Wirtschaft Zölle in Europa höher als in den USA

Die EU erhebt auf Importe aktuell im Schnitt einen höheren Zoll als die USA. Das hat das Wirtschaftsforschungsinstitut Ifo in München ausgerechnet und empfiehlt allgemeine Zollsenkung statt zollpolitischer Aufrüstung.

In der US-Hauptstadt Washington geben sich derzeit führende Politiker aus Europa die Klinke in die Hand, um US-Präsident Donald Trump von ab 1. Mai für die EU drohenden Strafzöllen auf Aluminium und Stahl abzubringen. So eindeutig sind die Rollen zwischen den USA und Europa beim transatlantischen Handel aber nicht verteilt. Das belegen Berechnungen des Münchner Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung. Bislang sei die EU bezüglich Zöllen etwas protektionistischer als die USA, hat Ifo-Handelsexperte Gabriel Felbermayr festgestellt. Während die Europäer im Schnitt 5,2 Prozent Zoll erhöben, kämen die USA auf nur 3,5 Prozent. „Die EU ist keineswegs das Paradies für Freihändler, für das sie sich gerne hält“, so der Ökonom. Häufig würden beide Handelspartner aber Zölle auf Produkte erheben, die sie gar nicht in nennenswerten Mengen herstellen. Zudem gebe es Zollspitzen. So erhebe die EU auf 96 Produkte Einfuhrzölle von über 30 Prozent. In den USA sei das bei 24 Produkten der Fall. Ein realistisches Bild der Ausgangslage ergibt sich beim Blick auf Produkte, bei denen die Exportnationen wettbewerbsfähig wären, aber von hohen Zöllen abgeschreckt werden. So seien EU-Milchprodukte von US-Zöllen von gut 20 Prozent betroffen. Noch mehr gilt das bei Kleinlastwagen, zu denen die USA auch Geländewagen zählen. Hier lägen die US-Importzölle derzeit bei im Schnitt 22 Prozent. Die EU schlägt ihrerseits auf aus den USA importierte Pkw 10 Prozent Zoll auf und schützt auch ihre Lebensmittelwirtschaft mit Zöllen vor US-Importen. „Wenn US-Präsident Donald Trump über massive Zölle klagt, hat er also zumindest punktuell nicht unrecht“, so Felbermeyr. Lösung des Problems sei eine allgemeine Absenkung verbleibender Zölle und nicht eine zollpolitische Aufrüstung. Auch die Lage bei Stahl und Aluminium haben die Ifo-Experten unter die Lupe genommen. Hier seien die Preise bei teils starken Schwankungen seit 2005 unterm Strich kaum verändert, was Trumps Dumpingthese widerspricht. Auch seien die Importe in die USA seither weitgehend unverändert geblieben, also entgegen Trumps Behauptung keine Überflutung des US-Markts feststellbar. Eine rechtliche Beurteilung von Trumps Zollpolitik hält das Ifo-Institut für schwierig. Der US-Präsident betrete mit seinem Vorgehen weitgehend handelspolitisches Neuland. Auch die Welthandelsorganisation WTO könne kaum helfen. Mit Blick auf sie spricht Ifo von „WTO-rechtlichem Niemandsland“.

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