Wissen Neandertaler nutzen Klebstoffe für Werkzeuge
Die Hinweise auf den komplexen Kleber haben sich bei der Aufarbeitung von Stücken aus der Neandertaler-Fundstelle Le Moustier in der Dordogne (Frankreich) unter deutscher Leitung ergeben. Patrick Schmidt von der Universität Tübingen und Ewa Dutkiewicz vom Museum für Vor- und Frühgeschichte der Staatlichen Museen zu Berlin haben die Studie dazu in der Fachzeitschrift Science Advances veröffentlicht.
Die Nutzung solcher Verbundkleber – darunter verschiedene klebrige Substanzen wie Baumharze und auch Ocker – sei bisher vor allem von frühen modernen Menschen, dem Homo sapiens, in Afrika bekannt gewesen. „Solche technologischen Entwicklungen und das Verständnis für Materialeigenschaften wurden auch als erster Ausdruck umfassender kognitiver Prozesse der Menschen betrachtet, die unserer heutigen Denkweise bei industriellen Prozessen entsprechen“, sagt Schmidt.
Die Forscherinnen und Forscher entdeckten an mehreren Steinwerkzeugen wie Abschlägen, Schabern und Klingen Reste einer Mischung aus Ocker und Bitumen.
Großer Aufwand und genaue Planung
Ocker ist ein natürlich vorkommendes farbiges Erdpigment. Das Kohlenwasserstoffgemisch Bitumen ist unter anderem Bestandteil von Asphalt, kann aus Erdöl hergestellt werden, kommt jedoch auch natürlicherweise im Boden vor.
In der Region von Le Moustier mussten Ocker und Bitumen laut der Studie aus weit voneinander entfernten Orten zusammengetragen werden. Das bedeute großen Aufwand, erfordere Planung und eine gezielte Vorgehensweise, erläutert Dutkiewicz. Man gehe davon aus, dass das aufwendig produzierte Klebematerial von Neandertalern hergestellt wurde. „Was unsere Studie zeigt ist, dass sich beim frühen Homo sapiens in Afrika und den Neandertalern in Europa ähnliche Denkmuster widerspiegeln“, so Schmidt.