Wissen Das Lithium liegt so nahe

Beim Karlsruher Institut für Technologie (KIT) wird am Institut für Angewandte Geowissenschaften (AGW) Lithiumhydroxid gezeigt.
Beim Karlsruher Institut für Technologie (KIT) wird am Institut für Angewandte Geowissenschaften (AGW) Lithiumhydroxid gezeigt. Dieses soll als Endprodukt aus Geothermalwasser gewonnen werden. Im Geothermiekraftwerk Bruchsal soll dazu eine Pilotanlage entstehen.

Lithium gilt als das Schlüsselelement schlechthin. Die Nachfrage für die Produktion von Lithium-Ionen-Batterien ist kaum zu decken. Klar ist: Zusätzliche Rohstoffgewinnung und mehr Recycling sind nötig. Eine Pilotanlage soll nun zeigen, ob sich die Förderung des begehrten Elements im Oberrheingraben lohnt.

Pechschwarz ist die Flüssigkeit vor Klemens Slunitschek. Daneben führen Schläuche in Bechergläser mit bunten Chemikalien. Der Geoökologe erforscht am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), wie aus Tiefenwasser im Oberrheingraben Lithium gefördert werden kann. Für die schwarze Färbung sorgt ein Manganoxid, das er ins Wasser gibt, um ein weißes Pulver – Lithiumhydroxid – zu erhalten.

In jedem Liter des unterirdischen Wassers befänden sich bis zu 200 Milligramm Lithium, erklärt Slunitschek. Das Metall gilt nach Angaben des Verbands Deutscher Wirtschaftsingenieure (VWI) als das Schlüsselelement schlechthin in Lithium-Ionen-Batterien. In diesem Prozess könnte die Geothermie-Anlage Bruchsal eine – wenn auch kleine – Rolle spielen.

Kleine Tunnel lassen nur Lithium durch

Der Mitbetreiber Energie Baden-Württemberg AG (EnBW), das KIT und weitere Projektpartner wollen dort eine Pilotanlage errichten. Dabei soll mit einem speziell hergestellten Manganoxid Lithium gewissermaßen aus dem geförderten Wasser gesiebt werden. „Man kann sich das vorstellen wie kleine Tunnel, in die nur Lithium gehen kann“, erläutert Slunitschek die Eigenschaften des Manganoxids. In einem weiteren Schritt werde das Lithium dann wieder gelöst. Im Labor wird dafür eine hochverdünnte Salzsäurelösung genutzt. „Wir testen noch, was am besten ist“, so Slunitschek.

Wenige Stunden dauert es, bis der verwertbare Rohstoff vorliegt. Im Vergleich etwa zu den Salzseen in Südamerika sei das ein enormer Zeitgewinn: Denn da müsse Wasser erst über Monate verdunsten, bis Lithium aus der Sole gewonnen werden könne.

Abbau anderswo mit Problemen verbunden

Doch die Gewinnung vor der Haustür hätte auch noch andere Vorteile. Der internationale Handel mit Lithium steht wegen seiner Umwelt- und sozialen Folgen massiv in der Kritik. So kommen aus Australien laut VWI zwei Drittel der Lithium-Weltproduktion. Abgebaut wird der Rohstoff dort im klassischen Bergbau. Eine Studie des Öko-Instituts verweist auf die damit verbundenen Umweltrisiken wie Schlammteiche und Absetzbecken sowie auf Folgen für die Artenvielfalt. Probleme in sozialer Hinsicht gebe es unter anderem mit dem Bergbau auf Aborigine-Gebiet.

Lithium-Ionen-Akkus sind überall dort gefragt, wo viel Energie gebraucht wird, aber der Speicher möglichst leicht sein soll: etwa in Smartphones, Laptops und Digitalkameras. Ohne die Akkus wäre aber auch ein Erfolg der Elektromobilität nicht denkbar. Wie hoch der Bedarf ist, macht die Außenhandelsstatistik deutlich: Laut Statistischem Bundesamt stieg allein die Anzahl der importierten Lithium-Ionen-Akkus von mehr als 55 Millionen oder rund 7267 Tonnen im Jahr 2012 auf fast 230,5 Millionen oder gut 90.151 Tonnen im Jahr 2019. Ähnliches gilt auch für Lithium-Knopfzellen, etwa in Autoschlüsseln.

Das Lithium aus Bruchsal wäre indes nur ein Tropfen auf den heißen Stein: Bei rund 8000 Betriebsstunden der Geothermie-Anlage im Jahr könnte eine Menge an Lithium gewonnen werden, die für etwa 20.000 Auto-Batterien reichen würde.

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