Wissen Die Revolution findet im Kühlschrank statt

Mit einem speziellen Infrarot-Detektor messen die Forschenden Temperaturveränderungen von Feststoffen. Der Detektor muss mit flü
Mit einem speziellen Infrarot-Detektor messen die Forschenden Temperaturveränderungen von Feststoffen. Der Detektor muss mit flüssigem Stickstoff gekühlt werden.Damian Gorczany

Die Kälte in Kühlschränken wurde bisher mithilfe von Gas erzeugt. Ein Forscherteam der Ruhr-Universität Bochum setzt stattdessen auf Festkörper, da diese effizienter arbeiten könnten.

Die Kompressortechnik, mit der heutige Kühlschränke arbeiten, wurde vor mehr als einem Jahrhundert erfunden. „Natürlich wurde die Technik im Lauf der Jahre optimiert. Aber zuletzt bestanden die Verbesserungen bei den Energieeffizienzklassen eher in Anpassungen wie dichteren Türen“, sagt Daniel Hägele von der Ruhr-Universität. Dabei seien auch komplett andere Techniken zur Erzeugung von Kälte denkbar – etwa basierend auf dem kalorischen Effekt, den Hägeles Team nach eigenen Angaben weltweit am schnellsten messen kann.

Der kalorische Effekt beschreibe die Tatsache, dass manche festen Materialien mit einer Temperaturveränderung reagieren, wenn man sie in ein elektrisches Feld oder Magnetfeld einbringt. Für die besonders schnelle Messung des Effekts hat die Bochumer Arbeitsgruppe „Spektroskopie der kondensierten Materie “ einen Versuchsaufbau entwickelt. Die Ergebnisse der Tests sind im Wissenschaftsmagazin Rubin der Ruhr-Universität Bochum veröffentlicht worden.

Die Forscherinnen und Forscher befassen sich vor allem mit dem elektrokalorischen Effekt, also den Temperaturveränderungen, die Festkörper durch elektrische Felder erfahren. „Wir können Veränderungen von einem Tausendstel Grad in einer Tausendstel Sekunde detektieren. So schnell kann das sonst niemand“, beschreibt Doktorand Jan Fischer die Besonderheit des Bochumer Ansatzes.

Schnell sein lohnt sich

Dass die Gruppe sich für diese winzigen Veränderungen interessiert, könne auf den ersten Blick paradox erscheinen. „Eigentlich suchen wir Materialien mit möglichst großen Temperatureffekten. Aber manchmal muss man klein anfangen“, gibt Hägele zu. Die minimalen Veränderungen auf der Zeitskala verraten den Forschern viel über die grundlegenden Prozesse, die zu den Temperaturveränderungen in den Feststoffen führen. Hinzu komme, dass Materialien, die schnell ihre Temperatur ändern können, für die Anwendung besonders interessant seien. „In einem kalorischen Kühlprozess wird die Wärme päckchenweise abtransportiert“, erklärt Jörg Rudolph, ebenfalls Mitglied der Bochumer Arbeitsgruppe. „Für die Effizienz ist es von Vorteil, wenn man die Wärmepäckchen schnell hintereinander wegschaffen kann“, sagt er.

Die Kühlung basierend auf dem kalorischen Effekt sei dabei ein mehrstufiger Prozess. Denn in der Regel schafft ein Material auf einen Schlag nur eine Abkühlung von drei bis vier, maximal sechs Grad Celsius. „Ein Kühlsystem könnte aber aus mehreren Kammern bestehen, an deren Übergängen jeweils eine Abkühlung um einige Grad erfolgt, sodass insgesamt eine ausreichend große Kühlung erzielt würde“, erläutert er.

Anders als bei herkömmlichen Kühlschränken würde die Kälte dann nicht mehr mithilfe eines Gases oder einer Flüssigkeit erzeugt, sondern mit einem festen Material. „Einen Festkörper zu verwenden ist von Vorteil, weil darin mehr Atome pro Kubikzentimeter vorliegen. Damit ließen sich kompaktere Kühlgeräte bauen. Und potenziell auch effizientere“, erklärt Hägele.

x