiseverbot, Desinfektionsmittel, Toilettenpapier. Die Kurzlebigkeit gibt es nicht erst seit der Pandemie, durch sie wird sie besonders deutlich. Man darf gespannt sein, wann wir über den nun beginnenden Impfprozess so sprechen werden, wie über die Impfungen gegen die Pocken; nämlich als eine Maßnahme aus vergangenen Zeiten.